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Allergische Immunreaktion untersucht Salzige Haut und Neurodermitis

Autor / Redakteur: Karola Neubert, Janna Schmidt* / Christian Lüttmann

Salz ist lebenswichtig für den menschlichen Organismus – zu viel davon hingegen schädlich. Einen neuen Effekt von Salz auf den Menschen haben nun Forscher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung beschrieben. Sie fanden Hinweise darauf, dass Salz offenbar allergische Immunreaktionen beeinflusst. Und in den Hautzellen von Neurodermitis-Patienten wiesen sie erhöhte Salzkonzentrationen nach. Der folgende Artikel erklärt die möglichen Zusammenhänge.

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DZIF-Professorin Christina Zielinski in ihrem Labor an der Technischen Universität München.
DZIF-Professorin Christina Zielinski in ihrem Labor an der Technischen Universität München.
(Bild: Andreas Heddergott / TUM)

Braunschweig, München – In Industrieländern ist fast jeder dritte Mensch im Laufe seines Lebens von einer Allergie betroffen, jedes zehnte Kind leidet an der chronisch entzündlichen Hauterkrankung Neurodermitis. T-Zellen spielen eine wichtige Rolle für solche Immunerkrankungen. Sie sind ein Teil der körpereigenen Abwehr gegen Infektionen, können aber Fehlfunktionen entwickeln. Dann gehen sie fälschlicherweise gegen Bestandteile unseres Körpers oder der Umwelt vor.

Eine Untergruppe von T-Zellen, die Th2-Zellen, kann bei solch einer Fehlfunktion allergische Entzündungen der Haut verursachen, zum Beispiel eine Neurodermitis. Dabei werden verstärkt die Botenstoffe Interleukin-4 (IL-4) und Interleukin-13 (IL-13) ausgeschüttet. Wodurch die Fehlsteuerung ausgelöst wird, ist bislang unbekannt.

Salz programmiert Immunzellen um

In einer neuen Studie haben Forscher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) nun eine interessante Entdeckung gemacht: Sie fanden heraus, dass Natriumchlorid menschliche T-Zellen in einen Zustand versetzen kann, in welchem die Immunzellen vermehrt Botenstoffe wie IL-4 und IL-13 ausschütten. Also eben jene Botenstoffe, die auf eine Fehlfunktion der T-Zellen hindeuten.

T-Zellen, die eigentlich nicht zu Allergien führen sollten, können folglich durch den Salzeinfluss zu Th2-Zellen umprogrammiert werden. Diese Veränderungen sind rückläufig, sobald die T-Zelle wieder weniger hohen Salzmengen ausgesetzt ist, wie die Forscher berichten. „Signale der Ionen aus dem Salz spielen somit eine Rolle für die Entstehung und Steuerung von Th2 Zellen“, erklärt Christina Zielinski, DZIF-Professorin am Institut für Virologie der Technischen Universität München (TUM).

Neurodermitis-Patienten haben salzigere Haut

Als Fachärztin für Dermatologie interessiert sich Zielinski auch für Neurodermitis. Ihr Team untersuchte deshalb, ob Neurodermitis-Patienten in den erkrankten Hautstellen erhöhte Natriumwerte aufwiesen. „Natriumkonzentrationen innerhalb des Gewebes zu messen, ist kompliziert“, sagt Julia Matthias, die Erstautorin der Studie. „Während man das lösliche Salz im Blut mit klinischen Standardverfahren messen kann, waren wir für die Haut auf die Hilfe von Kollegen aus der Kernchemie und Physik angewiesen.“

Tatsächlich stellte sich heraus, dass der Natrium-Wert in der Neurodermitis-betroffenen Haut bis zu 30-fach höher war als in gesunder Haut. Dies fanden die Forscher heraus, indem sie Hautproben in der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) der TUM und am Institut für Kernchemie der Universität Mainz mit einer Neutronenaktivierungs-Analyse untersuchten.

Ursache der Salzanreicherung noch unklar

„Die erhöhten Natriumwerte in betroffener Haut passen gut zu einer weiteren Eigenschaft von Neurodermitis“, sagt Zielinski. „Es ist seit langem bekannt, dass Neurodermitis-Patienten eine starke Anreicherung des Bakteriums Staphylococcus aureus auf der Haut haben. Dieses Bakterium vermehrt sich unter salzigen Bedingungen, während Salz anderen Bakterien der Hautflora schadet.“ Kombiniert man diese und andere Erkenntnisse mit den aktuellen Forschungsergebnissen, legen sie Zielinskis Ansicht nach eine Verbindung zwischen Salz und dem Auftreten von Neurodermitis nahe.

„Bislang konnten wir allerdings nicht nachweisen, wie die hohen Salzmengen in die Haut gelangen“, schränkt Zielinski ein. „Ebenso wenig wissen wir, ob man durch eine salzarme oder salzreiche Ernährung die Entstehung oder den Verlauf der Neurodermitis oder anderer allergischer Erkrankungen beeinflussen kann.“ Diese und ähnliche Fragen wollen sie und ihr Team in zukünftigen interdisziplinären Studien beantworten.

Das LABORPRAXIS-Allergiedossier In unserem Dossier „Allergien“ finden Sie Artikel zu Heuschnupfen, Erdnussallergie und weiteren Allergie-Themen.

Originalpublikation: Matthias J, Maul J, Noster R, Meinl H, Chao Y-Y, Gerstenberg H, Jeschke F, Gasparoni G, Welle A, Walter J, Nordström K, Eberhardt K, Renisch D, Donakonda S, Knolle P, Soll D, Grabbe S, Garzorz-Stark N, Eyerich K, Biedermann T, Baumjohann D, Zielinski CE: Sodium chloride is an ionic checkpoint for human TH2 cells and shapes the atopic skin microenvironment. Science Translational Medicine 20 Feb 2019: Vol. 11, Issue 480; DOI: 10.1126/scitranslmed.aau0683

* K. Neubert, J. Schmidt, DZIF Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, 38124 Braunschweig

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