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Europa impft What's up – Corona-Impfstoffe mit EU-Zulassung

Von Dr. Ilka Ottleben

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Im Dezember vergangenen Jahres ging es auch in Deutschland los mit der Impfung gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2. Welche Impfstoffe sind zugelassen, welche stehen kurz davor, wie werden sie produziert und wie gut schützen welche Präparate vor einer Covid-19-Erkrankung? Das und mehr lesen Sie hier.

Abb. 1: Die wichigste Waffe im Kampf gegen das Coronavirus – in Europa und derWelt – ist eine wirksame Impfung.
Abb. 1: Die wichigste Waffe im Kampf gegen das Coronavirus – in Europa und derWelt – ist eine wirksame Impfung.
(Bild: © Viacheslav Lopatin; beugdesign - stock.adobe.com)

Einen Tag nach Weihnachten – am 27. Dezember 2020 wurden die ersten Menschen in Deutschland gegen Covid-19 geimpft. Für manch einen der ersten Impfkandidaten vielleicht ein verspätetes Weihnachtsgeschenk. Für viele sicherlich ein lang ersehnter Stichtag, der – so die Hoffnung – einen Weg zurück in die (neue) „Normalität“ ebnen kann. Voraussetzung: Möglichst viele Menschen – in Deutschland und weltweit – müssen sich gegen SARS-CoV-2 impfen lassen. Denn nur wenn etwa 70 Prozent der Bevölkerung gegen das neue Coronavirus immun sind, entzieht man dem Virus die für ihn lebensnotwendige Grundlage: anfällige Menschen. Es ist dies die einzige Chance, das Infektionsgeschehen so stark einzudämmen, dass die Pandemie zu einem Ende kommen kann. Auch einer weiteren Veränderung des Virus durch Mutation kann nur so entgegengewirkt werden.

Ein Teil der Bevölkerung verfügt durch eine überstandene Infektion vermutlich bereits über einen Schutz vor Erkrankung. Nichtsdestotrotz ist eine Impfung natürlich das Mittel der Wahl, um einen gesicherten Impfschutz zu erreichen. Vor diesem Hintergrund erfreulich sind die im Februar veröffentlichten Ergebnisse einer Studie des IT-Branchenverbandes Bitkom. Nach anfänglicher Impfskepsis würden sich hiernach inzwischen 72 Prozent der Deutschen gegen das Coronavirus impfen lassen. Dies geht aus einer Umfrage unter mehr als 1000 Personen hervor.

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Allen voran dürfte ein gewisser „Leidensdruck“ durch Kontaktbeschränkungen und andere „Corona-Maßnahmen“ zur Impfbereitschaft beitragen, jedoch sicher auch eine verstärkte Aufklärungsarbeit, erste Impferfahrungen sowie eine stetig wachsende Datenlage rund um die Corona-Impfung. Hier wollen wir anknüpfen und Sie mit diesem Artikel auf den neuesten Stand rund um das Thema Corona-Impfung bringen.

Welche Corona- Impfstofftypen gibt es?

Stand Anfang März 2021 sind in der Europäischen Union drei Covid-19-Impfstoffe zur Anwendung an Menschen ab 16 bzw. 18 Jahren zugelassen und werden angewendet. Weitere Impfstoff-Kandidaten befinden sich in fortgeschrittenen Phasen der klinischen Erprobung. Darunter sind auch solche, für die bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens Unterlagen eingereicht oder ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Für einen Impfstoff des Tübinger Unternehmens Curevac beispielsweise sollen die für die Zulassung notwendigen Daten voraussichtlich im April 2021 bei der EMA eingereicht werden. Es lassen sich grundsätzlich drei Impfstoff-Typen unterscheiden:

  • Impfstoffe auf der Basis von Vektorviren
  • Totimpfstoffe (Protein- oder inaktivierte Impfstoffe) sowie
  • mRNA/DNA-Impfstoffe

Das Grundprinzip ihrer Wirkung ist immer gleich: Durch die Impfstoffe werden unserem Immunsystem Teile (Antigene) des neuartigen Coronavirus präsentiert. Bei den derzeit verfügbaren Impfstoffen handelt es sich dabei meist um ein bestimmtes Hüllprotein des Virus, das so genannte Spike-Protein. Das Immunsystem erkennt das Antigen als fremd an und bildet als Reaktion Antikörper und T-Zellen, die im Idealfall vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 schützen.

