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Fehlaromen in Speiseöl entschlüsselt Was macht altes Leinöl bitter?

Von Dr. Gisela Olias*

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Leinöl ist gesund und dazu noch lecker – jedenfalls am Anfang. Bei zu langer oder fehlerhafter Lagerung bekommt es einen unangenehm bitteren Geschmack. Was dabei chemisch in dem Öl passiert und wie sich besser lagerfähige Leinöle züchten ließen, haben Forscher aus Freising herausgefunden.

Leinöl wird bei falscher Lagerung schnell bitter. Den Grund haben Wissenschaftler aus Freising erforscht.
Leinöl wird bei falscher Lagerung schnell bitter. Den Grund haben Wissenschaftler aus Freising erforscht.
(Bild: Heike Rau - stock.adobe.com)

Freising – Leinöl ist im Vergleich zu anderen Pflanzenölen besonders reich an lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren und kann daher zu einer gesunden Ernährung beitragen. Frisch gepresst hat es einen delikaten, nussigen Geschmack. In Abhängigkeit von den Lagerbedingungen entwickelt es jedoch relativ rasch eine unangenehme bittere Fehlnote, weshalb Verbraucher angebrochene Ölflaschen entsorgen oder aufgrund bereits gemachter Erfahrungen mit bitter gewordenem Leinöl gar nicht erst kaufen.

Ringmoleküle sorgen für Bittergeschmack

Ein Team unter Führung des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie (Leibniz LSB) an der Technischen Universität München (TUM) hat nun in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik der TUM neue molekulare Details aufgedeckt, die für die Bitterkeit von gelagertem Leinöl relevant sind. Die Erkenntnisse sollen dazu beitragen, geeignete technologische Verfahren oder züchterische Strategien zu entwickeln, die den guten Geschmack des Speiseöls länger erhalten.

Schon frühere Analysen hatten annehmen lassen, dass im gealterten Öl neben oxidierten Fettsäuren auch ringförmige Peptide (Cyclolinopeptide) ursächlich für den Bittergeschmack sind. Diese bestehen aus acht bis neun Aminosäuren und lassen sich in sechs Klassen (1 bis 6) einteilen. Bislang war jedoch unbekannt, welche der 25 menschlichen Bitterrezeptortypen sie stimulieren.

Nur 2 aus 25

Um dies zu ergründen, bestimmte das Forscherteam zunächst mit spektroskopischen Analysemethoden die Konzentrationen der verschiedenen Cyclolinopeptide in frischem sowie acht Monate altem, bei Raumtemperatur gelagertem Leinöl. Ebenso ermittelte es den jeweiligen Gehalt der verschiedenen Oxidationsprodukte. Im Anschluss untersuchten die Wissenschaftler die Wirkung der isolierten nicht-oxidierten als auch oxidierten Peptide auf die unterschiedlichen Bitterrezeptortypen. Hierzu verwendeten sie ein am Leibniz-Institut etabliertes zelluläres Testsystem.

„Wie angenommen, stieg lagerungsbedingt der Anteil der oxidierten Peptide deutlich an“, berichtet Lebensmittelchemiker Oliver Frank vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik. Erstautorin Tatjana Lang ergänzt: „Erstaunlicherweise reagierten aber nur 2 der 25 Bitterrezeptortypen auf die Peptide – insbesondere der TAS2R14.“ Nach Aussage der Forscher enthielten dabei fast alle getesteten Peptide, die in der Lage waren, die Rezeptoren zu aktivieren, ein oder zwei oxidierte Methioninbausteine in ihrer Ringstruktur. Methionin ist eine schwefelhaltige Aminosäure, deren Oxidation zu Methioninsulfoxid oder Methioninsulfon führt.

Die Wissensbasis für neue Sorten ist gelegt

Wie die Studie zeigt, war im gelagerten Öl hauptsächlich ein Methioninsulfoxid-haltiges Oxidationsprodukt der Peptidklasse 4 in relevanten Mengen nachweisbar. Gleichzeitig aktivierte es den Bitter-Rezeptor TAS2R14 sehr stark. „Im Vergleich zu anderen scheint daher dieses Oxidationsprodukt maßgeblich für die bittere Fehlnote verantwortlich zu sein“, sagt Studienleiter Maik Behrens. „Folglich wäre es denkbar, die Geschmacksqualität von gelagertem Leinöl zu optimieren, indem diese Peptidklasse durch züchterische oder technische Maßnahmen im Öl entfernt bzw. deren Gehalt gesenkt wird“, führt der Wissenschaftler aus.

Die Gene, die im Lein bzw. Flachs die Cyclolinopeptide kodieren, sind nach Aussage der Forscher bereits bekannt. Ebenso gebe es Leinsamensorten wie „Flanders“, die im Vergleich zu anderen Sorten weniger Cyclolinopeptide der Klasse 4 enthielten und potenziell als Basis für Neuzüchtungen in Frage kämen, die weniger anfällig für bittere Fehlaromen sind.

Originalpublikation: Lang, T., Frank, O., Lang, R., Hofmann, T., and Behrens, M.: Activation Spectra of Human Bitter Taste Receptors Stimulated with Cyclolinopeptides Corresponding to Fresh and Aged Linseed Oil, J. Agric. Food Chem. 2022, 70, 14, 4382–4390; DOI: 10.1021/acs.jafc.2c00976

* Dr. G. Olias, Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München, 85354 Freising

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