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Nachhaltiger Baustoff Bambus Software sagt Schimmelbefall von Bambus vorher

Redakteur: Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Manche Bambusarten wachsen bis zu 30 Zentimeter pro Tag. Dies macht ihn zum schnell verfügbaren neuen Baustoff. Doch er ist auch anfällig für Schimmelpilze. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik können jetzt mitihilfe einer Software den Befall vorhersagen.

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Wegen seines schnellen Wachstums ist Bambus ein sehr guter nachhaltiger Baustoff.
Wegen seines schnellen Wachstums ist Bambus ein sehr guter nachhaltiger Baustoff.
(Bild: ©Pixelot - stock.adobe.com)

Stuttgart – In Zeiten des Klimawandels zählt die Bambusstaude zu den Hoffnungsträgern. Bambus ist ein schnell nachwachsender Rohstoff, bindet Kohlendioxid, lässt sich ressourcenschonend verarbeiten und ist biologisch abbaubar. Deshalb setzt auch die Baubranche zunehmend auf Bambus als Ersatzstoff für Holz, das angesichts der weltweit steigenden Bautätigkeit knapp wird.

Allerdings hat die Bambusoideae (wiss. Name) aus der Familie der Süßgräser aus bautechnischer Sicht ein Problem: Bäume entwickeln im Laufe ihres jahrhundertelangen Lebens Abwehrstoffe gegen schädliche Bakterien und Schimmelpilze. Die Lebensdauer einer Bambusstaude liegt bei nur 20 Jahren. Dementsprechend hat sie weniger Abwehrstoffe und ist daher anfällig gegen Schimmelpilzbefall.

Software zur Vorhersage des Feuchteverhaltens

Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP stellt nun eine Lösung vor, die das Feuchteverhalten von Bambus prognostizierbar macht und damit ein effizientes Feuchtemanagement des Werkstoffs ermöglicht. „Ziel ist, das Auftreten von Schimmelpilzen zu vermeiden, ohne dass man chemische Gifte einsetzen müsste, die auch für den Menschen schädlich sind“, erklärt Prof. Dr. Hartwig Künzel, Leiter der Abteilung Hygrothermik am Fraunhofer IBP.

Labortest ermittelt die Stoffkennwerte

Im ersten Schritt werden die hygrothermischen Stoffkennwerte von Bambus unter bestimmten klimatischen Bedingungen ermittelt. Nach Untersuchungen in China fanden weitere Tests auf dem Freilandversuchsgelände des Fraunhofer IBP in Holzkirchen bei München statt.

Die Software WUFI aus dem Fraunhofer IBP zeigt das Feuchteverhalten des Werkstoffs im zeitlichen Verlauf als Film an. Die Vertikalachse gibt Temperatur und Wassergehalt an, die Horizontalachse den Bauteilquerschnitt.
Die Software WUFI aus dem Fraunhofer IBP zeigt das Feuchteverhalten des Werkstoffs im zeitlichen Verlauf als Film an. Die Vertikalachse gibt Temperatur und Wassergehalt an, die Horizontalachse den Bauteilquerschnitt.
(Bild: Fraunhofer)

Hier wurden Bambusprodukte der Witterung ausgesetzt und dabei die klimatischen Bedingungen detailliert von einer meteorologischen Station protokolliert. Anschließend untersuchte ein Expertenteam den Werkstoff im Labor. Wie viel Wasser bzw. Wasserdampf nimmt Bambus auf? Wie viel gibt er wieder ab und wie vollzieht sich der Feuchtigkeitstransport innerhalb des Werkstoffs? Für Letzteres wurde das Material im Kernspintomografen untersucht, der anzeigt, wie sich das aufgesogene Wasser innerhalb des Werkstoffs verteilt und bewegt.

Wie hoch ist die Gefahr des Schimmelpilzbefalles?

Technologisches Herzstück des Projekts ist eine hygrothermische Simulations-Software (WUFI, Wärme und Feuchte instationär). Es handelt sich um ein instationäres und weltweit experimentell validiertes Rechenverfahren. Sie ermöglicht eine realitätsnahe Simulation der Wärme- und Feuchteverhältnisse in Bauteilen und Gebäuden. Mit den im Labor ermittelten Kennwerten simuliert die Software das Verhalten von Bambus unter bestimmten klimatischen Bedingungen und stellt die Entwicklung als animierte Grafik mit einem zeitlichen Verlauf dar. Daraus lässt sich ableiten, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Schimmelpilzbefall auftritt. Bei Bambus beginnt der gefährliche Bereich typischerweise bei Umgebungsbedingungen von 80 Prozent relativer Luftfeuchte. Ein Bauunternehmen, das Bambus für den nachhaltigen Gebäudebau einsetzt, kann auf Basis der Software-Analyse Maßnahmen einplanen, die für wirksame Rahmenbedingungen wie z. B. den Schutz vor Feuchte sorgen.

„Die Software liefert detaillierte Ergebnisse zum Feuchteverhalten von Bambus. Bauunternehmen und Architekten können damit baubiologisch einwandfreie und nachhaltige Gebäude mit Bambus als Werkstoff planen und realisieren“, freut sich Künzel. Daneben können die Erkenntnisse auch genutzt werden, um neue Anwendungsgebiete für unterschiedliche Bambuswerkstoffe zu erschließen.

Bambus: Ersatzstoff für Holz

Die Simulationssoftware hatten die Forschenden schon vor Jahren entwickelt. Angesichts des aktuell steigenden Bedarfs an Holzersatzstoffen haben die Fraunhofer-Forschenden die Software nun auch für den Werkstoff Bambus validiert. „Je nach Anwendung und Anspruch stehen verschiedene Varianten unserer Software zur Verfügung, die wir auch an internationale Partner lizenzieren“, sagt Künzel.

Bambus lässt sich ähnlich wie Holz zu stabilen Platten verarbeiten.
Bambus lässt sich ähnlich wie Holz zu stabilen Platten verarbeiten.
(Bild: Fraunhofer)

Als Ersatzstoff für Holz ist Bambus bestens geeignet. Der faserige Werkstoff ist leicht, bietet enorme Langzeitstabilität und lässt sich ähnlich wie Holz zu Platten verarbeiten, etwa für Wandverkleidungen. Da Bambus sehr hart ist, eignet er sich auch als Fußboden. Aufgrund seiner Flexibilität ist Bambus für Gebäude in Erdbebengebieten ideal.

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