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Laserdesorption Sanfte Laserdesorption von Biomolekülen

Autor / Redakteur: Bernd Abel* / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Mit einem Infrarot-Laser ist eine sanfte Desorption von Biomolekülen und ihren geladenen Aggregaten aus der wässrigen Phase für eine anschließende Massenanalyse möglich. Die Methode eignet sich dabei sehr gut für die Kopplung von Flüssigphasen Massenspektrometrie und HPLC.

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Mit der Einführung der schonenden Ionisierungstechniken MALDI (matrix assisted laser desorption and ionization) [1] und der Elektosprayionisation (ESI) [2] hat die Massenspektrometrie von Biomolekülen in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten einen enormen Aufschwung erfahren. Durch ihre hohe Genauigkeit, molekulare Auflösung und Empfindlichkeit ist sie heute eine sehr effiziente Methode zur Analyse von Nukleinsäuren, Proteinen/Peptiden, Kohlenhydraten und Lipiden. Mehrdimensionale Verfahren der Massenspektrometrie (MSn) und Kopplungen mit chromatographischen Trenntechniken gehören heute zum hohen Standard in der Biomolekülanalytik.

Ein Team von Forschern der Universität Göttingen und mehrerer Max-Planck Institute in Göttingen und Magdeburg hat ein neues Verfahren für die Massenanalyse von Biomolekülen entwickelt und zur Produktreife geführt (s. Abb. 1). Die Technologie ist eine Weiterentwicklung eines leistungsfähigen, aber komplizierten und relativ aufwändigen Verfahrens der Laserdesorption von Ionen aus Mikrostrahlen und Tröpfchen im Vakuum [3, 4], das vor einiger Zeit von Brutschy und Mitarbeitern in Frankfurt eingeführt [5] und von mehreren Gruppen mit Erfolg in der Forschung eingesetzt wurde.

Mit der Flüssigstrahl-Laserdesorption an Luft (AP-IR-FL-MALDI: atmospheric pressure infrared free liquid matrix assisted laser dispersion and ionization) [6,7] und einem ausgeklügelten universellen Ionentransfersystem (AP-MS-Interface) können nun geladene Biomoleküle mit einem Infrarot-Laserpuls sehr sanft direkt aus einem flüssigen Mikrostrahl (s. Abb. 2) oder einem Mikrotröpfchen (s. Abb. 3) freigesetzt und anschließend in Hochleistungs-Massenspektrometern verschiedener Anbieter genauestens analysiert werden (s. Abb. 1). Der große Vorteil der Technologie ist die leichte und effiziente Ankopplung an gängige HPLC-Technologien, die sehr sanfte Freisetzung von Biomolekülen und ihren empfindlichen Komplexen sowie der große lineare Bereich der Detektion von Ionenmassen.

Vorteile des neuen Verfahrens zur Laserdesorption

Die laserinduzierte Flüssigphasendesorption an Luft kombiniert die Vorteile von MALDI und ESI und der Laserdesorption von Ionen im Vakuum in einem neuen Ansatz. Es nutzt einen freien Mikrostrahl (5 bis 10 µm Durchmesser) oder freie Tröpfchen (etwa 50 µm Durchmesser) aus einer Mikrodüse oder aus einem Piezo-Tröpfchengenerator, die jeweils die gelösten Analytmoleküle in geringer Konzentration enthalten. Mit einem gepulsten IR-Laser (der vom Lösungsmittel selektiv absorbiert wird, z.B. OH-Streckschwingung des Wassers bei etwa 3 µm) werden die Moleküle mit anhaftenden Ionen (entweder in protoniertem oder deprotoniertem Zustand) aus der Flüssigkeit sehr schonend in Luft freigesetzt, in dem Prozess desolvatisiert und anschließend in einem Massenspektrometer analysiert. Komplexe Gemische wie Körperflüssigkeiten können durch einfache Kopplung der Methode an Hochdruckflüssigchromatographie (HPLC) mehrdimensional aufgetrennt und sehr empfindlich analysiert werden. Im Vergleich zu MALDI und ESI ist das Verfahren sehr konkurrenzfähig. Neben der schonenden Freisetzung der Ionen zeigt sich eine Linearität über viele Größenordnungen der Analytkonzentration und es zeichnet sich allgemein durch einen geringen chemischen Untergrund und damit größere Messgenauigkeit (Verhältnis von Signal zu Rauschen) vor allem im Bereich kleiner Massen aus (unter 1000 Da). Das System ist ebenfalls sehr gut für eine Ultrahochdurchsatzanalytik von Biomolekülproben geeignet.

Einige Alleinstellungsmerkmale sind die vorteilhaften niedrigen Ladungszustände der Biomoleküle, der geringe Untergrund, die „all liquid state“-Technologie und ganz allgemein die schnelle (zeitaufgelöste) Analytik von intakten Biomolekülen und ganzen molekularen Biosystemen in ihrer natürlichen wässrigen Umgebung (bis zu Molekülmassen größer als eine Million Dalton).

