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Notausfahren eines Flugzeugfahrwerks Wechselventile: Damit aus einem Notfall kein Unfall wird!

Autor / Redakteur: Jürgen Prochno* und Thomas Mayer** / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

In Sportflugzeugen und kleinen Geschäftsflugzeugen soll man die Möglichkeit haben, bei einem Ausfall der Fahrwerksfunktion dieses über eine redundante Notbetätigung sicher ausfahren zu können. Wechselventile helfen hierbei.

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Mithilfe von Wechselventilen wird die Notausfahreinrichtung des Fahrwerks bei Kleinstflugzeugen gesteuert.
Mithilfe von Wechselventilen wird die Notausfahreinrichtung des Fahrwerks bei Kleinstflugzeugen gesteuert.
(Bild: © juniart / Fotolia.com, Lee Collage: Bianca Götzelmann)

Ein Albtraum für jeden Piloten – kurz vor dem Landeanflug soll das Fahrwerk ausgefahren werden, doch dies gelingt aus irgendwelchen Gründen nicht. Moderne Flugzeuge sind aber mittlerweile mit verschiedenen Systemen für solche Notfälle ausgestattet. Nur durch zuverlässige, redundante Notausfahreinrichtungen lassen sich solche lebensbedrohlichen Situationen entschärfen.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, setzte man bei Hydraulik-Liftsysteme (HLS), einem mittelständischen Unternehmen im nordbadischem Bruchsal, welches vor 15 Jahren seine Produktpalette der hydraulischen Aufzüge um die Sparte von Hydraulikkomponenten für die Luftfahrt erweiterte, von Anfang an auf die Miniaturventile der Firma Lee.

Vom Produzent für Aufzüge zu Luftfahrtkomponenten

Das 1965 gegründete Unternehmen, welches zunächst Leerflaschen-Transportanlagen produzierte, sich dann aber innerhalb kurzer Zeit zum Spezialisten für hydraulische Lasten- und Personenaufzüge entwickelte, entdeckte kurz nach der Jahrtausendwende den Bereich der hydraulischen Luftfahrtkomponenten.

Seither werden kundenspezifisch fluidtechnische und strukturmechanische Komponenten für die Luftfahrtindustrie entwickelt, hergestellt und vertrieben, wie beispielsweise hydraulische Zylinder, Steuerblöcke, Ventile, Motorpumpen, Tanks und Druckspeicher.

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In diesem Bereich sind zur Zeit rund zehn Mitarbeiter beschäftigt um die Bedürfnisse, des sich im Laufe der Jahre erweiterten Kreises, der vorwiegend aus dem Kleinflugzeugbau stammenden Kunden, zu befriedigen.

Mit Stolz verweist man bei Hydraulik-Liftsysteme auf die große Fertigungstiefe in diesem Bereich. So produziert man neben den vielfältigen Hydraulikzylindern, Ventilen und Steuerblöcken auch die Elektromotoren für die elektrisch angetriebenen Hydraulikpumpen selbst im Haus. Die Zukaufteile sind deshalb meist nur Halbzeuge oder wirklich spezielle Komponenten, wie beispielsweise elektronische Druckschalter, die zumeist kundenspezifisch nach Spezifikation angefertigt werden.

Da bereits Walter Mayer begeisterter Sportflieger war und auch seine Söhne dem Luftsport verbunden sind, besteht auch zu diesem zweiten Standbein eine ebenso starke Verbindung wie zu dem ursprünglichen Produkt des hydraulischen Aufzuges.

Deshalb hielt die Luftfahrthydraulik seither festen Einzug in das Fertigungsprogramm des Unternehmens.

Die Systeme für Fahrwerkshydraulik und Bremsanlagen sind im Regelfall immer redundant ausgelegt. Die Achillesferse hierbei ist immer der verbindende Knotenpunkt dieser beiden unabhängig funktionierenden Kreise. Zur Zusammenführung des „Normal“- und „Emergency“-Kreises setzt man seit Beginn auf die bewährten Wechselventile der Firma Lee. Diese müssen im Notfall den fehlerhaften Kreis schließen und den Emergency-Kreis für die Notfunktion freigeben.

