Weder glatt noch rau Schädlingsbekämpfung ohne Gift: Das bringt Insekten ins Rutschen
Insekten haben vielfältigste und wertvolle ökologische Funktionen. Aber: Im Haushalt oder anderen hygienisch sensiblen Bereichen, möchte man sie trotzdem nicht haben. Oft wird für die so genannte Schädlingsbekämpfung dann zur Chemiekeule gegriffen. Doch in Zukunft könnte es auch anders gehen: Forscher haben jetzt eine neue, biologisch-inspirierte Methode entwickelt, die Insekten aufhält und dabei ohne den Einsatz von Gift oder Klebstoff auskommt. Sie ist zudem in der Lage zum Beispiel bestäubende Insekten von unerwünschten Insekten zu trennen.
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Kiel – Insekten können mit speziellen Haftorganen auf nahezu allen Oberflächen problemlos laufen und klettern. Bisherige Lösungsansätze zur Insektenbekämpfung basieren meist auf giftigen oder klebrigen Substanzen, die auf den Laufwegen aufgebracht werden und regelmäßig erneuert werden müssen. Wissenschaftler des Bionik-Innovations-Centrums der Hochschule Bremen haben nun gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine neuartige, biologisch-inspirierte Methode entwickelt, die die Insekten aufhält und ohne den Einsatz von Gift oder Klebstoff auskommt.
Weder glatt noch rau: So kommen Insekten ins Rutschen
„In der Natur gibt auf einigen Pflanzen Oberflächen, die für Insekten rutschig sind“, sagt Dr. Elena Gorb von der Universität Kiel. „Eine Gemeinsamkeit vieler rutschiger Oberflächen ist die Nutzung von unterschiedlichen Oberflächenrauigkeiten. Diese nanostrukturierten Oberflächen sind nicht glatt genug für die Haftorgane, aber nicht rau genug für die Krallen. Dadurch können viele Insekten nur schwer Halt finden.“
Selektive Insektenbekämpfung ohne Gift
Dieses Prinzip haben Wissenschaftler aus Bremen und Kiel nun gemeinsam mit einem Schweizer Hersteller von Kunststofffolien technisch umgesetzt und erfolgreich getestet. Eine Besonderheit des Ansatzes ist, dass durch die entsprechende Wahl der Oberflächeneigenschaften bestimmte Gruppen von Insekten gezielt am Klettern gehindert werden können. „Dadurch könnten wir zum Beispiel bestäubende Insekten von unerwünschten Insekten trennen. Das ermöglicht eine wesentlich gezieltere und ökologischere Beeinflussung von Insekten anstatt der üblichen ‚chemischen Keule‘“, sagt Prof. Dr. Jan-Henning Dirks vom Bionik-Innovations-Centrum der Hochschule Bremen.
Auch sind die ungiftigen Kunststoffbeschichtungen länger haltbar als herkömmliche Methoden und lassen sich so zum Beispiel in schwer zugänglichen Bereichen, wie Klima- und Lüftungsanlagen, dauerhaft einsetzen. In den nächsten Schritten wollen die Wissenschaftler die Effizienz der Oberflächen nun noch weiter verbessern.
Demonstration der Effizienz der nanostrukturierten Oberfläche. Bereits bei einer geringen Steigung können viele Insekten die Oberfläche nicht mehr hochklettern (©: Bionik-Innovations-Centrum, Hochschule Bremen, Bioinspiration and Biomimetics 2018):
Originalpublikation: Christopher Graf, Antonia B. Kesel, Elena V. Gorb, Stanislav N. Gorb and Jan-Henning Dirks: Investigating the efficiency of a bio-inspired insect repellent surface structure. Bioinspiration and Biomimetics (2018)
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