In mehrjährigen Forschungsarbeiten konnte das zunächst sehr aufwändige Analyseverfahren nun soweit vereinfacht und seine Empfindlichkeit um mehrere Größenordnungen gesteigert werden, dass jetzt eine kommerzielle Nutzung der Technologie möglich ist. Mithilfe der Universität Göttingen und der Max-Planck-Gesellschaft hat das Forscherteam die Technologie in einer Reihe von Patenten geschützt (z.B. [6]), die derzeit auslizenziert werden.

Anwendungen der neuen Laserdesorptions-Technologie

Die Göttinger Wissenschaftler haben die Technologie so vereinfacht, dass sie mit fast allen am Markt befindlichen Hochleistungs-Massenspektrometern und mit den meisten HPLC-Systemen gekoppelt werden kann. In ersten Anwendungsbeispielen wurde die Quelle an einem Q-TOF Ultima (Waters Corporation) getestet. Quellenvarianten mit Mikrostrahlquelle (Probenverbrauch von 17 fmol pro Sekunde) und synchronisiertem Mikrotröpfchengenerator („droplets on demand“ mit einem Probenverbrauch im Attomolbereich (etwa 20 aM) pro Spektrum, s. Abb. 4) kamen dabei zum Einsatz. Eine Kopplung mit verschiedenen HPLC-Technologien war ebenfalls bereits sehr erfolgreich (sehr verschiedene Kapillardurchmesser und Flussraten).

In Kooperation mit zwei Laserfirmen wird zurzeit ein kleines Infrarot-Lasermodul für zukünftige kommerzielle Kompaktsysteme entwickelt. Die neue Entwicklung bietet ganz neue Ansatzpunkte und Möglichkeiten für die Bioanalytik, Umwelt-analytik und Qualitätssicherung und wurde kürzlich mit einem Innovationspreis ausgezeichnet. In der nahen Zukunft werden in einer Kooperation mit dem Berliner Chromatographie-Unternehmen Knauer spezielle Produktlinien, in denen Hochdruckflüssigchromatographie, AP-IR-FL-MALDI-Ionenquelle und Kompaktmassenspektrometer kombiniert sind, insbesondere für den Einsatz in der Bioanalytik, der Qualitätssicherung und der medizinischen Diagnostik gefertigt, vertrieben und vermarktet.

Ausblick

Insgesamt hat die AP-IR-FL-MALDI-Technologie in Kombination mit Hochleistungsmassenspektrometern und vorgeschalteter chromatographischer Trennung das Potenzial, eine Routinemethode in der Biomolekülanalytik und für die Analytik von komplexen Fluiden zu werden und könnte damit zu einer Plattform-Technologie in der Bioanalytik und molekularen Medizin werden.

Hintergrund: AP-IR-FL-Maldi-Verfahren als Alternative

Während die MALDI-Technik Moleküle aus einem Kristallverband freisetzt, in dem die Matrix die Laserstrahlung absorbiert und nicht die Biomoleküle, so werden beim Elektrosprayverfahren die Moleküle direkt aus der Flüssigkeit hochgeladen in die Gasphase gebracht. Das AP-IR-FL-MALDI-Verfahren ist wie MALDI ein Laserdesorptionsverfahren und bietet eine leistungsfähige robuste und einfache Alternative zu den Standardtechniken MALDI und ESI. Es vereint dabei einige Vorteile beider Ansätze wie flüssige Phase, wässrige native Matrix von Biomolekülen und eine leicht kontrollierbare Matrix (über pH, Salzgehalt oder Temperatur).

Literatur:

[1] M. Karas and F. Hillenkamp, Anal. Chem., 1988, 60, 2299.

[2] J. B. Fenn, M. Mann, C.-K. Meng, S.-F. Wong and G. M. Whitehouse, Science, 1989, 246, 64.

[3] A. Charvat, and B. Abel, PhysChem-ChemPhys, 2007, 9, 3335.

[4] N. Morgner, H.-D. Barth, and B. Brutschy, Aust. J. Chem., 2006, 59, 109.

[5] W. Kleinekofort, J. Avdiev, and B. Brutschy, Int. J. Mass Spectrom. and Ion Proc., 1996, 152, 135

[6] B. Abel, A. Charvat, E. Rapp, H. Urlaub, Method and apparatus for providing a sample for a subsequent mass analysis, Patent EP 17604, 2007.

[7] E. Rapp, A. Charvat, A. Beinsen, H. Urlaub and B. Abel, Analytical Chemistry, 2008 (im Druck).

*Institut für Physikalische Chemie, Universität Göttingen, 37077 Göttingen,

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