Elektroden aus Laubblättern Wachsen Elektroden bald auf Bäumen?
Blätter der Purpur-Magnolie haben von Forschern des Leibniz- Leibniz-Instituts für Photonische Technologien eine neue Fähigkeit bekommen. Die Wissenschaftler verwandelten die Blattadern per Beschichtung in ein elektrisch leitendes Netzwerk aus feinen Kupferdrähten und machten so aus den Blättern effiziente Elektroden für z.B. Solarzellen. Die Blatt-Elektroden sollen kostengünstiger und leistungsstärker als vergleichbare transparente Elektroden sein.
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Jena – Warum etwas von Grund auf neu erschaffen, wenn man auf bereits existierende Strukturen aus der Natur zurückgreifen kann? Nach diesem Motto haben Forscher des Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) neuartige Elektroden entwickelt. „Wir haben uns von dem perfekt ausgeklügelten System der Natur inspirieren lassen und aus den Blattadern von Laubblättern Elektroden mit einer hohen Leistungsdichte und geringem Materialverbrauch konstruiert“, berichtet Dr. Guobin Jia, der Erstautor der Studie.
Elektroden vom Magnolien-Baum
Pflanzenblätter verhalten sich wie photochemische Fabriken, die Wasser und CO2 durch Photosynthese in Kohlenhydrate und Sauerstoff umwandeln. Solarzellen ahmen dieses Prinzip nach, indem sie Sonnenlicht direkt in Elektrizität umwandeln. Die feinen, netzartig verzweigten Blattadern versorgen die Blattzellen mit Wasser und Nährstoffen und befördern die in der Photosynthese hergestellten Kohlenhydrate in die anderen Teile der Pflanze. „Damit haben sie viel gemein mit den Elektroden in Solarzellen, Batterien oder LEDs, die elektrischen Strom oder Signale sammeln oder verteilen“, sagt Dr. Jonathan Plentz, der am Leibniz-IPHT die Arbeitsgruppe Photonische Dünnschichtsysteme leitet. Sie haben allerdings einen entscheidenden Vorteil: Während bei Solarzellen Brüche in der Struktur die Zellenleistung stark verschlechtern, bleiben die Blattadern auch dann noch funktionsfähig, wenn Teile von ihnen beschädigt sind.
Das effiziente Transportnetz der Laubblätter haben sich die Forscher nun für die Übermittlung von elektrischem Strom zunutze gemacht. Sie lösten das Blattgrün von Blättern der Purpur-Magnolie (Magnolia liliiflora), metallisierten die Adern mit Kupfer und ließen elektrischen Strom hindurchfließen. Aus den Blattskeletten wurden transparente, leitfähige Elektroden mit hoher Leistungsfähigkeit: Der Schichtwiderstand ist um zwei Größenordnungen niedriger als bei gängigen ITO-Dünnschichten (Indiumzinnoxid), die etwa für transparente Elektroden in Touchscreens oder Dünnschicht-Solarzellen verwendet werden. Auch bei der optischen Transmission im UV- und Infrarot-Bereich zeigten sich die Blatt-Elektroden den herkömmlichen Versionen überlegen.
Weniger Material – weniger Kosten
Strukturen aus der Natur zu nutzen, könnte sich nicht nur als effizienter, sondern auch als günstiger erweisen. „Für Elektroden aus Laubblättern benötigen wir wesentlich weniger Material“, erläutert Plentz. Zudem sei der Kupferverbrauch für die Metallisierung sehr gering. In den metallisierten Laubblättern sieht der Forscher daher durchaus eine Alternative zu herkömmlichen Elektroden für Solarzellen. „Die verzweigte Struktur der Blattadern ist für den Transport optimal konstruiert.“ Im Gegensatz dazu erfordere die kammartige Geometrie der Elektroden auf gängigen Solarzellen eine gleichmäßige und in den Randbereichen unnötig dicke Silberschicht. Würde man die überlegenen, venenähnlichen Strukturen von Laubblättern für Hochleistungselektroden nutzen, könne man den Silber-Verbrauch für die Massenproduktion von Solarzellen auf weniger als ein Zehntel des derzeitigen Niveaus senken, schätzt Erstautor Jia.
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Darüber hinaus könnten die elektrisch leitfähigen und optisch transparenten Elektroden aus natürlichen Materialien nach Ansicht des Forscherteams neue Möglichkeiten eröffnen für den Bau von Batterien und Superkondesatoren sowie für das Design neuartiger LEDs oder Displays. „Generell können wir von der Effizienz der Lösungen der Natur lernen“, meint Jia. Nach dem Prinzip der Biomimicry ließen sich diese Lösungen auch auf unsere Wirklichkeit übertragen, zum Beispiel, um die Organisation moderner Verkehrssysteme neu zu denken. „Wenn wir die hervorragende Verteilungs- und Transportfunktion der Blattadern mithilfe eines mathematischen Modells besser verstehen würden, könnte das helfen, auch ganz andere, in zwei Richtungen verlaufende Transportprozesse zu verbessern“, sagt der Forscher. Dies gelte etwa für Straßensysteme in Großstädten, die Datenübertragung in Glasfasernetzen oder Stromnetze.
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Originalpublikation: Guobin Jia, Jonathan Plentz et al.: Biomimic Vein-Like Transparent Conducting Electrodes with Low Sheet Resistance and Metal Consumption, Nano-Micro Letters volume 12, Article number: 19 (2020), DOI: 10.1007/s40820-019-0359-9
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