Mikrobielle Fermentation und Zellkultur Schüttelkolben: Gelösten Sauerstoff und pH nicht-invasiv messen
Zu den Schlüsselparametern in der mikrobiellen Fermentation und Zellkultur gehören gelöster Sauerstoff und der pH-Wert. Oft ist es hilfreich, diese Parameter über entsprechende Sensoren direkt im Schüttelkolben in Echtzeit verfolgen zu können. Ein Bericht aus dem Praktikumssaal.
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Gelöster Sauerstoff und pH sind Schlüsselparameter in der mikrobiellen Fermentation und Zellkultur. Am Lehrstuhl für Biotechnologie der Hochschule Esslingen wird die Bedeutung dieser Parameter für die Bioprozessentwicklung sowie verschiedene Messmethoden den Studenten des Bachelor- (B. Sc. Biotechnology) und Masterprogramms (M. Eng. Bioprocess Engineering) vermittelt. In Mess- und Kontrollversuchen lernen sie, neben anderen Lehrinhalten, die Messprinzipien und Anwendungen von Clark-Elektroden, optischen Sensoren und pH-Sonden kennen. Die Studenten benutzen diese Sensoren in Laborkursen und Projektarbeiten, um die entsprechenden Parameter in Bioreaktoren zu überwachen und zu kontrollieren. Gerade Sauerstoff und pH konnten aber bisher in Vorkulturen, die hauptsächlich in Erlenmeyerkolben durchgeführt werden, nicht in Echtzeit verfolgt werden. Während für die pH-Bestimmung Offline-Proben gezogen werden konnten, gab es keine praktikable Methode zur Überwachung des gelösten Sauerstoffs in Schüttelkolbenkultur. Daher waren die Kulturen oft sauerstofflimitiert, was zu reduzierter Produktivität oder sogar zum Absterben der Zellen führte.
Der SFR Shake Flask Reader (SFR) von Presens erlaubt es hingegen, gelösten Sauerstoff sogar in 100- bis 1000-ml-Schüttelkolben zu überwachen. Da bis zu neun Kolben gleichzeitig überwacht werden können, lassen sich mehrere Experimente parallel durchführen. In einem Laborkurs innerhalb des Masterprogramms zu „Prokaryotischen Bioprozessen“ wird das SFR benutzt, um Vorkulturen von Corynebakterium glutamicum zu optimieren. Die Studenten lernen dabei die Auswirkungen bestimmter Faktoren auf das Zellwachstum kennen, indem die Kolbengeometrie, das Füllvolumen oder die Schüttelgeschwindigkeit variiert werden. Darüber hinaus wird der Einfluss verschiedener Kolbenverschlüsse sowie die Zugabe von Antischaummitteln getestet.
Das SFR wird zusätzlich für Studentenprojekte benutzt, bei denen die Studenten wissenschaftliche Fragen wie die kLa-Quantifizierung in Schüttelkolben bei unterschiedlichen Bedingungen, die Optimierung von Wachstumsmedien oder die Produktion rekombinanter Proteine, selbstständig untersuchen sollen.
Material und Methoden
Zur Optimierung eines Pipecolinsäure produzierenden C.-glutamicum-Stammes untersuchten die Studenten den Einfluss des Füllvolumens (15 % und 20 %), der Schüttelgeschwindigkeit (130 rpm oder 150 rpm), der Kolbenverschlüsse (Aluminium- oder Silikonfilter-Kappen) sowie die Zugabe von Antischaummittel. Die Kultivierungen wurden in CgXII-Minimalmedium mit 20 g/l Glukose bei 30 °C durchgeführt. Dafür wurden 500 ml-Schott-Duran-Schüttelkolben mit vier Schikanen (s. Abb. 2) verwendet. Der gelöste Sauerstoff wurde mit dem SFR und in die Kolben integrierten, autokalvierbaren Sauerstoff-Sensor-Spots in Intervallen von 1 min gemessen. Zusätzlich wurde das Biotrockenmasse und die Glukosekonzentration nach 22-stündiger Kultivierung bestimmt. Jeder Versuchsansatz wurde zwei Mal ausgeführt. Das Experiment wurde nicht statistisch analysiert, aber die gemessenen Kurvenverläufe zeigten keine signifikanten Abweichungen. Zur Vereinfachung werden nur die gelösten Sauerstoff-Daten eines der doppelt durchgeführten Versuchsansätze im Folgenden dargestellt.
Optimierung von Vorkulturen
Im ersten Versuch wurde das Füllvolumen konstant bei 20 % gehalten und kein Antischaummittel zugesetzt. Bei Schüttelgeschwindigkeiten von 130 oder 150 rpm wurden sowohl Kolben mit Aluminium- als auch Silikonfilterkappen benutzt. Wie in der Abbildung 3A zu sehen ist, resultierte eine Schüttelgeschwindigkeit von 150 rpm in einer höheren Sauerstofftransferrate in das Medium, als das bei 130 rpm. Während es bei Schüttelkolben mit Aluminiumkappe bereits nach 12 Stunden zu Sauerstofflimitierung kam, behielten die Kulturen mit Silikonkappen bei 150 rpm bis zu 21 Stunden ein aerobes Niveau bei.
Die Beigabe von Antischaummittel zu Kulturen in Schüttelkolben mit Silikonkappe resultierte in einer stark verminderten Sauerstofftransferrate, wie man in Abbildung 3B sehen kann. Wie bereits in der Literatur beschrieben, kann die Zugabe von Antischaummittel den kLa heruntersetzen. Antischaummittel verbessert den Zusammenschluss von Schaumbläschen zu größeren Blasen, was zu einer Reduktion der spezifischen Oberfläche führt, und damit den kLa herabsetzt. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass aufgrund des Antischaummittels mehr Kulturmedium nach oben spritzte und den Silikonschaumfilter benetzte, wodurch die Membran eventuell weniger sauerstoffdurchlässig wurde. Der letzte Test zeigte, dass das Füllvolumen keinen signifikanten Einfluss auf den Sauerstoffeintrag in den benutzten Schüttelkolben hat (s. Abb. 3C). In Studentenkursen können leider nicht alle aufkommenden Fragen bis ins Detail untersucht werden.
Basierend auf diesen Ergebnissen, ermittelten die Studenten die optimalen Bedingungen für die Kultur (15 % Füllvolumen, Silikonkappen, eine Schüttelgeschwindikeit von 150 rpm und Inkubationszeiten zwischen 18 und 20 Stunden), um hohe Zellkonzentrationen zu erreichen und Sauerstofflimitierung zu vermeiden, bis die gesamte Glukose im Medium aufgebraucht ist.
Das SFR stellte sich als sehr gut geeignetes Messsytem zur Überwachung von Schüttelkolben heraus. Da fast keine Vorbereitungszeit nötig ist und mehrere Erlenmeyerkolben gleichzeitig untersucht werden können, ist das SFR optimal für Laborkurse geeignet. Die einfache Anwendung und Kontrolle ist für die Studenten sofort verständlich. Das intuitive Bedienkonzept des SFR ist für ein sehr breites Anwendungsspektrum in Forschung und Lehre geeignet. Das System ermöglicht die systematische Optimierung der Kulturbedingungen in Schüttelkolben. n
* A. Komitakis, K. Schatz, M. Hoß, Prof. Dr. R. Biener: Lehrstuhl für Biotechnologie, Hochschule Esslingen, 73728 Esslingen
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