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Zoonosen Vogelgrippe-Impfstoff aus Tabak

Autor / Redakteur: Regina Devrient* / Dr. Ilka Ottleben

Zoonosen sind von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragbare Infektionskrankheiten. Zu Ihnen gehört auch die Vogelgrippe, die weltweit immer wieder für Schlagzeilen sorgt. Nun haben Forscher aus Deutschland und Vietnam eine Methode entwickelt, mit der sich Impfstoffe gegen gefährliche Virusvarianten schnell und kostengünstig herstellen ließen – und zwar in Tabak.

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Seit 2006 wurden aus zahlreichen Staaten beispielsweise in Südostasien wiederholt H5N1-Infektionen gemeldet. Der Vogelgrippe-Erreger ist als Zoonose-Erreger von Tier auf Mensch übertragbar. (Symbolbild)
Seit 2006 wurden aus zahlreichen Staaten beispielsweise in Südostasien wiederholt H5N1-Infektionen gemeldet. Der Vogelgrippe-Erreger ist als Zoonose-Erreger von Tier auf Mensch übertragbar. (Symbolbild)
(Bild: ©Nueng - stock.adobe.com)

Gatersleben – Weltweit kommt es immer wieder zu z.T. verheerenden Ausbrüchen der Vogelgrippe. Diese Viruserkrankung von Vögeln birgt indes auch für den Menschen z.T. beträchtliche Gefahren, denn einige Varianten des Influenza-A-Virus können als Zoonose-Erreger vom Tier auf den Menschen übergehen.

Der wohl bekannteste Vertreter – H5N1 – war Mitte der 2000er Jahre Auslöser einer Epidemie u.a. in Asien. Eine besonders aggressive, 2013 erstmals in Erscheinung getretene Variante, – H7N9 – scheint Pandemie-Potenzial zu entwickeln. Experten unterscheiden heute mindestens fünfzehn verschiedene Vogelgrippe-Virus-Varianten. Aufgrund der schnellen und einfachen Verbreitung durch Vögel und der damit verbundenen Pandemie-Gefahr, gibt es beständige Bestrebungen, den Infektions-Erreger dieser Grippe einzudämmen.

Wandlungsfähiges Vogelgrippe-Virus

Ein Problem bei der Entwicklung wirksamer Bekämpfungsstrategien ist die enorme Wandlungsfähigkeit der Viren. Bestimmte Subtypen werden mitunter innerhalb kurzer Zeit resistent gegenüber gängigen antiviralen Medikamenten oder scheinen das gefährliche Potenzial zu entwickeln, künftig auch von Mensch zu Mensch übertragbar zu sein.

Neben der Gefährdung von Tieren und Menschen können Vogelgrippeepidemien die Geflügelfleisch- und Eierproduktion von Regionen erheblich beeinflussen. Bei einem Ausbruch der Vogelgrippe gibt es oftmals nur eine Methode, um die Infektionskrankheit einzudämmen – die Tötung der Nutzvögel.

Eine Alternative Strategie bietet die Impfung von Nutztieren. Die Produktion der Impfstoffe müsste jedoch kostengünstig und v.a. schnell erfolgen können, um nicht nur als Prophylaxe sondern auch im Falle eines Vogelgrippe-Ausbruchs als Notfall-Impfstoff wirksam sein zu können. Die klassische Erzeugung von Impfstoffen in embryonierten Hühnereiern dauert fünf bis sechs Monate.

Impfstoffe aus Pflanzen – was sind die Vorteile?

Eine moderne Alternative ist die Erzeugung von sogenannten „subunit vaccines“ in Pflanzen. Genau dazu haben Forscher des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, des Institute of Biotechnology (IBT) in Hanoi, Vietnam und des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) Riems in jahrelanger enger Zusammenarbeit eine Methode entwickelt. Sie erlaubt es, Vogelgrippevakzinen durch transiente Expression in Tabakpflanzenvarianten (Nicotiana benthamiana) zu erzeugen.

Die Vorteile dieses Verfahrens sind:

  • kurze Produktionszeiten, die eine schnelle Anpassung an sich verändernde Viren im Feld ermöglichen,
  • niedrige Produktionskosten,
  • einfache Skalierbarkeit und
  • niedrige Infrastrukturkosten.

Produktion von Vogelgrippeantigenoligomeren in Blättern der Tabakpflanze N. benthamiana. Hämagglutininoligomere (Nukleinsäure-freie Proteine) von Vogelgrippevarianten werden durch transiente Expression in Blättern von Nicotiana benthamiana produziert und extrahiert. Die Rohextrakte werden zur Vakzinierung verwendet.
Produktion von Vogelgrippeantigenoligomeren in Blättern der Tabakpflanze N. benthamiana. Hämagglutininoligomere (Nukleinsäure-freie Proteine) von Vogelgrippevarianten werden durch transiente Expression in Blättern von Nicotiana benthamiana produziert und extrahiert. Die Rohextrakte werden zur Vakzinierung verwendet.
(Bild: Hoang Trong Phan)

Wissenschaftler der IPK-Arbeitsgruppe Phytoantikörper unter Leitung von Prof. Dr. Udo Conrad und Forscher des IBT arbeiteten bereits in einem vorangegangenen Projekt an einer effektiven Methode zur Erzeugung derartiger pflanzenbasierter Peptidvakzinen. Als Ergebnis gelang es ihnen, Hämagglutininmultimere, spezielle Vogelgrippeantigene, in Tabakpflanzen (Nicotianabenthamiana) zu produzieren und deren neutralisierende Immunantworten in Mäusen zu zeigen.

Entwicklung kostengünstiger Vogelgrippe-Vakzinen

Im neuen Projekt, welches durch die Translatorik-Förderlinie der Else Kröner-Fresenius-Stiftung gefördert wird, geht es nun um die praktische Anwendung der Grundlagenforschungsergebnisse. So sind im nächsten Schritt Challenge-Versuche an Hühnern geplant, welche die Robustheit des entwickelten Verfahrens in der Praxis testen sollen. Das langfristige Ziel der Forscher ist dabei die Entwicklung einer in Pflanzen erzeugten Peptidvakzine gegen Vogelgrippeviren. Mit dieser hoffen sie bald, eine neue Methode zur Eindämmung und Vorbeugung von weiteren Vogelgrippe-Pandemien anbieten zu können.

* R. Devrient: Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben, 06466 Gatersleben

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