Nachhaltigkeit bei Laboranalysen Reaktionsgefäße komplett aus Rezyklat
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Labore verursachen große Mengen an Kunststoffabfällen. Doch auch in diesem hochsensiblen Bereich, wo es auf Sterilität und Hygiene ankommt, ist mehr Nachhaltigkeit möglich. Dies zeigt das gemeinsame Projekt eines Kunststoffspezialisten mit einem großen Anbieter von Testkits für die molekulare Diagnostik. Ein Fallbeispiel.

In biowissenschaftlichen Labortests werden aus Gründen der Sterilität und Sicherheit viele Einwegprodukte aus Kunststoff verwendet. Nach Gebrauch lassen sich durch Proben kontaminierte Artikel leicht vernichten. Dadurch fallen weltweit jährlich enorme Mengen an Kunststoffabfällen an. Im Zuge der Covid-Pandemie boomte die Nachfrage nach Labortests rund um den Globus noch einmal zusätzlich. Ein nachhaltigerer Umgang mit Laborbedarf ist in der Wissenschaft aber längst ein großes Thema, das auch die Produktentwickler bei Qiagen beschäftigt. Das Unternehmen, eine Holdinggesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, ist nach eigenen Angaben der weltweit führende Anbieter von Sample-to-Insight-Lösungen, d. h. Komplettlösungen für die molekulare Analytik biologischer Proben.
Wie ein nachhaltigerer Umgang mit Laborbedarf schon durch kleine Veränderungen möglich ist, zeigt sich am Beispiel der Qia-Wave-Extraktionskits. Bei der Entwicklung dieser umweltfreundlicheren Alternative zu herkömmlichen Kits setzte das Unternehmen auf die Partnerschaft mit Pöppelmann Famac. Die Division des Kunststoffspezialisten Pöppelmann aus Lohne entwickelt und produziert technische Funktionsteile und Verpackungen für die Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikindustrie sowie die Medizintechnik. Die gemeinsam entwickelte Idee der Partner: Mit einer Materialumstellung von Reaktionsgefäßen auf ein Post-Consumer-Rezyklat (PCR) ließe sich deutlich Kunststoff-Neuware einsparen und damit ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten.
Kunststoff-Profi kooperiert mit Reinraum-Erfahrung
Die Kunststoffexpertise machte Pöppelmann Famac zum passenden Partner für dieses Projekt. Dort gibt es die geeignete Reinraum-Ausstattung und langjährige Erfahrung, um Produkte unter einem Höchstmaß an Hygiene und zertifizierter Sauberkeit zu produzieren. Alle Prozessschritte – von der Entwicklung über die Serienproduktion bis hin zum Konfektionieren – finden unter einem Dach statt. Jeder Prozessschritt erfolgt in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber. Famac produziert Kunststoffteile oder Baugruppen unter zertifizierten Reinraumbedingungen (DIN EN ISO Klasse 7, GMP Standard – C). Dabei wird der Werkzeugbereich der Anlagen für den Spritzgussprozess durch ein Laminarflow-Modul mit Reinluft beaufschlagt. Nach dem Entformen fallen die Gutteile auf ein vollständig gekapseltes, reinraumtaugliches Förderband. Komplizierte oder empfindliche Teile lassen sich alternativ auch mit einem Handlingroboter entnehmen. Schließlich werden die unter höchsten Sauberkeitsanforderungen produzierten Kunststoffteile sicher verpackt und versendet.
Initiative für mehr Umwelt- und Klimaschutz
Das Engagement der Pöppelmann-Gruppe für eine Wende zur einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zählt längst zu den wichtigsten Zielen des Unternehmens. Seit 2018 bündelt der Kunststoffspezialist alle Aktivitäten der Gruppe, die einen geschlossenen Materialkreislauf zum Ziel haben, in der Initiative Pöppelmann blue. Hier wird mit vereinten Kräften der Forschungs- und Entwicklungsabteilung an Produkten gearbeitet, die den Materialkreislauf komplett schließen. Im Hinblick auf mehr Umwelt- und Klimaschutz berät Pöppelmann Anwender rund um mehr Ressourcenschonung im Einsatz von Kunststoffen und empfiehlt den Einsatz von Recyclingmaterial, wo immer es möglich und sinnvoll ist. So gibt der Kunststoffspezialist ein klares Bekenntnis zu mehr Umwelt- und Klimaschutz. „Gemeinsam konnten wir zeigen, wie das auch im Laborbereich mit seinen strengen Hygienevorgaben sinnvoll und möglich ist“, sagt Inga Irle, Senior Global Marketing and Product Manager Sample Technologies bei Qiagen. Dort profitiert man von den Materialkompetenzen des Kunststoffspezialisten, denn seit über 40 Jahren setzt Pöppelmann Recyclingmaterialien ein.
