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Mechanismen einer Lebererkrankung Wann eine Fettleber zur lebensbedrohlichen Krankheit wird

Redakteur: Christian Lüttmann

Übergewicht ist ein Risikofaktor, doch jeder kann an einer nichtalkoholischen Fettleber erkranken. Welche Mechanismen die Krankheit in eine lebensbedrohliche Gefahr verwandeln können, haben Forscher des Helmholtz Zentrum München herausgefunden. Damit liefern sie auch einen Behandlungsansatz für potenzielle neue Therapien.

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Die so genannte nichtalkoholische Fettleber kann sich zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung entwickeln (Symbolbild).
Die so genannte nichtalkoholische Fettleber kann sich zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung entwickeln (Symbolbild).
(Bild: gemeinfrei, GCMpublicitat, killy555 / Pixabay )

München – Die nichtalkoholische Fettleber ist die häufigste Lebererkrankung weltweit und tritt bei etwa 25 Prozent der Weltbevölkerung auf. Mehr als 90 Prozent der Übergewichtigen, 60 Prozent der Personen mit Diabetes und bis zu 20 Prozent der Normalgewichtigen entwickeln die Krankheit. Ihr Hauptmerkmal ist, dass sich Fett in der Leber ansammelt. Das ist nicht zwangsläufig schlimm – eine Leber kann verfetten und dennoch normal funktionieren. Allerdings können die Fettansammlungen zu einer so genannten nichtalkoholischen Steatohepatitis führen: eine aggressive Form der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung, die mit Entzündungen und mitunter Gewebeverhärtung (Fibrose) einhergeht. Die nichtalkoholische Steatohepatitis wiederum kann zu weiteren Komplikationen wie Leberzirrhose und primärem Leberkrebs führen und lebensbedrohlich sein.

Lebergewebe mit Fibrose und rot markierten Kollagenfasern.
Lebergewebe mit Fibrose und rot markierten Kollagenfasern.
(Bild: Helmholtz Zentrum München / Anne Loft)

„Wenn wir verstehen, welche Mechanismen eine Fettleber zur lebensbedrohlichen Erkrankung machen, dann haben wir auch den Schlüssel gefunden, um nach besseren Therapiemöglichkeiten und präventiven Maßnahmen zu suchen“, sagt Stephan Herzig, Direktor des Helmholtz Diabetes Center am Helmholtz Zentrum München. Gemeinsam mit Kollegen des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung ist er dieser Frage nachgegangen.

Leberzellen verlieren ihre Identität

Mithilfe von Genomanalysen untersuchten die Forscher, welche Mechanismen die Entwicklung und Funktion des verbreitetsten Leberzelltyps steuern: der Hepatozyten. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Hepatozyten während der Weiterentwicklung zur nichtalkoholischen Steatohepatitis einen teilweisen Identitätsverlust erleiden, sie werden umprogrammiert“, sagt Anne Loft vom Helmholtz Zentrum München, Erstautorin der Studie.

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Das Umprogrammieren der Leberzellen wird durch ein Netzwerk von Proteinen, die als molekulare Schalter fungieren (so genannte Transkriptionsfaktoren) streng kontrolliert. Die Aktivität der Proteine führt dazu, dass die Hepatozyten ihre ursprünglichen Aufgaben in der Leber nicht mehr erfüllen können.

Proteinnetzwerk als Behandlungsansatz

Wie die Forscher herausfanden, spielt das Proteinnetzwerk zudem eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung einer Fibrose. „Diese Erkenntnisse sind wichtig, weil sie die zellulären Mechanismen entschlüsseln, die der nichtalkoholischen Steatohepatitis zugrunde liegen. Das Wissen um die Rolle der Proteinnetzwerke und den Identitätsverlust der Hepatozyten liefert uns potenzielle Zielstrukturen und Interventionsmöglichkeiten für die Entwicklung wirksamer Therapien“, fasst Ana Alfaro zusammen, die sich die Erstautorenschaft mit ihrer Kollegin Loft teilt.

Basierend auf diesen Erkenntnissen können Forscher nun neue Ansätze entwickeln, um bestimmte Knotenpunkte im Proteinnetzwerk gezielt anzugreifen und so das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern oder sogar eine bestehende Fibrose rückgängig zu machen, was bisher noch nicht möglich ist.

Originalpublikation: Loft, Alfaro et al.: Liver fibrosis-activated transcriptional networks govern hepatocyte reprogramming and intra-hepatic communication, Cell Metabolism (2021), DOI: 10.1016/j.cmet.2021.06.005

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