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Wachstumsstrategien für die Chemie Shift Happens! Wie die Chemie von morgen heute schon heranwächst

Redakteur: Dominik Stephan

Die Chemieindustrie steht vor einem Dilemma: In Zeiten beinahe gesättigter Märkte und billigen Geldes scheint organisches Wachstum kaum noch möglich. Gleichzeitig erreicht der Übernahmepoker um lukrative Player ungeahnte Höhen. Hilft nur noch fressen oder gefressen werden? Auf der Perspectives 2017 diskutierten Chemiemanager und Experten über die Wachstumsrezepte von morgen. Digitalisierung, Start-up-Denken, Innovationsmanagement und neue Geschäftsmodelle – wer hat die Nase vorne?

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Infraserv Höchst hat maßgeblichen Anteil an der dynamischen Entwicklung des Industrieparks Höchst, der wie kaum ein anderer Chemie- und Pharmastandort in Deutschland einen fundamentalen Wandel durchlebt hat und inzwischen für Innovation und Zukunftsfähigkeit steht.
Infraserv Höchst hat maßgeblichen Anteil an der dynamischen Entwicklung des Industrieparks Höchst, der wie kaum ein anderer Chemie- und Pharmastandort in Deutschland einen fundamentalen Wandel durchlebt hat und inzwischen für Innovation und Zukunftsfähigkeit steht.
(Bild: Infraserv Höchst)

„Mögest du in interessanten Zeiten leben“ – so geht der Geschichte nach ein alter chinesischer Fluch. Und welche Zeiten könnten interessanter sein? Globalisierung. Digitalisierung. Modularisierung. Vernetzung. Rohstoffwandel. Immer schnellere Innovationszyklen. Merger, Zerschlagungen und feindliche Übernahmen. Die chemische und pharmazeutische Industrie kommt nicht zur Ruhe. Doch müssen diese „interessanten Zeiten“ wirklich ein Fluch sein?

Klar ist: Wer wachsen will, muss die Veränderungen (mit-)gestalten. Wer nur auf seine Gelegenheit wartet, wird auf der Strecke bleiben. „Während Sie über die Zukunft nachdenken, geschieht die Gegenwart“, erklärt der Innovationspraktiker Dr. Joachim von Heimburg.

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Wie aber kann sich die chemisch-pharmazeutische Industrie angesichts weitreichender globaler Veränderungen und fortschreitender Digitalisierung zukunftssicher aufstellen? Welche Faktoren sind entscheidend, um nachhaltiges Wachstum generieren zu können? Welche Geschäftsmodelle haben Zukunft – und welche nicht?

Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt der Perspectives 2017, dem Event für die Chemie- und Pharmaindustrie, zu der Infraserv Höchst zum fünften Mal eingeladen hatte. Rund 150 Teilnehmer waren bei der Veranstaltung dabei, für die Infraserv Höchst eine ganze Reihe namhafter Referenten gewinnen konnte.

Wandel – Im Chemiepark und darüber hinaus

Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer von Infraserv Höchst, hätte mit Blick auf die 20jährige Geschichte des Industrie-Dienstleistungsunternehmens einiges über die erfolgreiche Gestaltung von Veränderungsprozessen und nachhaltiges Wachstum berichten können. Immerhin hat der Standort-Betreiber eines der größten Chemieparks Europas maßgeblichen Anteil an der dynamischen Entwicklung des Industrieparks im Westen Frankfurts, der nach dem Ende des Weltkonzerns Hoechst wie kaum ein anderer Chemie- und Pharmastandort in Deutschland einen fundamentalen Wandel durchlebt hat und inzwischen für Innovation und Zukunftsfähigkeit steht.

„Vor 20 Jahren war unser Geschäftsmodell weitgehend unbekannt, heute sind wir damit über die Grenzen des Industrieparks Höchst hinaus erfolgreich“, so Kreysing. „Das zeigt, dass es sich lohnt, mutig zu sein und Veränderungen als Chance zu begreifen, neue Wege zu gehen.“

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„Change has changed“

Doch nur auf seine Chance warten ist unter Umständen nicht mehr genug: „Erfolgreiche Unternehmen nutzen die Möglichkeiten, die ihnen die Gegenwart bietet, und erarbeiten sich gleichzeitig Chancen für die Zukunft“, gab Innovationsspezialist Dr. Joachim von Heimburg zu bedenken. Aus seiner Sicht ist es nicht mehr ausreichend, auf Veränderungen zu reagieren.

