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Menschengemachter Klimawandel Wenn das Klima baden geht – Häufigkeit mariner Hitzewellen

Von Nathalie Matter*

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In den Sommermonaten spüren wir mehr und mehr, dass es wärmer wird auf der Erde. Doch Hitzewellen treffen nicht nur immer öfter das Festland. Auch unter Wasser zeichnet sich ein deutlicher Trend ab. So sind, einer Studie von Forschern der Universität Bern zufolge, marine Hitzewellen bereits heute 20 Mal häufiger als im vorindustriellen Zeitalter. Ursache ist der menschengemachte Klimawandel.

Diese Darstellung zeigt die monatliche Durchschnittstemperatur der Meeresoberfläche für Mai 2015. Zwischen 2013 und 2016 dominierte eine große Masse ungewöhnlich warmen Ozeanwassers – der so genannte Blob – den Nordpazifik, was hier durch rote, rosa und gelbe Farben angezeigt wird, die für Temperaturen stehen, die bis zu 3 °C über dem Durchschnitt liegen. Die Daten stammen von der NASA.
Diese Darstellung zeigt die monatliche Durchschnittstemperatur der Meeresoberfläche für Mai 2015. Zwischen 2013 und 2016 dominierte eine große Masse ungewöhnlich warmen Ozeanwassers – der so genannte Blob – den Nordpazifik, was hier durch rote, rosa und gelbe Farben angezeigt wird, die für Temperaturen stehen, die bis zu 3 °C über dem Durchschnitt liegen. Die Daten stammen von der NASA.
(Bild: NASA Physical Oceanography Distributed Active Archive Center)

Bern/Schweiz – Wenn in einer bestimmten Meeresregion die Wassertemperatur über eine längere Zeitspanne ungewöhnlich hoch ist, spricht man von einer marinen Hitzewelle oder Meereshitzewelle. Solche Hitzewellen verursachten in den vergangenen Jahren große Veränderungen in den Ökosystemen im offenen Meer und an der Küste.

Die Liste der negativen Auswirkungen ist lang: Marine Hitzewellen können zu einer erhöhten Sterblichkeit bei Vögeln, Fischen und Meeressäugern führen, sie können schädliche Algenblüten auslösen und das Nahrungsangebot im Ozean stark verringern. Zudem verursachen die Hitzewellen Korallenbleichen, lösen Verschiebungen von Fischgemeinschaften in kältere Gewässer aus und tragen möglicherweise zum starken Rückgang des Meereises bei.

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Deutliche Zunahme in nur vier Jahrzehnten

Forscher um die Meereswissenschaftlerin Charlotte Laufkötter von der Universität Bern sind nun der Frage nachgegangen, wie sich der menschgemachte Klimawandel auf große marine Hitzewellen der vergangenen Jahrzehnte auswirkte. In einer nun veröffentlichten Studie kommen Laufkötter und ihre Kollegen zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit von solchen Ereignissen als Folge der globalen Erwärmung massiv zugenommen hat.

Die Analyse hat ergeben, dass die marinen Hitzewellen in den vergangen 40 Jahren in allen Weltmeeren deutlich länger und ausgeprägter geworden sind. „Jüngste Hitzewellen hatten schwerwiegende Folgen für marine Ökosysteme, die danach eine lange Erholungszeit brauchen – wenn sie sich überhaupt je ganz erholen“, sagt die Studienleiterin.

So haben sich die Meereshitzewellen entwickelt

Für die Untersuchungen stützte sich das Berner Team auf Satellitenmessungen der Meeresoberflächentemperatur zwischen 1981 und 2017. Dabei zeigte sich, dass die 27 großen Hitzewellen, die sich im ersten untersuchten Jahrzehnt zutrugen, im Schnitt 32 Tage andauerten. Sie erreichten Höchsttemperaturen von 4,8 °C über der langjährigen Durchschnittstemperatur. Im letzten analysierten Jahrzehnt hingegen kam es zu 172 großen Ereignissen, die durchschnittlich 48 Tage anhielten und Spitzen von 5,5 °C über der langjährigen Durchschnittstemperatur erreichten.

Üblicherweise schwanken die Temperaturen im Meer nur geringfügig. Wochenlange Abweichungen von 5,5 °C sind hingegen eine außerordentliche Veränderung der Lebensbedingungen mariner Organismen. Besonders weil die identifizierten Hitzewellen so groß sind: Sie erstrecken sich oft über eine Fläche von 1,5 Millionen Quadratkilometer – das ist rund vier Mal so groß wie Deutschland.

Ausschlaggebend ist der Mensch

Für die sieben marinen Hitzewellen mit den größten Auswirkungen führten die Forscher so genannte Attributionsstudien durch. Mithilfe von statistischen Analysen und Klimasimulationen wird dabei abgeschätzt, inwieweit der vom Menschen verursachte Klimawandel für das Auftreten individueller Wetter- oder Klimaextreme verantwortlich ist. Attributionsstudien zeigen typischerweise, wie sich die Häufigkeit von Extremen durch den menschlichen Einfluss verändert hat.

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Gemäß den Ergebnissen der Attributionsstudien sind die großen marinen Hitzewellen aufgrund des menschlichen Einflusses über 20 Mal häufiger geworden. Kamen sie in vorindustrieller Zeit alle hundert oder tausend Jahre vor, werden sie künftig je nach Fortschreiten der globalen Erwärmung zum Normalfall. Gelingt es, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu beschränken, treten die Hitzewellen einmal pro Jahrzehnt oder Jahrhundert auf. Steigen die Temperaturen jedoch um 3 °C, ist in den Weltmeeren jährlich oder alle zehn Jahre mit Extremsituationen zu rechnen. „Um das Risiko von nie dagewesenen marinen Hitzewellen zu reduzieren, sind unbedingt ehrgeizige Klimaziele nötig“, betont Laufkötter. „Nur so lässt sich verhindern, dass einige der wertvollsten marinen Ökosysteme unwiderruflich verloren gehen.“

Originalpublikation: Charlotte Laufkötter, Jakob Zscheischler, Thomas L. Frölicher: High-impact marine heatwaves attributable to human-induced global warming, Science 25 Sep 2020: Vol. 369, Issue 6511, pp. 1621-1625. DOI: 10.1126/science.aba0690

* N. Matter, Universität Bern, 3012 Bern/Schweiz

(ID:46892350)

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