Strahlenbelastung Pilzsammler aufgepasst: Diese Pilze sind noch radioaktiv
1986 gelangten durch den Unfall am Atomreaktor bei Tschernobyl erhebliche Mengen radioaktiver Substanzen in die Umwelt. Mehr als 200.000 Quadratkilometer wurden kontaminiert, darunter auch Teile Deutschlands. In vielen Waldpilzen sind immer noch erhöhte Strahlenbelastungen festzustellen. Welche Pilze sollte man lieber stehen lassen? Das prüfen die Bundesämter für Strahlenschutz sowie für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
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Braunschweig, Salzgitter – Über 35 Jahre liegt die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zurück. Doch der Vorfall bei dem ukrainischen Atomkraftwerk wirkt bei heute nach, auch in Deutschland. So ergab eine aktuelle Erhebung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), dass in den Jahren 2015 bis 2021 70 von 74 überprüften Wildpilzproben radioaktiv belastet sind, wobei aber keine der Proben den gesetzlichen Grenzwert überschritt. Selbst die höchsten ermittelten Werte lagen noch im rund 30 Prozent unter dem Grenzwert. Im Vergleich zu landwirtschaftlichen Produkten sind wildwachsende Pilze aber trotzdem höher mit Radiocäsium (Cäsium-137) kontaminiert.
„Wir sehen zwar, dass die Belastung insgesamt langsam zurückgeht, aber vereinzelt treten immer noch Werte von über 4.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse auf“, sagt Inge Paulini, Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). „Pilze, die in den Handel gebracht werden, dürfen höchstens 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse aufweisen. Der Grenzwert schützt aber nicht, wenn man für den Eigenbedarf selbst Pilze sammelt“, führt die Expertin aus.
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Verstrahlt und verschont: so unterschiedlich belastet sind die Pilzarten
Die Messwerte für Wildpilze variieren je nach Untersuchungsgebiet und Pilzart sehr stark. Höher belastete Pilze kommen v. a. in Regionen vor, in denen nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl überdurchschnittlich viel Cäsium abgelagert wurde. Dazu gehören Teile Bayerns wie beispielsweise der Bayerische Wald. Eine Übersichtskarte über die Cäsium-Verteilung in Deutschland ist im Pilzbericht des BfS auf S. 7 bzw. S. 13 enthalten. Messwerte von über 1.000 Bq Cs-137 pro kg Frischmasse wurden im Zeitraum 2018 bis 2020 bei folgenden Pilzarten in den belasteten Gebieten festgestellt:
Stark radioaktiv belastete Pilze
- Semmelstoppelpilze
- Rotbraune Semmelstoppelpilze
- verschiedene Schnecklingsarten,
- Gelbstielige Trompetenpfifferlinge
- Gemeine Rotfußröhrlinge
- Maronenröhrlinge
- Mohrenkopfmilchlinge
- Ockertäublinge
- Reifpilze
- Seidige Ritterlinge
- Violette Lacktrichterlinge
- Ziegenlippen
Wie gefährlich sind nun solche stärker belasteten Wildpilze? Dazu gibt das BfS folgende Beispielrechnung: Wer jede Woche für ein ganzes Jahr 200 Gramm Maronenröhrlinge mit 2.100 Bq Cs-137 pro kg Frischmasse verzehrt, nimmt etwa eine Dosis von etwa 0,27 Millisievert (mSv) pro Jahr auf – man spricht dabei von einer Ingestionsdosis.* Dies ist etwas mehr als ein Zehntel der durchschnittlichen Strahlenexposition aus natürlichen Quellen in Deutschland während eines Jahres (2,1 mSv).
*Als Faustregel gilt, dass die Aufnahme von 80.000 Bq Cs-137 mit Lebensmitteln bei Erwachsenen einer Strahlenexposition von etwa 1 Millisievert (mSv) entspricht.
Niedrig belastet, also regelmäßig unter 5 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse, und aus Sicht des Strahlenschutzes unbedenklich zu verzehren, waren folgende Pilze:
Pilze mit geringer radioaktiver Belastung
- der Blutende Waldchampignon
- der Mönchskopf
- der Riesenporling
- der Safran-Riesenschirmling
- der Schopftintling
- Zuchtpilze wie Champignons
Grundsätzlich sollten unerfahrene Pilzsammler niemals ohne erfahrene Begleitung Pilze sammeln. Denn abgesehen von der möglichen radioaktiven Belastung, besteht auch aufgrund der Verwechslungsgefahr mit Giftpilzen immer ein Risiko beim Sammeln und anschließenden Verzehren von Wildpilzen.
Weitere Infos zur Cäsium-137-Belastung von Wildpilzen gibt es in dem Bericht „Radioaktive Kontamination von Speisepilzen“ (Stand: 2021, Messwerte 2018 bis 2020) des Bundesamtes für Strahlenschutz
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