CHROMATOGRAPHIE Vergleich und Kombination von GC-Phasen
Die wichtigsten Auswahlkriterien für GC-Säulen sind Polarität, Inertheit und Blutungsverhalten. Praktische Hinweise zu Auswahl und Kombination von Phasentypen werden anhand rückstandsanalytischer Anwendungen beschrieben.
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Die wichtigsten Auswahlkriterien für GC-Säulen sind Polarität, Inertheit und Blutungsverhalten. Robustere und temperaturfeste Kapillaren sind auf Verbesserungen bei der Polymerchemie und beim Herstellungsverfahren zurückzuführen. Praktische Hinweise zu Auswahl und Kombination von Phasentypen werden anhand rückstandsanalytischer Anwendungen beschrieben.
Renommierte Hersteller bieten Kapillaren in einer großen Dimensionsvielfalt und mit einer breiten Palette von Phasenpolaritäten an. Neben dem thermisch relativ gering belastbaren Polyethylenglykol-Typ (PEG) spielen die Polysiloxan-Phasen (PS) mit Abstand die wichtigste Rolle in der GC. Die Variabilität und die wesentlich höhere thermische und chemische Toleranz begründen den Erfolg der gebundenen PS-Phasentypen. Die Substitution der Methyl-Seitenketten durch verschieden funktionelle Gruppen bietet vielfältige Möglichkeiten zur Variation von Polarität und Selektivität der stationären GC-Phasen. Inertheit und Blutungsverhalten bestimmen deren Qualität.
In Tabelle 1 sind die gebräuchlichsten PS-Typen mit ihren strukturellen Zusammensetzungen aufgelistet. Als Beispiele wurden die entsprechenden Agilent-Produkte gewählt. Nach der Übernahme des innovativen Säulenpioniers J&W bietet Agilent als GC-Marktführer nun ein noch vielfältigeres Programm an hochentwickelten Kapillarsäulen an.
Die Trennmechanismen der üblichen funktionellen Gruppen von Polysiloxan-Phasen und deren Ausprägung sind in Tabelle 2 dargestellt. Zum Vergleich ist auch Polyethylenglykol (z.B.: DB-WAX; HP-INNOWAX) angeführt.
Die Polarität einer Säule bezieht sich auf die Art und Weise, wie die Analyten mit der stationären Phase in Wechselwirkung treten. Da die Dispersions-Wechselwirkung mit dem Dampfdruck des Analyten korreliert, kann vereinfacht angenommen werden, dass die Analyten auf unpolaren Säulen (Typ-1) meist nach ihren Siedepunkten eluieren.
Mit steigender Polarität kommen noch weitere Retentionsmechanismen dazu, sodass mittelpolare Säulen sowohl auf Basis der Siedepunkte, als auch nach dem Grad der Wechselwirkung wie induzierte Dipole oder der Fähigkeit zu Wasserstoffbrückenbindungen trennen. Der Trennmechanismus stark polarer Phasen beruht fast ausschließlich auf den Wechselwirkungen zwischen den funktionellen Gruppen von Analyt und Phase.
Die Säulenpolarität beeinflusst auch die Analysentemperatur. Polare Analyten z.B. werden auf polaren Säulen stärker retardiert, wodurch höhere Temperaturen zur Elution notwendig sind und stärkeres Bluten auftritt.
Arylen-TechnologieBluten ist ein normaler Abbauprozess des stationären Phasenpolymers. Es steigt proportional mit der Phasenmenge in der Säule und vor allen Dingen exponentiell mit der Temperatur an. Abb. 1 zeigt am Beispiel des Polysiloxangerüstes den dabei auftretenden sog. „Back Bite“-Mechanismus, der zu zyklischen Siloxanen (Ringe mit 3 bis 5 Si) führt, welche thermodynamisch wesentlich stabiler sind. Reaktive Gruppen am Phasenuntergrund fördern und O2-Einbrüche katalysieren zusätzlich die Kettenbrüche.
Seitens der Hersteller werden seit Beginn der 90er große Anstrengungen unternommen, blutungsarme Säulen zu entwickeln. Die ersten Schritte dazu sind die Verbesserung der Fused Silica-Oberfläche, sowie die Optimierung der Desaktivierungsmethoden und des Herstellungsprozesses des Polymers [1]. Die deutlich verbesserte Agilent-Phase DB-1ms zeigt im Vergleich zu ihrer Vorgängerversion DB-1 ein deutlich reduziertes Bluten bei sehr hohen Temperaturen (Abb. 2). Obwohl beide als 100%-Methyl- PS-Phasen idente Polarität und Selektivität aufweisen und die Massenspektren des Blutens das gleiche Pattern zeigen, wird das Signal/Rausch-Verhältnis (S/N) bei der DB-1ms um den Faktor 5 verbessert. Der Basepeak 207 stammt dabei vom hauptsächlich gebildeten Siloxan-Ring in Abbildung 1.
