Designerdrogen unter Ermittlungsdruck Neue psychoaktive Substanzen mit hochauflösender Q-TOF-Massenspektrometrie analysieren
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Aus Tarnungsgründen werden sie als Badesalz, Kräutermischung oder Lufterfrischer gehandelt. In Wahrheit verbergen sich dahinter Designerdrogen, also synthetisch hergestellte Rauschmittel. Die Szene variiert schnell die Formulierung, um der Strafverfolgung zu entgehen. Für die Analytik von bekannten und unbekannten Substanzen ist die empfindliche und hochauflösende Q-TOF-Massenspektrometrie optimal.

Strafverfolgungsbehörden, Präventionsstellen und der Gesetzgeber sind durch die schnell zunehmende Anzahl und die Verfügbarkeit von Designerdrogen auf dem Drogenmarkt – so genannten Neue psychaktive Substanzen – vor eine große Herausforderung gestellt. Viele der Substanzen haben ihren Ursprung im Prozess der Arzneimittelentwicklung, wobei es sich oftmals um Medikamente oder Verbindungen ohne Zulassung handelt. Im Handel finden sich häufig chemisch modifizierte Varianten, die im Vergleich zu den ursprünglichen Verbindungen ein anderes Wirkspektrum und häufig eine vielfach höhere Potenz besitzen. Hierbei werden strukturell unterschiedliche Varianten der Wirksubstanzen zeitlich gewechselt, um die Nachweisbarkeit der Drogen zu erschweren und bestehende Gesetze zu umgehen. Für die Konsumenten kann es gefährlich werden, da eine genaue Dosierung kaum möglich ist und Nebenwirkungen und Folgeschäden sich kaum abschätzen lassen.
Das seit November 2016 in Kraft getretene Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) soll bestehende Strafbarkeitslücken schließen und verbietet den missbräuchlichen Umgang mit NPS aus bestimmten Stoffgruppen. Hierzu zählen derzeit neben synthetischen Cannabinoiden und Verbindungen, die sich vom 2-Phenethylamin ableiten, seit Juli 2019 auch die Stoffgruppen der Benzodiazepine sowie von den Grundstrukturen des N-(2-Aminocyclohexyl) und vom Tryptamin abgeleitete Substanzen. Die große Diversität und die Bandbreite möglicher molekularer Modifikationen macht die Analytik dieser Drogen zu einer besonderen Aufgabe. Die verschiedenen Drogen einer Stoffgruppe unterscheiden sich dabei strukturell häufig nur geringfügig, um eine Analyse zu erschweren oder eine veränderte Wirksamkeit zu erreichen (s. Abb. 1).
Goldstandard bei der Identifizierung von Drogen
Empfindliche und hochauflösende Q-TOF-LC-MS-Massenspektrometer, wie das LCMS-9030 von Shimadzu, bieten eine optimale Leistungsfähigkeit zur Analyse bekannter und unbekannter Designerdrogen und deren Metaboliten. Bei dem Verfahren werden die aus biologischen Matrizes – wie Blut, Urin, Speichel oder Haaren – extrahierten Verbindungen zunächst chromatographisch getrennt, in einer Ionenquelle ionisiert und in einem Flugzeitmassenspektrometer bezüglich ihres Masse-Ladungs-Verhältnis analysiert und detektiert. Die schnellen Datenaufnahmeraten und die hohe Sensitivität des Systems ermöglichen die gleichzeitige Erfassung, Identifizierung und Quantifizierung einer Vielzahl verschiedener Verbindungen in einer einzigen Analyse (s. Abb. 2).
Neben einer genauen Massenbestimmung im unteren ppm-Bereich und einer daraus resultierenden Bestimmung der Summenformel einzelner Drogen, ermöglicht eine intelligente Datenbanksuche in einer forensisch toxikologischen Spektren-Bibliothek eine hohe Ergebnissicherheit bereits bei einer einfachen Analyse ohne zusätzliche Fragmentierung der Zielsubstanzen (MS1-Modus). Zusätzlich zur massenspektrometrischen Analyse bringt die chromatographische Retentionszeit der Verbindungen ein weiteres Selektivitätsmerkmal ein.
Eine Schwierigkeit bei der Analyse von Designerdrogen besteht hinsichtlich eines Datenbankabgleichs jedoch darin, dass es für die vielfältigen, sich stetig ändernden Varianten an Verbindungen erst geeigneter Standards bedarf. Die Substanzen sind somit häufig erst nach einiger Zeit in entsprechenden Datenbanken abgebildet.
Zusätzliche Information durch Fragmentspektren
Eine zusätzliche Fragmentierung der Substanzen in der Kollisionszelle eines Q-TOF-Systems erhöht die Selektivität durch die Erfassung mehrerer Produkt-Ionen (MS2-Modus). Hierbei werden in der Kollisionszelle des Massenspektrometers durch Stoßfragmentierung mit einem inerten Kollisionsgas substanzspezifische Bruchstücke erzeugt, die einen detaillierteren Einblick in die Struktur der Drogen ermöglichen. Als Kollisionsgas eignen sich hierbei große, inerte Atome wie Argon besonders, da diese aufgrund ihrer atomaren Größe eine hohe kinetische Energie besitzen und sehr effizient sind.
Je nach Intensität der angelegten Kollisionsenergie werden bei diesem Prozess entweder kleinere oder größere Molekülfragmente erzeugt. Eine Besonderheit des LCMS-9030 von Shimadzu liegt darin, dass die zugrundeliegenden Kollisionsenergien der Stoßexperimente nicht als fest eingestellte Werte, sondern als Energierampe angelegt werden. Das generiert für jede so analysierte Substanz eine maximale Anzahl an Fragmenten und damit ein hoch informatives Spektrum (s. Abb. 3).
Analyse unbekannter Verbindungen
Moderne Softwarelösungen helfen mit einer Vielzahl neuer Funktionen bei der Analyse und der Identifizierung unbekannter Drogen in komplexen biologischen Matrizes. So ist oftmals bereits die Erkennung einzelner Komponenten in einem ganzen Wald chromatographischer Signale eine komplizierte Herausforderung. Neue Algorithmen, wie der Find-Algorithmus der Software Labsolutions Insight von Shimadzu, identifizieren aus einer Vielzahl sich überlagernder chromatographischer Signale einzelne, auffällige Komponenten anhand von Massenspektralanalysen und ermitteln deren individuelle chromatographische Elutionsprofile aus den Überlagerungen.
Ein weiterer neuartiger Algorithmus bearbeitet anschließend die hochaufgelösten Q-TOF-MS/MS-Daten dieser individuellen Verbindungen. Dieser Algorithmus dient der Bestimmung und Zuweisung von Fragment-Summenformeln, Strukturen und genauen Massen. Die gewonnenen Informationen lassen sich mit externen Strukturdatenbanken wie Chemspider abgleichen und beobachtete Bruchstücke einer definierten Struktur zuweisen (s. Abb. 4).
* Dr. K. Bollig: Shimadzu Deutschland, 47269 Duisburg
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