Da diese sicherheitskritischen Elemente im Hydrauliksystem kompromisslos zuverlässig funktionieren müssen und meist der Bauraum extrem beschränkt ist, sind die Miniatur-Wechselventile von Lee die Komponenten der Wahl. Diese präzisen Kleinstventile finden sich im Regelfall in Fahrwerkszylindern oder kleinen Manifolds an Bremssystemen wieder. Während man bei der FW-Hydraulik meist die federvorgespannten Wechselventile der Baureihe SVBA2810118D verwendet, werden bei Bremsanlagen zur Notbremsversorgung im Regelfall die Detended Shuttle Valves der Baureihe SVDA2812313D verbaut. Diese nur wenige Gramm schweren Ventile, welche mit einem Expansionsstift in die spezielle Formbohrung des Gehäuses montiert werden, bieten eine zuverlässige Funktion über ein sehr anspruchsvolles Anforderungsprofil, das u.a. ein Temperaturspektrum von -54 °C bis zu maximal 135 °C erfordert.

In der frühen Phase der Entwicklung konnte die Firma Lee Hydraulische Miniaturkomponenten mit den miniaturisierten Hydraulikventilen der Muttergesellschaft „The Lee Company“ entscheidend zur Verkleinerung der Systeme beitragen. So wurde auch hier ein Wechselventil der Serie SVBA eingesetzt, welches seine Dienste seit Jahrzehnten bereits in zahlreichen Verkehrsflugzeugen der westlichen Welt sicher erfüllt.

Lee: Die Geschichte begann bereits 1948

Nach erfolgreicher Karriere in der Entwicklung von Kraftstoffreglern für Strahltriebwerke gründete Leighton Lee II im Jahre 1948 die Firma The Lee Company. Eine seiner vielen Erfindungen war der Lee-Plug-Verschlussstopfen. Dieser eröffnete neue Perspektiven in der Konstruktion von Ventilblöcken für Hydrauliksysteme in Flugzeugen und vielen anderen Hydrauliksystemen. Das patentierte Expansionsprinzip erlaubte das effiziente Verschließen von Kreuz- und Hilfsbohrungen ohne Gewindeschneiden und O-Ringe. Bis heute wurden mehr als 200 000 000 Lee-Plugs weltweit verarbeitet.

Im Laufe der Jahre wurde das patentierte Expansionsprinzip auf Präzisionsblenden und Drosseln, Rückschlag- und Überdruckventile, Wechselventile und Filtersiebe etc. übertragen. Im Jahr 1974 kamen die ersten Lee-Miniatur-Magnetventile auf den Markt, die zur Grundlage der „Electro Fluidic Systems Division“ (EFS) wurden. Anfangs für die DOD-Printtechnik entwickelt, finden sie heute Anwendungen in den unterschiedlichsten Fluidiksystemen der Medizin/Pharma/Chemie und der Wissenschaft. Sie sind sehr klein, bis 1200 Hz schnell schaltend, verbrauchen wenig Strom und haben darüber hinaus eine außergewöhnlich hohe Lebensdauer.

Weitere Entwicklungen führten zu einer Familie von noch kleineren Ventilen, Mikropumpen und peripheren Komponenten. Diese eröffnen dem Anwender ungeahnte Konstruktionsmöglichkeiten. Die Nachfrage nach innovativen Miniaturkomponenten höchster Qualität und die ständig steigenden Anforderungen an komplexe Hydrauliksteuerungen, führten Anfang der 1990er Jahre zur Entwicklung des Lee-Betaplug-Verschlussstopfens und des Lee-Check-Hochleistungs-Rückschlagventils. Diese bildeten die Grundlage für die „Industrial Micro Hydraulics Division“ (IMH), die am schnellsten wachsende Sparte des Unternehmens.

In kürzester Zeit wurden diese Komponenten weltweit in Anwendungen im Kfz-Bereich, der allgemeinen Industrie, aber auch in der Medizintechnik und im Healthcare-Bereich eingesetzt. Diese drei Grundsäulen des Erfolges gewähren dem Unternehmen auch in schwierigen Zeiten einen sicheren Stand für die Zukunft – Stichwort Diversifikation. n

* J. Prochno: Lee GmbH, 65843 Sulzbach

* *T. Mayer: Hydraulik-Liftsysteme Walter Mayer GmbH, 76646 Bruchsal

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