Bei der Nutzung von Rezyklaten wird klar zwischen Post-Industrial-Rezyklat (PIR) und Post-Consumer-Rezyklat (PCR) differenziert. Unter PIR versteht man recycelte Produktionsabfälle wie Angüsse und Material von Produkten, die noch nicht im Einsatz waren. PCR gewinnt man hingegen durch die Wiederverwertung des Materials eines Produkts nach dessen Nutzung. Ein echter Kreislauf kann also nur mit Rezyklaten entstehen, die aus Post-Consumer-Abfällen, etwa aus dem Gelben Sack, hergestellt werden, denn nur die Verwendung von PCR reduziert die Menge an Rohstoffen (z. B. Erdöl), die neu gewonnen werden müssen.
Strenge Vorgaben im Pharmabereich schließen Nachhaltigkeit nicht aus
Die Initiative Pöppelmann blue für den Bereich Pharma-Medical stellt die Entwickler des Kunststoffspezialisten vor besondere Herausforderungen, erklärt Sebastian Hannöver von Pöppelmann Famac: „Hier ist die Dokumentationspflicht noch einmal strenger als in anderen Segmenten und die Nutzung von Rezyklaten ist nur in bestimmten Fällen möglich.“ Wenn die strengen Voraussetzungen erfüllt sind, können sich Anwender laut Hannöver auf zuverlässige Prozesse verlassen, z. B. rund um Materialspezifikation und Qualifizierungspläne. „Wir verfügen über eigene Materialspezifikationen für PCR-Materialien, gesonderte Wareneingangsprüfungen für Famac-Chargen sowie Standard-Qualifizierungspläne für die Requalifizierung von vorhandenem Equipment.“ Im Labor des Kunststoff-Experten überprüfen die Mitarbeiter das Eigenschaftsprofil der Rezyklate im Vergleich zum Ausgangsmaterial, damit die daraus gefertigten Produkte die hohen Anforderungen der Kunden erfüllen. Das ist zwar aufwändiger in der Wareneingangsprüfung, bietet den Anwendern aber mehr Sicherheit und zahlt sich am Ende aus: In den Fällen, in denen bei Pöppelmann Neuware durch Rezyklat ersetzt wurde, haben die Produkte das gewohnt hohe Qualitätsniveau erreicht. Für die nachhaltigeren Reaktionsgefäße setzt Pöppelmann Famac ein Polypropylen-Polymer aus Post-Consumer-Rezyklaten ein. Diese Reaktionsgefäße sind ein wesentlicher Bestandteil der neuen Qia-Wave-Extraktionskits, den ersten Probenvorbereitungskits der Branche, die mit dem ACT-Label von My Green Lab zertifiziert sind.
Recycling der Reaktionsgefäße spart bis zu 62 Prozent CO2
My Green Lab ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Förderung von Nachhaltigkeit in der wissenschaftlichen Forschung verschrieben hat. Bei der Vergabe des ACT-Labels, das für Accountability, Consistency & Transparency (Verantwortung, Konsistenz und Transparenz) steht, wurden Kriterien wie die Reduzierung der produktionsbedingten Umweltauswirkungen, ein verantwortungsvoller Umgang mit Chemikalien, Produkt- und Verpackungsinhalte sowie die Entsorgung der Verpackungen berücksichtigt. So würdigt das Label, dass die drei Qia-Wave-Produkte im Vergleich zu den Standard-Kits von Qiagen einen um 35 Prozent geringeren Umweltbelastungsfaktor aufweisen. Das macht in Summe einen großen Unterschied, wie Produkt-Managerin Irle von Qiagen vorrechnet: „Ein typischer Kunde verwendet durchschnittlich fünf unserer Standard-Kits pro Jahr. Die neue ressourcenschonende Version spart neben 0,7 kg Karton ganze 4,6 kg Kunststoff ein – dazu trägt Pöppelmann Famac mit der Entwicklung der Gefäße aus PCR in erheblichem Maße bei.“
Seit Januar 2022 sind die neuen umweltfreundlicheren Qia-Wave Extraktionskits auf dem Markt und belegen, wie auch im streng regulierten Laborbereich mehr Nachhaltigkeit möglich ist, ergänzt Hannöver von Pöppelmann Famac: „Die Reaktionsgefäße aus PCR reduzieren die CO2-Emissionen gegenüber Neuware um enorme 62 Prozent. So können wir bei der erwarteten millionenfachen Anwendung dieser Produkte einen messbaren Beitrag zu mehr Umwelt- und Klimaschutz leisten.“ (clu)
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