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Studie: Treibhausgase

Öl- und Gas-Boom lässt Methan-Ausstoß ansteigen

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Das Ergebnis der aktuellen Studie des KIT hat für die Wissenschaftler auch politische Relevanz, weil es einen Zusammenhang mit dem nordamerikanischen Öl- und Gas-Boom nahelegt, der etwa zeitgleich vor rund zehn Jahren einsetzte. Unter der Annahme, dass der Öl- und Gasboom hauptsächlich in den USA stattgefunden hat, widersprechen die aktuellen Ergebnisse den offiziellen Schätzungen der U.S. Environmental Protection Agency (EPA), die für die USA von konstant niedrigen beziehungsweise sogar abnehmenden Methanemissionen aus dem Öl- und Gassektor in den vergangenen zehn Jahren berichtet.

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Eine verwandte Studie aus den USA zeigte kürzlich anhand von Satellitendaten, dass die amerikanischen Methanemissionen zwischen 2002 und 2014 um mehr als 30 Prozent zugenommen hatten (Turner et al. in Geophysical Research Letters). Auch dieses Ergebnis, so Sussmann, widerspreche den EPA-Angaben, die in den USA keinen Anstieg der menschgemachten Methanemissionen ausweisen.

Langfristig ist mit Klimavorteil durch Erdgas zu rechnen

Eine mögliche Erklärung zumindest für einen Teil dieser Unstimmigkeiten sieht Ralf Sussmann in einer zu niedrigen Berechnung der Leckraten bei der Produktion und dem Verbrauch von Erdöl und Erdgas. Während die EPA hierfür Hochrechnungen aus Stichproben zum Beispiel an einzelnen Bohrtürmen und Kraftwerken verwende („Bottom-up“-Schätzung), greife die Studie des KIT auf repräsentative atmosphärische Hintergrundmessungen zurück („Top-down“-Verfahren). Aktuelles Beispiel für ein Gasleck ist das im kalifornischen Alison Canyon, aus dem zwischen Oktober 2015 und Februar 2016 rund 100.000 Tonnen Methan austraten.

„Auf langfristigen Zeitskalen von vielen Jahrzehnten ist generell mit einem Klimavorteil durch Erdgas zu rechnen. Auf kürzeren Zeitskalen kommt dieser Vorteil jedoch bereits dann nicht zum Tragen, wenn die Leckraten der Erdgasproduktion einen relativ geringen Schwellwert von nur einigen wenigen Prozent überschreiten“, sagt Sussmann. Der Grund: Das durch Lecks in die Atmosphäre entweichende Methan ist zwar kurzlebiger, aber, bei gleichen Mengen, ein wesentlich stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid.

Das Wissenschaftlerteam des KIT sieht weiteren Forschungsbedarf, um die Unstimmigkeit zwischen amtlichen Hochrechnungen und wissenschaftlichen Messungen zu klären. Zudem existieren in den USA bereits weitreichende technische Entwicklungskonzepte, um die Erdgas-Leckraten zu senken. „Von der schnellen und lückenlosen Realisierung dieser Minderungsmaßnahmen wird es abhängen, ob die unkonventionelle Erdgasproduktion auf kurzen Brücken-Zeitskalen als klimafreundliche Alternative zur Kohleverbrennung zum Tragen kommen kann“, so Ralf Sussmann.

Link zur Studie Die komplette Studie „Contribution of oil and natural gas production to renewed increase in atmospheric methane (2007–2014)“ können Sie auf der Seite des Journals Atmospheric Chemistry and Physics kostenlos in englischer Sprache herunterladen. Weitere interessante Studien und Positionspapiere aus Bereichen wie beispielsweise Gehalt, Personal, Industrie, Pharma, Produktion oder auch Biotechnologie finden Sie auf unserer Übersichtsseite.

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