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Architektur-Gen für Wurzelgeflecht Warum Wurzeln schlagen gegen den Klimawandel hilft

Autor / Redakteur: Mehrdokht Tesar* / Christian Lüttmann

Wurzeln sind die Lebensadern der Pflanzen. Sie beeinflussen aber nicht nur, wie robust das Gewächs ist, sondern auch wie gut es CO2 unter der Erde speichern kann. Nun haben Pflanzenforscher ein Gen identifiziert, das maßgeblich die Architektur der Wurzeln beeinflusst. Damit können sie Pflanzen zu noch besseren Klimaschützern machen.

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Die Pflanzenforscher Takehiko Ogura und Wolfgang Busch haben ein Geheimnis des Wurzelwachstums gelüftet.
Die Pflanzenforscher Takehiko Ogura und Wolfgang Busch haben ein Geheimnis des Wurzelwachstums gelüftet.
(Bild: Salk Institute)

Wien – Bei der Suche nach Wasser und Mineralstoffen breiten sich die Wurzeln von Pflanzen im Erdreich aus. Nach welchem Muster sie den Boden nach Nährstoffen durchsuchen, ist von Pflanze zu Pflanze unterschiedlich: Manche Arten entfalten ihr Wurzelwerk eher oberflächlich, andere dringen tief ins Erdreich vor. Welche genetischen und molekularen Mechanismen diese Unterschiede steuern, war bislang unklar.

Nun haben Forscher des Wiener Gregor Mendel Instituts für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und des kalifornischen Salk-Instituts ein Gen identifiziert, das bestimmt, ob Wurzeln in die Tiefe oder oberflächlich wachsen. Ihre Entdeckung könnte auch für den Klimaschutz bedeutsam sein. Denn Pflanzen mit robusten und tief wachsenden Wurzeln können mehr Kohlenstoff für einen längeren Zeitraum unterirdisch speichern und so stärker zur Reduktion des CO2-Gehalts der Atmosphäre beitragen.

Auxin – das Hilfshormon als Wurzelarchitekt

Für ihre Studie haben die Forscher die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) als Modellpflanze verwendet. Mit ihr identifizierten sie Gene und deren Varianten, die die Wirkung des Hormons Auxin regulieren. Bekannt war bereits, dass Auxin fast alle Aspekte des Pflanzenwachstums beeinflusst. Doch wie Auxin im Detail den Bau des Wurzelsystems beeinflusst, war noch nicht geklärt.

Dem gingen die GMI-Forscher nach. Um das Pflanzenwachstum in ihren Versuchen besser beobachten zu können, haben sie eine neue Methode entwickelt und optimiert. „Die Wurzeln der Arabidopsis thaliana sind unglaublich klein und daher nicht leicht zu erkennen. Indem wir die Pflanze halbierten, konnten wir die Wurzelverteilung im Boden besser beobachten und messen“, erklärt Erstautor Takehiko Ogura.

Links: Normale Arabidopsis Pflanze mit flachem Wurzelsystem. Rechts: Arabidopsis Mutante mit tiefer reichender Wurzelarchitektur. (Wurzeln sind im Bild zur besseren Erkennbarkeit gelb eingefärbt)
Links: Normale Arabidopsis Pflanze mit flachem Wurzelsystem. Rechts: Arabidopsis Mutante mit tiefer reichender Wurzelarchitektur. (Wurzeln sind im Bild zur besseren Erkennbarkeit gelb eingefärbt)
(Bild: Salk Institute)

Das Team hat dabei entdeckt, dass ein bestimmtes Gen (EXOCYST70A3) die Architektur des Wurzelsystems direkt steuert: Es beeinflusst die Verteilung von PIN4, einem Protein, das wiederum den Auxin-Transport reguliert. Als die Forscher das EXOCYST70A3-Gen änderten, beobachteten sie, dass sich die Richtung des Wurzelsystems verschob und die Wurzeln tiefer in den Boden wuchsen.

Einblicke in die Arbeit der Pflanzenforscher und was sie sich von den Ergebnissen erhoffen finden Sie in diesem Video des Salk Institute's:

„Biologische Systeme sind unglaublich komplex. Es kann daher schwierig sein, die molekularen Mechanismen einer Pflanze mit einer Reaktion der Umwelt in Verbindung zu bringen“, sagt Ogura. „Wir haben nun eine Verbindung hergestellt, wie dieses Gen das Verhalten von Wurzeln beeinflusst. Dadurch haben wir einen wichtigen Schritt aufgedeckt, wie Pflanzen sich durch die Auxin-Signalwege an veränderte Umweltbedingungen anpassen.“

Pflanzen zu besseren Klimaschützern machen

Das Team ist nun in der Lage, Pflanzen zu entwickeln, deren Wurzelsysteme tiefer wachsen und so mehr Kohlenstoff speichern. Damit können diese Pflanzen einen größeren Beitrag zu der CO2-Reduktion leisten als ihre flachwurzelnden Artgenossen.

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Die Ergebnisse der Studie könnten den Forschern aber auch helfen zu verstehen, wie Pflanzen auf saisonale Regen-Schwankungen reagieren. So ließen sich möglicherweise Pflanzen züchten, die sich besser an veränderte Umweltbedingungen anpassen.

„Wir hoffen, dass wir dieses Wissen über die Auxin-Signalwege nützen können, um mehr Komponenten zu entdecken, die mit diesen Genen in Verbindung stehen und die Architektur des Wurzelsystems beeinflussen“, sagt Wolfgang Busch, Associate Professor und Mitglied des Salk’s Plant Molecular and Cellular Biology Laboratory. „Das wird uns helfen, bessere und anpassungsfähigere Sorten von Erntepflanzen wie Sojabohnen und Mais zu schaffen, damit Bauern mehr Nahrung für die wachsende Weltbevölkerung produzieren können.“

Originalpublikation: Takehiko Ogura, Christian Goeschl, Daniele Filiault, Madalina Mirea, Radka Slovak, Bonnie Wolhrab, Santosh B. Satbhai, Wolfgang Busch: Root System Depth in Arabidopsis Is Shaped by EXOCYST70A3 via the Dynamic Modulation of Auxin Transport,Cell Volume 178, Issue 2, P400-412.e16, July 11, 2019; DOI: 10.1016/j.cell.2019.06.021

* M. Tesar, floorfour LifeScience + Health PR, 1040 Wien

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