Wie die verschiedenen Impfstofftypen funktionieren

mRNA-Impfstoffe: Sie enthalten keine (inaktivierten) Krankheitserreger oder deren direkten Protein-Bestandteile als Antigene. Stattdessen bestehen sie aus Teilen der Erbinformation eines bestimmten Virusproteins (üblicherweise des Spike-Proteins), die sie in Form von mRNA enthalten. Nach der Impfung nehmen einige Körperzellen die mRNA auf. Für den Transfer in die Zelle ist diese in feinste Lipidtröpfchen verpackt. In den Körperzellen angekommen, dient die mRNA der zelleigenen Proteinsynthese-Maschinerie dann als Vorlage, um die Virusproteine – die Antigene – selbst zu produzieren. Sie aktivieren in der Folge das Immunsystem und erzeugen die schützende Immunantwort.

mRNA-Impfstoffe sind vergleichsweise einfach über die genutzte Plattformtechnologie unter Verwendung von Lipidnanopartikeln zu produzieren. Sind die technischen Voraussetzungen und das Know-how dazu vorhanden und die regulatorischen Anforderungen erfüllt, können so theoretisch viele Millionen Impfdosen in nur wenigen Wochen hergestellt werden. Auch Anpassungen des Impfstoffs an veränderte Virusmutationen sind bei dieser Technologie in relativ kurzer Zeit möglich. Es gibt nach heutigem Wissensstand keine Anzeichen, dass mRNA-Impfstoffe die Gene des Menschen beeinflussen.

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Manko der bisher zugelassenen mRNA-Impfstoffe: RNA ist ein sehr empfindliches Molekül, das bei Raumtemperatur nicht lange stabil bleibt. mRNA-Impfstoffe müssen daher i. d. R. tiefgekühlt werden (s. Tab. 1), was die Verteilung der Impfstoffe erschwert. Dem Tübinger Unternehmen Curevac ist es nach eigenen Angaben durch einen veränderten Herstellungsprozess gelungen, einen mRNA-Impfstoff zu entwickeln, der bei Kühlschranktemperatur mindestens drei Monate lang stabil bleibt und als gebrauchsfertiger Impfstoff 24 Stunden bei Zimmertemperatur gelagert werden kann.

Vektor(basierte) Impfstoffe: Träger- oder Vektorviren dieser Impfstoffe sind z. B. Adenoviren, die für Menschen harmlos sind. Oft handelt es sich um modifizierte Viren, die z. B. bei Schimpansen Erkältungen auslösen. Das Impfvirus vermehrt sich im menschlichen Körper nicht und kann somit keine Erkrankung auslösen. Nach der Impfung gelangt das Impfvirus mit dem Gen für i. d. R. das Spike-Protein von SARS-CoV-2 in einige wenige menschliche Körperzellen. Die Zellen verwenden das Gen zur Herstellung des Spike-Proteins.

Auch die Impfstoffe gegen Ebola, die die Europäische Kommission in den letzten Jahren europaweit zugelassen hat, sowie der russische Corona-Impfstoff Sputnik V (s. LP-Info-Kasten) beruhen auf diesem Wirkprinzip. Die Impfstoffe sind unempfindlicher als mRNA-Impfstoffe und müssen meist nicht tiefgekühlt gelagert werden, was die Verteilung und Verimpfung erleichtert.

Totimpfstoffe: Dieser Impfstofftyp enthält inaktivierte Krankheitserreger, die aber nicht vermehrungsfähig und somit auch nicht infektiös sind oder aber biotechnologisch hergestellte und aufgereinigte Virus-Proteine.

Der russische Impfstoff Sputnik V

Ohne abgeschlossene Phase-III-Studien, wurde in Russland der Impfstoff aus den Impfstoffkandidaten Gam-Covid-Vac und Gam-Covid-Vac Lyo des russischen Gamaleya Research Institute of Epidemiology and Microbiology am 11. August 2020 unter dem Namen Sputnik V zugelassen. Laut Registrierungsbescheinigung des Gesundheitsministeriums der russischen Föderation ist der Impfstoff als Prime-Boost-Immunisierung zugelassen. Hierbei wird an Tag 1 eine erste Komponente geimpft und an Tag 21 erst die zweite Komponente verabreicht. Durch eine Kombination unterschiedlicher Immunogene soll eine additive oder synergistische Wirkung auf das Immunsystem erzielt werden. Ende August startete eine klinische Phase-III-Studie (NCT04530396) mit 40.000 Teilnehmern. Am 2. Februar 2021 veröffentlichte das Fachjournal The Lancet eine Interimsanalyse der Phase-III-Studie an 19.866 Probanden, von denen rund 14.964 den Impfstoff und 4902 Placebo erhalten hatten. Demnach weist der Impfstoff eine Wirksamkeit von 91,6% (95% CI 85,6–95,2) auf. (Quelle www.gelbe-liste.de). Stand Ende Februar 2021 haben 38 Länder Sputnik V mittlerweile zugelassen; mit Ungarn ist auch ein EU-Land darunter, das die Prüfung der EU-Arzneimittelagentur EMA nicht abwarten wollte.

