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Flammschutzmittel Rückstände von PBDEs in Serum sensitiv nachweisen

Autor / Redakteur: GUIDO DEUßING* / Gabriele Ilg

Polybromierte Diphenylether wurden über lange Zeit im großen Stil Gebrauchsgegenständen als Flammschutzmittel hinzugefügt. Trotz der gesetzlichen Einschränkung dieser gesundheitsgefährdenden Chemikalie finden sich nach wie vor Rückstände auch im menschlichen Organismus.

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Abb. 1: Die Probenaufgabe durch thermische Desorption in der Gerstel-Thermal-Desorption-Unit (TDU) erfolgt automatisiert mit dem Gerstel-Multi-Purpose-Sampler (MPS).
Abb. 1: Die Probenaufgabe durch thermische Desorption in der Gerstel-Thermal-Desorption-Unit (TDU) erfolgt automatisiert mit dem Gerstel-Multi-Purpose-Sampler (MPS).
(Bild: Gerstel)

Wenn in der Chemie von Irrtümern die Rede ist, muss früher oder später das Wort auch auf polybromierte Diphenylether (PBDEs) kommen. Hierbei handelt es sich um organische Verbindungen, die sich in zehn homologe Gruppen unterteilen und deren Bezeichnung sich der Einfachheit halber an der Anzahl an Bromatomen (1-10) im Molekül orientiert: Monobromdiphenylether (MonoBDE), Dibromdiphenylether (DiBDE), Tribromdiphenylether (TriBDE), Tetrabromdiphenylether (TetraBDE), Pentabromdiphenlyether (PentaDBE), Hexabromdiphenylether (HexaBDE), Heptabromdiphenylether (HeptaBDE), Nonabromdiphenlyether (NonaBDE) und Decabromdiphenylether (DecaBDE). Diese zehn Gruppen stehen stellvertretend für 209 Einzelverbindungen, Kongenere genannt. Allen gemein ist ihre mehr oder weniger stark ausgeprägte flammenhemmende Wirkung, was ihrer Karriere als Additiv für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche beflügelt hat.

Wie Moleküle Karriere machen

Eingesetzt wurden insbesondere technische PBDE-Gemische bestehend aus vorwiegend PentaBDE, OctaBDE und DecaBDE. Ihr Einsatz in Innenausstattungen von Fahrzeugen, Büros und Wohnungen, in Möbeln, Teppichen und Vorhängen, in Fernsehgeräten, Stereoanlagen und Computern, in Textilien, Klebstoffen, Dichtungsmitteln und Beschichtungen wurde seinerzeit als unkritisch bewertet: Ausgehend von ihrer vergleichsweise schlechten Wasserlöslichkeit sowie ihres geringen Dampfdrucks nahm man an, PBDEs seien in der Zielmatrix, etwa einem Polymer, fest eingebettet und blieben auch dort. Der Irrtum wurde offenkundig, als man mittels sensitiver Analysentechnik Rückstände in der Innenraumluft nachwies. Als man PBDEs in den 1990er-Jahren auch im menschlichen Organismus in erhöhter Konzentration feststellte, unter anderem auch in der Muttermilch, spätestens da wurde offenkundig, PBDEs sind kein lokales Problem der Industrie, sondern aufgrund ihrer ubiquitären Verbreitung eines der Menschheit: PBDEs besitzen eine endokrine Wirkung und können daher, so sie in den menschlichen oder auch tierischen Organismus gelangen, dessen Hormonaushalt beeinträchtigen, mit möglicherweise weitreichenden Folgen, insbesondere für das noch ungeborene Leben. Welche Auswirkungen eine Kontamination nach sich zieht, lässt sich bislang nicht abschließend sagen.

Gesetze und ihrer Wirkung

Wenngleich die Gesetzgeber den Einsatz von PBDEs zwischenzeitlich stark reglementiert haben – in Europa und den USA werden PentaBDE und OctaBDE nicht mehr produziert – schlummern allerorten, etwa auf den Deponien dieser Welt, mit PBDE-belastete Materialien, regelrechte Zeitbomben; Von den aktuell noch genutzten Konsumgütern, die die Innenraumluft mit ihren Emissionen belasten, einmal ganz zu schweigen.

Die instrumentelle Analytik, allen voran die Gaschromatographie verbunden mit der massenselektiven Detektion, hilft nun dabei die PBDE-Rückstände nachzuweisen. Ein wichtiger Eckpfeiler im Kanon von Qualitätssicherheit und Verbraucherschutz. Erste Anhaltspunkte über eine mögliche PBDE-Kontamination liefern Umwelt- beziehungsweise Innenraummessungen: „Es wurde nachgewiesen, dass Konzentrationen von PBDEs in Zimmerluft und -staub deutlich höher sind als Freiluftkonzentrationen“, beschreiben es Colin Johnson, Paul R. Loconto, Michael O’Keefe und Bonita Taffe vom Department of Community Health in Michigan/USA und erwähnen, eine kürzlich durchgeführte Studie der Verhältnisse zwischen Hausstaub- und Serumkonzentrationen von PBDEs in Erwachsenen habe eine hohe Korrelation ergeben, wobei insbesondere Kleinkinder, aufgrund ihres intensiven Hand-zu-Mund-Kontakts, als besonders gefährdet eingestuft wurden. Inwieweit Menschen betroffen, sprich: mit PBDEs belastet sind, lässt sich nun mittels einer Analyse von Körperflüssigkeiten, etwa des Serums oder der Muttermilch, feststellen. Für den quantitativen PBDE-Nachweis bevorzugt wird bislang die Gaschromatographie in Verbindungen mit einer hochauflösenden massenselektiven Detektion (HRMS) – eine kostspielige, zeitaufwändige, oft nur auf hochspezialisierte Labore begrenzte Analyse.

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