Verbesserte Sensitivität (hohes S/N), höhere Maximaltemperatur und damit kürzere Analysenzeiten, geringere Detektorverschmutzung, verbesserte Spektrenqualität und längere Lebensdauer sind die wichtigsten Vorteile von „ms“-Säulen. Ihre Stärken kommen nicht nur bei empfindlichen GC/MSD-Applikationen zur Geltung (höhere Spektrenqualität), sie sind auch bei hochsensitiven Detektoren wie ECD und NPD in der Spurenanalytik von Vorteil.
Um das „Back Biting“ zu erschweren, wurde versucht, das Siloxan-Gerüst zu versteifen. Durch den gezielten Einbau von Arylen-Elementen (anstelle von O) in den „Backbone“ des Polymers konnte die Kettenbruchneigung weiter unterdrückt werden. In Abb. 3 sind die Strukturen der aktuellen Typ-5-Phasen von Agilent dargestellt. Bei der neuen „ms“-Säulengeneration ist die Arylen-Modifikation gezielt darauf abgestimmt, neben erhöhter Stabilität gleiche Polarität zu erzielen. In bestimmten Einzelfällen sind jedoch Selektivitätsunterschiede zu den „alten“ Phasen bemerkbar.
Die Weiterentwicklung der Polymerchemie auch bei den höheren Polaritäten führte Agilent zur „Arylen-Technologie der zweiten Generation“ mit den SäulenDB-35ms, DB-17ms und DB-225ms. Ein völlig neues Produkt dieser Technologie ist die Spezialphase DB-XLB („EXceptionally Low Bleed“). Sie ist auf geringstmögliches Bluten getrimmt und keiner bisherigen Phase direkt zuzuordnen.
Säulen-KombinationDer sicheren Identifizierung der Analyten ist insbesondere bei rückstandsanalytischen Aufgabenstellungen die erste Priorität einzuräumen. Wenn Detektoren ohne Spektralinformationen (ECD, NPD) ver- wendet werden, ist die Entwicklung von optimierten Trennungen auf zwei GC-Phasen die Grundlage dafür. Durch die gezielte Auswahl von Phasentypen mit möglichst unterschiedlichen Trennverhalten kann der Informationsgehalt und damit die Sicherheit und Qualität analytischer Ergebnisse deutlich gesteigert werden. Die verbesserte weil doppelte Quantifizierung ist ein zusätzlicher Bonus des höheren Aufwandes. Als Absicherungs-Kombination sollten jene Polaritätsvarianten zum Tragen kommen, mit denen jeweils die besten Auftrennungen erzielt werden, und wo darüber hinaus die deutlichsten Unterschiede bezüglich Muster und Reihenfolge der Elution zutage treten.
Die schnellste und sicherste Methode dafür ist die Anwendung der Computersimulation auf Basis der sog. „Thermodynamischen Retentionsindizes“ (TRI) [2]. Der Autor verfügt über TRI-Bibliotheken, die es erlauben, das chromatographische Verhalten von rund 4000 Analyten auf bis zu 10 verschiedenen Phasentypen am PC zu simulieren. Mit diesen Entropie- und Enthalpie- Datenpaaren können – höchst effizient und kostengünstig – die optimalen Trennparameter (Temperaturprogramm, Säulendimension, Trägergasbedingungen etc.) ermittelt werden. Der Vergleich von 3 oder 4 so optimierter Trennungen führt zielsicher zur geeignetsten Absicherungskombination [3].
Steht die GC-Simulation nicht zur Verfügung, ist man darauf angewiesen, dass das gewünschte Analytenspektrum in einer fertigen Applikation eines Säulenherstellers enthalten ist. Gibt es solche Chromatogramme sogar auf verschiedenen Phasen, ist ein direkter Vergleich rasch möglich. Bei einer geringen Anzahl von Analyten ist ein Vergleich hinsichtlich der Auswahlkriterien, unterschiedlichem Elutionsmuster und Peakumkehr schnell durchgeführt. Je größer und unübersichtlicher die Peakanzahl, umso dringender wird der Wunsch nach einem einfachen, wenn möglich numerisch vergleichbaren Beurteilungskriterium.
Das BestimmheitmaßAls schnelle und einfache Möglichkeit zur ersten Bewertung jedes Paares kann:- die grafische Darstellung der Retentionszeiten zweier Phasen in einem Koordinatensystem- die Berechnung des sogenannten „Bestimmtheitsmaßes“ (Quadrat des Pearsonschen Korrelationskoeffizienten) vorgeschlagen werden.
