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Ultraviolette Strahlung Paracelsus lässt grüßen – Biosensor zur absoluten Dosimetrie von UV-Strahlung

Autor / Redakteur: Andreas Bermpohl et al.* / Dr. Ilka Ottleben

Ultraviolette Strahlung kann unsere Gesundheit positiv wie negativ beeinflussen. Wie so oft, macht die Dosis, das „Gift“. Doch wie ihre absolute Dosis messen? Hier gelangt die Analytik bislang an ihre Grenzen. Ein neu entwickelter Biosensor auf Basis künstlicher DNA will nun Abhilfe schaffen.

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Endlich Sonnenlicht – doch auch bei der darin enthaltenen UV-Strahlung macht wie so oft, die Dosis, das „Gift“.
Endlich Sonnenlicht – doch auch bei der darin enthaltenen UV-Strahlung macht wie so oft, die Dosis, das „Gift“.
(Bild: © ipopba / Fotolia.com)

Ultraviolette Strahlung verursacht nach langfristiger Exposition beim Menschen Erytheme (Sonnenbrand) und Konjunktivitis (Bindehautentzündung). Die transformierende Wirkung von kurzwelliger UV-Strahlung ist seit Jahrzehnten bekannt, wobei hier auf biochemischer Ebene verschiedene Mechanismen diskutiert werden, die letzten Endes zu einer unkontrollierten Zellteilung, einem Verlust der Kontaktinhibition und damit in ein Krebsgeschehen münden können. Auf der anderen Seite sind vielfältige positive Wirkungen von kurzwelligem ultraviolettem Sonnenlicht auf die menschliche Gesundheit bekannt. Ohne diesen kurzwelligen Sonnenlichtanteil ist der Mensch nicht in der Lage, das für den Knochenerhalt wichtige Vitamin-D zu produzieren.

Darüber hinaus besteht ein Zusammenhang zwischen ultravioletter Strahlung und einer positiven Wirkung auf unsere Psyche. Besteht zudem die Möglichkeit, dass UV-Strahlung inflammatorische (entzündliche) Prozesse im menschlichen Körper blockiert und damit bei verschiedenen Erkrankungen zur Genesung beitragen kann? Bereits 1988 konnte von Hengst et al. [1] gezeigt werden, dass die Exposition von Patienten mit entzündlichen Erkrankungen der vorderen Augenkammer (Uveitis) mit UV-Licht zu einer deutlichen Reduktion der therapeutisch eingesetzten Cortisongaben führt.

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Diese Bivalenz in der Wirkung wurde niemals trefflicher als durch Paracelsus auf den Punkt gebracht: Allein die Dosis macht es, das ein Ding kein Gift sei! Die Dosis ist aber exakt das Problem bei der Sonneneinstrahlung, der wir täglich ausgesetzt sind. Eine Bestimmung des Anteils der schädigenden Wirkung zum Anteil dessen, was gesundheitsförderlich ist, ist nur schwer möglich.

Künstliche DNA-Moleküle zur UV-Strahlungsdetektion

Ultraviolette Strahlung führt zur Schädigung der Erbsubstanz DNA. Diese besteht in ihrem kodierenden Anteil aus den vier Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin. Die Basensequenz, also die Abfolge dieser vier Bausteine generiert das Buch des Lebens und dies bei allen Organismen, egal ob Mensch, Bakterie, Pflanze oder Virus. Elektromagnetische Strahlung der Wellenlänge 254 nm (ein Teil der UV-Strahlung) führt primär zur Einführung von Thymindimeren in die DNA [2]. An Stellen, an denen zufällig zwei Thymine nebeneinander folgen (Hot Spots), führt UV-Strahlung dazu, dass diese beiden benachbarten Basen zu einem Cyclobutanring reagieren (s. Abb. 1).

Die Folge dieser UV-induzierten Reaktion nach zwei Replikationszyklen: Eine Mutation, eine vererbbare Veränderung der DNA, hat sich manifestiert. Neben diesen sehr häufig auftretenden Veränderungen werden weitere seltene UV-Produkte auf der DNA-Ebene beobachtet (beispielsweise GC-6.4 Produkte).

Die Kenntnis der möglichen Reaktionen auf Nukleinsäuren hat zu der Idee geführt, künstliche DNA-Moleküle zu konstruieren, die zur UV-Strahlungsdetektion besonders viele repetitive benachbarte Thymine enthalten. Werden diese Moleküle mit UV-Strahlung behandelt, erfolgt in dosisabhängiger Wirkung die Einführung von Cyclobutanringen. Die Quantifizierung der entstandenen Thymindimere bietet damit die Möglichkeit, UV-Dosis-Werte exakt bestimmen zu können.