„Change has changed“, so von Heimburg mit Blick auf das zunehmende Tempo, mit dem sich Rahmenbedingungen wandeln. Geschäftsmodelle müssen im Hinblick auf zu erwartende und denkbare Veränderungen weiterentwickelt werden, was auch neue Anforderungen an Organisationsstrukturen stellt.

Berufsfelder durch digitale Lösungen ersetzt

Unterhaltsam, humorvoll und tiefgründig zugleich war der Vortrag von Prof. Dr. Gunter Dueck. Der Mathematiker, Autor, Satiriker und Zukunftsdenker stellte provokante Thesen auf, die zum Nachdenken anregten. „Industrie 4.0 finde in den Köpfen vieler Entscheider erst in 40 Jahren statt“, sagte Dueck.

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Aus seiner Sicht wird die Digitalisierung in absehbarer Zeit grundlegende Veränderungen für den Arbeitsmarkt mit sich bringen wird: „30 Prozent der Deutschen müssen sich in Zukunft einen neuen Job suchen. Das betrifft auch Ärzte und Apotheker.“ Aus seiner Sicht bestehe die grundlegende Herausforderung für die Unternehmen darin, den Wandel mitzugestalten, ohne den "genetischen Code" einer Firma dadurch aufs Spiel zu setzen.

Wachstum in der Unternehmenspraxis

Wie auch ein etabliertes Unternehmen erfolgreich und nachhaltig wachsen kann, erklärte Dr. Franz Josef Konert, Vorstandsvorsitzender von Gelita. „Die Fähigkeit einer Organisation zur permanenten Veränderung ist der einzig wirksame Schutz für eine Firma“, so Konert.

Der Erfolg des Gelatinespezialisten, dessen Wurzeln bis in das "Gründerzeitjahr" 1875 zurück reichen, sei kein Zufall. Er beruhe auf Effizienz- und Produktivitätssteigerungen, vor allem aber auch auf einer fundierten Wachstumsstrategie und einem fokussierten Innovationsprozess, flankiert durch gezielte Akquisitionen.

Zusammenarbeit mit Start-ups

Wachstum mit und durch Innovationen – das war das Thema des Impulsvortrags von Dr. Jürgen Stebani. Der CEO und Mitinhaber von Polymaterials sprach über die Rolle, die Start-ups im Innovationsprozess der Chemischen Industrie spielen sollten. Es gelte, disruptive Innovationen in Geschäftsmodelle umzuwandeln, wie dies durch Dienstleister im Bereich Forschung und Entwicklung in der Pharmaindustrie bereits geschehe. Dabei sein besonders in Sachen Zusammenarbeit zwischen großen Konzernen und kleinen Spezialisten noch deutlich Luft nach oben, gab der Start-Up-Gründer den anwesenden Managern mit auf den Weg.

Die Unternehmen müssten Partner finden, die Teil der Prozesskette werden können und von den eigenen Entwicklungseinheiten nicht als Konkurrenz begriffen werden. „Speed-ups können schneller Haken schlagen, weil der Abstimmungsbedarf deutlich geringer ist“, so Stebani. „Diesen Vorteil muss man nutzen.“

Wachsenden Herausforderungen begegnen

Doch kann ein Start-Up wirklich ein Modell für eine etablierte Firma werden? Wie sich die langfristige Wettbewerbsfähigkeit eines gewachsenen Standorts in Deutschland sichern lässt, zeigte Martin Haag, Werkleiter Roche Diagnostics in Mannheim.

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Den wachsenden Herausforderungen begegne man hier zum einen mit der Erneuerung des Standorts, durch Rück- und Neubauten, aber auch mit der Konzentration auf die Kernkompetenzen Hochtechnologie und Automatisierung. In Mannheim habe man sich einen Vorsprung sowohl innerhalb des Unternehmens, als auch gegenüber der Konkurrenz erarbeitet.

Mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen

Die weltweite Vernetzung von Dingen und Menschen schreitet immer weiter voran. Doch dies berge nicht nur Risiken, sondern auch eine ganze Reihe an Chancen, betonte Dr. Helmut Linde. Als Global Head of Data Science & Analytics bei Merck unterstützt er das Unternehmen darin, neue digitale Geschäftsmodelle aufzubauen und den Wandel im Unternehmen voranzutreiben. Unternehmen müssten sich insbesondere mit dem Thema der künstlichen Intelligenz auseinandersetzen und analysieren, welche Auswirkungen auf ihre aktuellen Geschäftsmodelle zu erwarten sind. Dabei werde das Thema Datenanalyse in Zukunft immer wichtiger. Hier sei es notwendig, Kompetenz aufzubauen und in der Organisation zu vernetzen.

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