Beide Funktionen sind mit wenig Aufwand in MS-Excel abrufbar, sodass rasch jede Phasenkombination überblickt werden kann. Je größer der Korrelationskoeffizient (R2), desto ähnlicher trennen die beiden Phasen und desto geringer ist der Informationsgewinn. Schon die graphische Darstellung zeigt bei sehr gut oder sehr schlecht geeigneten Absicherungskombinationen die Verifizierungsqualität auf einen Blick an. Beide Extreme sind in Abb. 4 gegenübergestellt. Kombiniert man eine völlig unpolare DB-1 mit einer hochpolaren DB-WAX (PEG), erzielt man aufgrund der extrem unterschiedlichen Trennmechanismen (Tabelle 2) die ideale Absicherung. In Abbildung 4 oben wurden die Retentionsdaten von 268 Lösungsmitteln [4] gegeneinander aufgetragen und das Bestimmtheitsmaß mit R2 = 0,6858 ermittelt. Die überaus starke Streuung um die Ausgleichslinie zeigt die hervorragende Eignung dieses Paares.
Wie gering der Informationsgewinn bei Kombination von Phasen ist, die sich lediglich durch 5%Phenylanteil unterscheiden, zeigt die Gegenüberstellung von Typ- 1 mit Typ-5-Phasen in Abbildung 4 unten. Dass diese ungünstige Paarung noch vereinzelt anzutreffen ist, liegt vermutlich am geringen Problembewusstsein der Anwender und/oder an den verlockend robusten Eigenschaften von unpolaren Säulen. Am Beispiel von 98 Pestiziden [5] ist in Tabelle 3 eine Korrelationsmatrix für die 5 gängigsten Agilent- Phasen der Pestizidanalytik dargestellt. Werden die Trennbedingungen mit Hilfe der Computersimulation optimiert, ergeben sich noch einmal verbesserte Informationsausbeuten (reduziertes R2). Als Beispiele sind in Abbildung 5 optimierte Kombinationen von Pestizidmethoden dargestellt [3, 6].
Ein Nachteil von Cyanopropyl-Phenyl- Phasen (1701) ist das vergleichsweise geringe isotherme Temperaturlimit von 280 °C. Eine thermisch sehr belastbare Polaritäts- Alternative ist die neue Phase DB- 35ms, die bei geringem Bluten bis 340/360 °C betrieben werden kann. In Kombination mit der ebenfalls neu entwickelten DB-XLB ergeben sich gute Auftrennungen von 38 Analyten bei den EPA 508.1-Pestiziden. Trotz des Kompromisses beim gemeinsamen Temperaturprogramm (konzipiert für den gemeinsamen Betrieb in einem Ofen) kommt es wie in Abbildung 6 ersichtlich, mehrfach zu erwünschten Änderungen der Elutionsfolge. Die Kombination beider Phasen wird wegen ihrer sehr inerten Eigenschaften und des sehr geringen Blutens bei hohen Temperaturen für diese Pestizid-Applikation empfohlen.
FazitAufgrund verbesserter Herstellungsverfahren und der sog. „Arylen-Technologie der zweiten Generation“ zeichnen sich moderne „ms“-Kapillarsäulen durch Inertheit und sehr geringes Bluten bei gleichzeitig hoher thermischer Belastbarkeit aus. Abgesehen von sehr blutungsarmen unpolaren Phasen wie DB-1ms, DB-5ms und insbesondere DB-XLB, bietet Agilent mit DB-35ms, DB-17ms, DB-225ms durch diese Technologie auch im höheren Polaritätsbereich sehr temperaturfeste Säulen an. Bei der Kombination von Phasen zur Absicherung von Ergebnissen ist neben optimierten Trennbedingungen auch auf möglichst unterschiedliche Elutionsmuster zu achten. Das Bestimmtheitsmaß R2 der Retentionszeiten von Säulenpaaren liefert dazu erste Hinweise auf deren Eignung.
Literatur:[1] S. Griffin, „Fused-Silica Capillary- The Story Behind the Technology“; LC.GC Europe, S 276 – 289, May 2003[2] W. Brodacz, „Effiziente GC-Methodenentwicklung mit Computersimulation und TRIBibliotheken“; LABO, S32 - 37, Februar 2000[3] W. Brodacz, „GC-Methodenentwicklung für OCPs und PCBs“; LaborPraxis LP4, S 34 - 36; April 2003[4] Agilent Technologies; „ Solvent Retention Data for DB-624, DB-1, and DB-WAX Columns” Data Sheet ; 5988-8995EN; März 2003 “[5] Agilent Technologies; „Pesticide Elution Order Using Low Bleed Phases“; http://www.chem.agilent.com/cag/cabu/ pesticide_order.htm[6] W. Brodacz, „Verifizierungsstrategien in der GC-Rückstandsanalytik“; LaborPraxis LP3, S 36 - 39; März 2003
*W. Brodacz, 4631 Krenglbach, Österreich
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