Als Quantifizierungsinstrument kann die Methode der Quantitativen PCR (qPCR) eingesetzt werden. Bei dieser Methode werden Sequenzabschnitte enzymatisch amplifiziert und aus der mittels Fluoreszenz beobachteten Vermehrungskinetik auf die ursprünglich eingesetzte DNA-Menge (Template-DNA) geschlossen. Treffen die dabei beteiligten Enzyme auf Thymindimere brechen sie die Vermehrung des Moleküls ab. Dadurch ergibt sich eine Abhängigkeit zwischen der Anzahl der entstandenen Thymindimere und der reduzierten Amplifikatmenge des Moleküls am Ende der Reaktion.

Wenn diese qPCR parallel im gleichen Molekül mit einem nicht UV-sensitiven DNA-Abschnitt durchgeführt wird, hat man für jede Reaktion einen stabilen Bezugswert. Der direkte Bezug zur UV-Dosis kann über eine Eichgrade festgelegt werden, bei der die Moleküle der beschriebenen Art mit definierten UV-Dosen behandelt werden und anschließend die dazugehörige Amplifikatmenge mittels qPCR bestimmt wird. Hiermit sind absolute UV-Dosismessungen realisierbar. Um das Biomolekül in hohen Mengen zu gewinnen, wurden die Anteile in ein Multicopy-Plasmid kloniert und in großer Menge nach Klonierung aus E.coli isoliert, aufgereinigt und für den experimentellen Einsatz in definierten Konzentrationen aliquotiert.

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Biosensor – UV-Dosis-Werte exakt bestimmen

Das Biomolekül wurde anschließend UV-Strahlung ausgesetzt und hierbei die genaue Dosis mit Unterstützung des Mess­equipments der Firma Heraeus aufgenommen. Nach qPCR lässt sich so eine Dreipunkteichung aufnehmen die im Bereich 0 bis 1250 Wsek/m2 weitgehend linear verläuft. Zur Messung stationärer UVC-Dosen lässt sich das Biomolekül auf Nitrocelluloseoberflächen spotten und in einen Träger bestehend aus einem Quarzglasplättchen, einer dünnen Messingplatte und einer Außengummierung einbringen (s. Abb. 3). Hierdurch lässt sich der Biosensor versenden und kann etwa zur Personendosimetrie oder auch zur Messung stationärer UVC-Dosen eingesetzt werden. Durch Rücksendung an ein Labor und Auswertung mittels qPCR kann innerhalb einer kurzen Zeitspanne die tatsächliche UVC-Dosis bestimmt werden.

Die minimale Haltbarkeit des Biosensors bis zur Analyse kann mit drei Monaten angegeben werden. Der Biosensor lässt sich auch vernebeln und kann nach Passage eines zu analysierenden UV-Systems durch Auffangen des Moleküls und anschließender qPCR exakte Dosiswerte liefern. Hersteller von UV-Entkeimungssystemen haben damit erstmalig die Möglichkeit, tatsächliche UV-Dosen bestimmen zu lassen. Außerdem lassen sich so innerhalb eines Tages alle Systemparameter für Luftentkeimungssysteme optimieren.

Abbildung 6 (online) zeigt erstmalig den Effekt einer Verspiegelung eines UV-Entkeimungssystemes. Während früher nur spekuliert werden konnte, ist bei Einsatz des Biosensors zu erkennen, dass durch Verspiegelung die tatsächliche UV-Dosis deutlich erhöht wird. Variationen wie Luftdurchsatz, Lichtfallen, Ventilatorarten und Verspiegelungen können somit innerhalb eines Prüftages optimiert werden. n

Dieses Projekt wurde gefördert vom Bundesmininsterium für Wirtschaft und Technologie.

Literatur:

[1] Manthey, K.F., Daniemeyer, F., Hengst, W., Licht als therapeutische Alternative bei Intermediärer Uveitis und chronischer Iridocyklitis. Verlag Bertelsmann Stiftung, 1988

[2] Munk, K., Genetik , Spektrum Akademischer Verlag, 2001

[3] FuE-Projekt: „Entwicklung eines DNA-Biosensormoleküls zur Erfassung von UVC-Dosen“, Förderkennzeichen KF2414004AK2

[4] K. Peter C. Vollhardt, Neil E. Schore: Organische Chemie, 4. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim 2005, ISBN 3-527-31380-X, S. 181.

* A. Bermpohl, J. Bork, J. Weißer, H. Bednarz, M. O. Vogel, K. Niehaus: biotec Umwelt-Analytik Beratung Service GmbH, 33332 Gütersloh

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