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Nachhaltige Flugzeugtreibstoffe wirken doppelt Wie Flugspuren am Himmel klimafreundlicher werden

Redakteur: Christian Lüttmann

Als im Corona-Lockdown die Flugzeuge am Boden blieben, war das nicht nur für die CO2-Bilanz von Vorteil. Auch das Fehlen von Kondensstreifen am Himmel war ein Pluspunkt. Denn Kondensstreifen tragen zur Klimaerwärmung bei. Nun haben Flugversuche von DLR und NASA gezeigt: Nachhaltige Kraftstoffe verringern die Klimawirkung der Kondensstreifen.

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Bei gemeinsamen Flugversuchen 2018 haben DLR und NASA nachgewiesen, dass nachhaltige Kraftstoffe in den Abgasen weniger Eiskristalle in Kondensstreifen zur Folge haben.
Bei gemeinsamen Flugversuchen 2018 haben DLR und NASA nachgewiesen, dass nachhaltige Kraftstoffe in den Abgasen weniger Eiskristalle in Kondensstreifen zur Folge haben.
(Bild: DLR)

Mainz, Köln – Fliegen ist schlecht fürs Klima – und dabei sind nicht einmal die CO2-Emissionen die Hauptursache. Den größten Anteil zur Klimaerwärmung durch die Luftfahrt haben Kondensstreifen. Sie entstehen durch die Rußpartikel, die Flugzeugtriebwerke in die Troposphäre entlassen. Die Partikel wirken als Kondensationskeime für kleine unterkühlte Wassertropfen, die sofort zu Eiskristallen gefrieren und als Kondensstreifen am Himmel sichtbar werden.

Die Eiskristalle der Kondensstreifen können bei feucht-kalten Bedingungen in Höhen von etwa acht bis zwölf Kilometern mehrere Stunden bestehen und hohe Wolken, so genannte Kondensstreifen-Zirren bilden. Diese Wolken können je nach Sonnenstand und Untergrund lokal eine wärmende oder kühlende Wirkung entfalten. Dabei zeigen Forschungsarbeiten, dass global die wärmende Wirkung überwiegt. So treiben Kondensstreifen die Klimaerwärmung an.

Klimafreundlichere Kondensstreifen

Nun haben Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsamen mit der NASA und weiteren Partnern herausgefunden, dass sich die Klimawirkung von Kondensstreifen senken lässt: Mit einer 50-50-Mischung aus Kerosin und nachhaltigem Kraftstoff (SAF) lässt sich die Eiskristallanzahl in Kondensstreifen unter realen Flugbedingungen halbieren. Dies führt zu einer 20 bis 30 Prozent geringeren Klimawirkung der Kondensstreifen.

„Wir konnten bei den gemeinsamen Flugversuchen des DLR und der NASA 2018 eindeutig nachweisen, dass weniger Rußpartikel durch nachhaltige Kraftstoffe in den Abgasen weniger Eiskristalle in Kondensstreifen zur Folge haben“, erklärt Prof. Christiane Voigt vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. Weniger Eiskristalle bedeuten in diesem Fall weniger Energieeintrag durch Kondensstreifen in die Atmosphäre. Damit verringere sich die klimawärmende Wirkung der Kondensstreifen-Bewölkung deutlich, ergänzt die Atmosphärenforscherin.

Nachhaltige Kraftstoffe für die Luftfahrt

Nachhaltige Kraftstoffe können in der Luftfahrt gleich einen doppelten Nutzen haben. Sie vermeiden CO2-Emissionen durch fossile Brennstoffe und verringern die Bildung von Kondensstreifen. Für die Produktion solcher Kraftstoffe sind Pflanzen oder Abfälle als Basis denkbar. In naher Zukunft könnten auch so genannte E-Fuels eine größere Rolle spielen, die mithilfe von regenerativen Energien und nachhaltig gewonnenem „grünen“ Wasserstoff synthetisiert werden.