In Europa zugelassene Corona-Impfstoffe

In Europa stehen (Stand Redaktionsschluss 19. März) vier zugelassene Impfstoffe zur Verfügung, zwei mRNA-Impfstoffe und zwei vektorbasierte Impfstoffe.

  • der mRNA-Impfstoff Comirnaty (BNT162b2) des deutschen Unternehmens Biontech in Kooperation mit Pfizer,
  • der mRNA-Impfstoff Covid Vaccine Moderna (mRNA-1273) des US-Herstellers Moderna und
  • der verktorbasierte Impfstoff Covid-19 Vaccine Astrazeneca – Astrazeneca (AZD1222) des britisch-schwedischen Unternehmens Astrazeneca
  • Am 11. März 2021 hat die Europäische Kommission außerdem dem von Janssen Pharmaceutica NV, einem Unternehmen der Pharmasparte des Konzerns Johnson & Johnson, entwickelten Covid-19-Impfstoff eine bedingte Zulassung erteilt

Die wesentlichsten Fakten zu den ersten drei genannten Impfstoffen, die bereits länger in Europa im Einsatz sind, sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Die drei derzeit in Europa eingesetzten Impfstoffe im Überblick (Stand 19. März 2021)
Tabelle 1: Die drei derzeit in Europa eingesetzten Impfstoffe im Überblick (Stand 19. März 2021)
(Bild: LP)

Der vektorbasierte Impfstoff von Johnson & Johnson soll seine volle Wirkung schon nach Verabreichung einer Dosis entfalten. Zudem muss das Präparat nicht tiefgefroren gelagert werden. Auch er basiert auf einem Schimpansen-Adenovirus. Deutschland hat sich aus EU-Verträgen rund 37 Millionen Dosen dieses Impfstoffes gesichert.

Für den zu erwartenden mRNA-Impfstoff des Tübinger Unternehmens Curevac hat sich Deutschland aus den EU-Verträgen und auf eigene Initiative 50 Millionen Dosen gesichert mit einer zusätzlichen Option auf 20 Millionen Dosen. Die bisher von der Bundesregierung bestellten Impfstoff-Kontingente sind in Abbildung 2 dargestellt.

Wie errechnet sich die Wirksamkeit?

Am Beispiel des Impfstoffes von Biontech/Pfizer sei hier verkürzt dargestellt wie sich die Wirksamkeit von Impfstoffen berechnet: In der Impfstoffstudie von Biontech/Pfizer wurden die Proband*innen in zwei Gruppen aufgeteilt – eine Placebo-Gruppe und eine Gruppe, die den Impfstoff von Biontech/Pfizer erhielt. Die Proband*innen selbst, hatten keine Kenntnis welcher Gruppe sie angehörten. Im Verlauf der Studie wurde dann beobachtet, wie viele der Proband*innen an Covid-19 erkrankten.

Ergebnis der Studie: Die Gruppe der Covid-19-Erkrankten bestand zu 95 Prozent aus Personen, die den Placebo-Impfstoff erhalten hatten und nur zu fünf Prozent aus den Proband*innen, die den Biontech/Pfizer-Impfstoff bekommen hatten. Daraus lässt sich schließen, dass die Impfung mit diesem Covid-19-Impfstoff rund 95 Prozent der Covid-19-Erkrankungen verhindert hat. Daher spricht man von einer Impfeffektivität von rund 95 Prozent. Wie lange der Impfschutz bei den verfügbaren Impfstoffen anhält, ist derzeit allerdings noch nicht bekannt.

Aktueller Impfstatus für Deutschland

Bis zum 23. April 2021 wurden in Deutschland 25.491.976 Dosen Impfstoff geliefert. Hiervon stammen 17.621.176 Dosen vom Hersteller Biontech/Pfizer, 5.995.200 Dosen von Astrazeneca und 1.875.600 Dosen von Moderna.

Bis zum 23. April sind nun 5.855.864 Personen (7,0 % der Gesamtbevölkerung) vollständig geimpft. Insgesamt haben 18.965.663 Personen mindestens eine Impfdosis erhalten.

Den aktuellen Impfstatus für Deutschland zeigt das Impfdashboard der Bundesregierung.

Anmerkung der Redaktion: Alle hier gemachten Aussagen, Daten und Zahlen beruhen auf dem vorliegenden Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels.

* Dr. I. Ottleben: Redaktion LABORPRAXIS, E-Mail: ilka.ottleben@vogel.de

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