Alterung von Werkstoffen Springende Atome rufen Alterungsprozesse in Werkstoffen hervor
Wiener Physiker konnten jetzt beobachten, dass Atome durch Festkörper springen. Die Ergebnisse eröffnen neue Wege für die Erforschung der Alterungsprozesse von Werkstoffen auf atomarer Ebene.
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Wien/Österreich – In einem Goldring wechseln pro Sekunde bisweilen Milliarden von Atomen ihre Position. Die Ruhelosigkeit der Atome ist für das Altern und den Verlust bestimmter Eigenschaften von Werkstoffen verantwortlich. Ein Forscherteam der Fakultät für Physik an der Universität Wien konnte die Atome jetzt erstmals beim Springen durch einen Festkörper direkt verfolgen. Die hierfür erforderlichen Experimente wurden am europäischen Elektronen-SynchrotronESRF in Grenoble, Frankreich, durchgeführt. Das ESRF erzeugt Röntgenstrahlen mit extrem hoher Intensität und Qualität. Die Röntgenstrahlen, die derzeit in nur drei Forschungsanlagen produziert werden können, ermöglichten den Forschern die Beobachtung der Wanderung der Atome in einer Kupfer-Gold-Legierung.
Temperaturabhängige Sprungrate in Werkstoffen
Die Wissenschafter fanden heraus, wie weit und in welche Richtung die Atome springen, und wie dies durch die Temperatur beeinflusst wird. „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass Atome bei einer Temperatur von 270 Grad Celsius etwa einmal in der Stunde ihren Platz im Kristallgitter wechseln. Steigert man die Temperatur um zehn Grad Celsius, verdoppelt sich die Sprungrate der Atome. Umgekehrt funktioniert das Ganze genauso. Wird es um zehn Grad kühler, springen die Atome nur halb so oft“, erläutert Projektmitarbeiter Mag. Michael Leitner.
Auf der Grundlage des Experiments soll in Zukunft auch die Messung atomarer Bewegung in vielen, auch technisch wichtigen metallischen Systemen möglich sein. Nach Angaben der Forscher ist die Basis geschaffen, um Alterungsprozesse von Werkstoffen verstehen zu können, die von der inneren Unruhe der Atome maßgeblich beeinflusst werden: So beruht beispielweise die Festigkeit von Automotoren oder die Funktionsweise von Computern darauf, dass deren Fremdatomen unter kontrollierten Produktionsbedingungen bei zumeist hohen Temperaturen ein bestimmter Platz zugewiesen wird. Leider tendieren die Atome auch dazu, bei hohen Temperaturen schnell wieder die ihnen Plätze zu verlassen - und die Werkstoffe verlieren ihre erwünschten Eigenschaften.
Originalveröffentlichung: Leitner M. et al.: Atomic diffusion studied with coherent X-rays; Nature Materials 8, 717-720 (2009), DOI: 10.1038/nmat2506
(ID:318571)