Hitze und Druck wie an der Grenze zum Erdkern waren im Spiel, als Forscher aus Bayreuth eine neuartige Form von Stickstoff erzeugt haben. Die Kristallstruktur des „Schwarzen Stickstoffs“ ähnelt der Struktur von schwereren Elementen der Stickstoffgruppe im Periodensystem. Damit folgt das Element der Goldenen Regel, nach der sich leichte Elemente unter Hochdruck wie ihre schwereren Gruppenmitglieder verhalten.
Schwarzer Stickstoff entsteht, wenn Stickstoff in einer Diamantstempelzelle zwischen entgegensetzten Diamanten platziert und hier unter extrem hohen Drücken zusammengepresst wird.
(Bild: Christian Wißler)
Bayreuth – Im Periodensystem gilt für Kohlenstoff, Sauerstoff und andere leichte Elemente eine Goldene Regel: Unter hohen Drücken besitzen sie ähnliche Strukturen wie schwerere Elemente in der gleichen Elementgruppe. Am Kopf einer Gruppe steht das Element, das im Vergleich mit den anderen Mitgliedern die wenigsten Protonen und das geringste Gewicht hat.
Eines dieser leichten Kopfelemente ist Stickstoff, welches die Gruppe 15 anführt. Bisher galt es allerdings als „Schwarzes Schaf“, denn Stickstoff zeigte bei früheren Hochdruck-Experimenten keine Ähnlichkeiten mit Strukturen, welche die schwereren Elemente dieser Gruppe unter Normalbedingungen aufweisen. Selbst bei hohem Druck verhielt sich Stickstoff also nicht ähnlich wie die schwereren Gruppenmitglieder Phosphor, Arsen und Antimon. Genau solche Ähnlichkeiten konnten aber bei hohen Drücken in den benachbarten, von Kohlenstoff und Sauerstoff angeführten Elementgruppen beobachtet werden (Gruppe 14 und 16).
Tatsächlich folgt auch Stickstoff der Goldenen Regel des Periodensystems. Dies haben Forscher am Bayerischen Geoinstitut (BGI) und am Labor für Kristallographie der Universität Bayreuth jetzt mithilfe eines von ihnen entwickelten Messverfahrens nachgewiesen. Bei sehr hohen Drücken und Temperaturen bilden Stickstoffatome eine Kristallstruktur, die für so genannten Schwarzen Phosphor charakteristisch ist – eine spezielle Modifikation des Phosphors. Ähnliche Strukturen sind auch für Arsen und Antimon bei hohen Drücken bekannt.
Diese Struktur setzt sich aus zweidimensionalen Schichten zusammen, in denen Stickstoffatome nach einem einheitlichen Zickzack-Muster vernetzt sind. Die 2D-Schichten ähneln hinsichtlich ihrer elektronischen Eigenschaften dem Graphen, das für viele technische Anwendungen interessant ist.
Vorerst nur im Labor stabil
Zurzeit wird untersucht, ob Schwarzer Phosphor künftig als Material für hocheffiziente Transistoren, Halbleiter und andere elektronische Bauteile infrage kommt. Für die neu entdeckte Stickstoff-Modifikation schlagen die Bayreuther Forscher eine analoge Bezeichnung vor: Schwarzer Stickstoff. Einige technologisch attraktive Eigenschaften, insbesondere die Richtungsabhängigkeit (Anisotropie), sind hier noch stärker ausgeprägt als beim Schwarzen Phosphor.
Wie man Schwarzen Stickstoff erzeugt und nachweist
Es bedurfte geradezu extremer Bedingungen, um Schwarzen Stickstoff zu erzeugen: Der Kompressionsdruck war 1,4 Millionen Mal höher als der Druck der Erdatmosphäre, die Temperatur überstieg 4000 °C.
Ausschnitt aus dem Periodensystem: Stickstoff (rot) und die schwereren Elemente Phosphor, Arsen, Antimon und Bismut (grün) gehören zur Elementgruppe 15. Unter extrem hohen Drücken besitzt Stickstoff ebenso wie die anderen Mitglieder dieser Gruppe eine Struktur, die aus zickzackförmigen, zweidimensionalen Schichten besteht.
(Bild: Dominique Laniel)
Um herauszufinden, wie sich die Atome unter diesen Verhältnissen anordnen, haben die Bayreuther Wissenschaftler mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg und der Advanced Photon Source (APS) am Argonne National Laboratory in den USA kooperiert. Hier trafen durch Teilchenbeschleunigung erzeugte Röntgenstrahlen auf die Materialproben.
„Wir waren überrascht und fasziniert, als die Messdaten uns plötzlich die für Schwarzen Phosphor charakteristische Struktur lieferten. Weitere Experimente und Berechnungen haben diesen Befund mittlerweile bestätigt. Damit steht zweifelsfrei fest: Stickstoff ist kein Ausnahme-Element, sondern folgt ebenso wie Kohlenstoff und Sauerstoff der gleichen Goldenen Regel des Periodensystems“, sagt Dr. Dominique Laniel, der 2019 als Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an die Universität Bayreuth gekommen ist.
Allerdings kann Schwarzer Stickstoff nur dank der außergewöhnlichen Druck- und Temperaturverhältnisse existieren, unter denen er im Labor entsteht. Unter Normalbedingungen löst er sich sofort auf. „Wegen dieser Instabilität sind industrielle Anwendungen derzeit ausgeschlossen. Dennoch bleibt Stickstoff ein für die Materialforschung hochinteressantes Element. Unsere Studie zeigt beispielhaft: Hohe Drücke und Temperaturen können Materialstrukturen und -eigenschaften hervorbringen, von denen die Forschung zuvor nicht wusste, ob es sie überhaupt geben kann“, sagt Dr. Dominique Laniel, Leiter der Studie.
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