Mehr Wald für weniger Klimawandel Russland und die USA als Klimaretter?
Die Welt muss grüner werden – dies fordern nicht nur Naturschützer, sondern auch viele Wissenschaftler. Welches Potenzial in der Aufforstung liegt, und wie viel Fläche theoretisch noch für neue Wälder zur Verfügung steht, zeigt nun eine Studie der ETH Zürich. Warum gerade Russland und die USA hier punkten könnten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Zürich/Schweiz – Die effektivste Maßnahme gegen den Klimawandel sind Wälder. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der ETH Zürich. Dort forschen die Wissenschaftler des Crowther Lab an naturbasierten Lösungen für den Klimawandel.
In ihrem jüngsten Projekt haben sie nun gezeigt, wo auf der Welt neue Bäume wachsen könnten und wie viel Kohlenstoff sie speichern würden. „Ein Aspekt war für uns bei den Berechnungen besonders wichtig: Wir haben Städte und landwirtschaftliche Flächen von der gesamten Fläche, die das Potenzial zur Wiederaufforstung hat, ausgeschlossen, denn diese Gebiete braucht der Mensch anderweitig“, sagt Studienleiter Jean-François Bastin.
Neue Wälder in USA-Größe
Unter den aktuellen klimatischen Bedingungen könnte die Erde mit rund 4,4 Milliarden Hektar Wald bedeckt sein, so lautet das Ergebnis der ETH-Forscher. Doch nur 2,8 Milliarden Hektar sind derzeit tatsächlich bewaldet. Von den theoretisch noch möglichen 1,6 Milliarden Hektar erfüllen 0,9 Milliarden Hektar das Kriterium, nicht von Menschen genutzt zu werden.
Derzeit stünde also ein Gebiet von der Größe der USA für die Aufforstung zur Verfügung. Herangewachsen könnten diese neuen Wälder 205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern. Das sind etwa zwei Drittel der 300 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, die seit der industriellen Revolution durch den Menschen verursacht in die Atmosphäre gelangten.
„Wir alle wussten, dass die Aufforstung der Wälder einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten könnte, aber bislang war unklar, wie groß der Effekt wäre“, sagt ETH-Professor Tom Crowther, Mitautor der Studie und Gründer des Crowther Lab „Unsere Studie zeigt deutlich, dass Flächen zu bewalden derzeit die beste verfügbare Lösung gegen den Klimawandel ist. Allerdings müssen wir schnell handeln, denn es wird Jahrzehnte dauern, bis die Wälder reifen und ihr Potenzial als natürliche CO2-Speicher ausschöpfen.“
Russland und USA haben größtes Forst-Potenzial
Die Studie zeigt auch, wo eine Aufforstung am besten möglich wäre. Die meiste Fläche entfällt auf nur sechs Länder: Russland (151 Millionen Hektar), USA (103 Millionen Hektar), Kanada (78,4 Millionen Hektar), Australien (58 Millionen Hektar), Brasilien (49,7 Millionen Hektar) und China (40,2 Millionen Hektar).
Dass sich die globale Baumbedeckung von selbst erhöht, wie es viele aktuelle Klimamodelle erwarten, sehen die ETH-Forscher allerdings nicht gegeben. Ihren Ergebnissen nach werden zwar die Flächen der nördlichen Wälder in Regionen wie Sibirien wahrscheinlich zunehmen. Aber dort beträgt die Baumdichte durchschnittlich nur 30 bis 40 Prozent. Dem gegenüber steht der Verlust von dichten tropischen Wäldern, die typischerweise eine Baumbedeckung von 90 bis 100 Prozent aufweisen. Ohne gezielte Aufforstung wird sich die Waldfläche auf der Erde also wohl nicht vergrößern.
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Klimaforschung
Alter von Wäldern ist entscheidend für das Potenzial der Kohlendioxid-Aufnahme
Originalpublikation: Jean-Francois Bastin, Yelena Finegold, Claude Garcia, Danilo Mollicone, Marcelo Rezende, Devin Routh, Constantin M. Zohner, Thomas W. Crowther: The global tree restoration potential, Science 05 Jul 2019: Vol. 365, Issue 6448, pp. 76-79; DOI: 10.1126/science.aax0848
* F. Schmid, ETH Zürich, 8093 Zürich/Schweiz
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