„Alle diese nachhaltigen Kraftstoffe haben gemeinsam, dass sie ohne zyklische Kohlenwasserstoffe, so genannte Aromate, produziert werden können“, erläutert Dr. Patrick Le Clercq vom DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart. „Weniger Aromate im Kraftstoff bedeutet weniger Ruß in den Emissionen und damit weniger Eiskristalle in den Kondensstreifen. Damit verringern nachhaltige Kraftstoffe die beiden größten klimawärmenden Effekte der Luftfahrt, Kondensstreifen und den CO2-Fußabdruck.“ Dies wirkt sowohl kurzfristig auf die Klimaerwärmung, weil weniger Kondensstreifen auftreten, bringt aber auch langfristig einen wichtigen Gewinn, denn CO2 verbleibt mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre und treibt die Erderwärmung an.

Verfolgungsflug im Abgasstrahl

Die Flugversuche starteten 2018 von der Ramstein Air Base in Rheinland-Pfalz. Mehrfach flog das DLR-Forschungsflugzeug ATRA, ein Airbus A320, mit verschiedenen Kraftstoffmischungen über Deutschland. Darunter befand sich reines Jet A-1 Kerosin als Referenz sowie 70-30- und 50-50-Mischungen von Kerosin und dem nachhaltigen Bio-Kraftstoff Hefa (Hydroprocessed Esters and Fatty Acids). Das NASA-Forschungsflugzeug DC-8 folgte dem A320 mit ein bis zwei Minuten Verzögerung, um Daten über dessen Emissionen und Kondensstreifen zu erfassen. Dabei kamen zahlreiche größtenteils von NASA und DLR installierte Messgeräte zum Einsatz.

Eindrücke der Flugexperimente zeigt dieses Video des DLR:

Partner von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU) brachten ihr Massenspektrometer für Aerosolteilchen „Erica“ (Erc Instument for the Chemical Composition of Aerosols) ins Projekt ein. „Mithilfe von Erica konnten wir die chemische Zusammensetzung einzelner Partikel untersuchen, und dass sowohl in den Abgasen selbst als auch im Inneren der Eiskristalle, die die Kondensstreifen bilden“, erklärt der Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie Stephan Borrmann, der auch Professor am Institut für Physik der Atmosphäre der JGU ist. Sein Team wertet die Daten derzeit aus und plant, sie in Kürze zu publizieren.

In Arbeit: wie grün ist ein Flug ohne Kerosin?

Nach den vielversprechenden Ergebnissen für 50-50-Mischungen aus Kerosin und nachhaltigem Kraftstoff schauen die Forscher nun darauf, wie sich Flüge mit reinem SAF auf die Emissionen und Kondensstreifen auswirken. Dazu fanden kürzlich gemeinsame Flugversuche von Airbus, Rolls-Royce, DLR und weiteren Partnern statt. Bei dem Projekt ECLIF 3 flog ein Airbus A350-900 mit dem reinen nachhaltigen Flugkraftstoff Hefa, verfolgt vom DLR-Messflugzeug Falcon 20-E. Die Daten der Flüge werden derzeit ausgewertet. Weitere Testflüge sind für den Herbst 2021 geplant.

Originalpublikation: Christiane Voigt, Jonas Kleine, Daniel Sauer, Richard H. Moore, Tiziana Bräuer, Patrick Le Clercq, Stefan Kaufmann, Monika Scheibe, Tina Jurkat-Witschas, Manfred Aigner, Uwe Bauder, Yvonne Boose, Stephan Borrmann, Ewan Crosbie, Glenn S. Diskin, Joshua DiGangi, Valerian Hahn, Christopher Heckl, Felix Huber, John B. Nowak, Markus Rapp, Bastian Rauch, Claire Robinson, Tobias Schripp, Michael Shook, Edward Winstead, Luke Ziemba, Hans Schlager & Bruce E. Anderson: Cleaner burning aviation fuels can reduce contrail cloudiness, Communications Earth & Environment (2021) 2:114: DOI: 10.1038/s43247-021-00174-y

(ID:47474218)