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Studie mit fast 12.000 ehemals SARS-CoV-2-Infizierten Wie wahrscheinlich ist Long Covid nach einer Corona-Infektion?

Quelle: Pressemitteilung Universitätsklinikum Freiburg |

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Die Covid-19-Infektion ist überstanden, doch die Beschwerden bleiben – das ist das Dilemma von Long Covid und dem Post-Covid-Syndrom. Wie stark dieses tatsächlich verbreitet ist, haben Forscher in einer groß angelegten Studie mit rund 12.000 Corona-Infizierten untersucht.

Wenn Corona-Symptome länger als vier Wochen anhalten, spricht man von Long Covid.
Wenn Corona-Symptome länger als vier Wochen anhalten, spricht man von Long Covid.
(Bild: Anucha - stock.adobe.com)

Im ersten Jahr der Coronapandemie sammelten Wissenschaftler in Baden-Württemberg Daten zu Corona-Erkrankten in der Epiloc-Studie (Epidemiology of Long Covid). Insgesamt 11.536 von gut 50.000 angefragten Menschen nahmen daran teil. Voraussetzung war, dass die Personen zwischen dem 1. Oktober 2020 und dem 1. April 2021 in einem SARS-CoV-2-PCR-Test positiv getestet wurden und im Alter zwischen 18 und 65 Jahren waren. Sie wurden nach Art und Stärke von Beschwerden befragt, die nach der akuten Infektion auftraten, sowie nach Änderungen in ihrer Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit. Das Ergebnis: Etwa ein Viertel aller Epiloc-Studienteilnehmer leidet sechs bis zwölf Monate nach einer Corona-Infektion unter erheblichen Symptomen, die die Gesundheit sowie die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen.

„Obwohl wir die Tendenz vermutet hatten, waren wir doch sehr erstaunt, wie viele jüngere Personen mit zunächst unkomplizierter akuter SARS-CoV-2-Infektion ein Risiko für Long Covid haben“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Winfried Kern von der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg. An der Studie waren außerdem die Universitäten Heidelberg, Tübingen und Ulm beteiligt. Die Studie wurde mithilfe der lokalen Gesundheitsämter im Umkreis der Universitätsstandorte durchgeführt.

Was ist der Unterschied zwischen Long Covid und Post-Covid?

Nach aktuellen Leitlinien wird je nach Zeitraum, in dem die Beschwerden bestehen, von „Long Covid“ oder „Post-Covid“ gesprochen:

Unterscheidung Long-Covid und Post-Covid-Syndrom (Screenschot aus dem Youtube-Video <a href="https://www.youtube.com/watch?v=tz7ct75Ak6I" style="FONT-SIZE: 14px; COLOR: #002a68; TEXT-DECORATION: underline; LINE-HEIGHT: 19px" target="_blank">Long-COVID / Post-COVID | DGP</a>).
Unterscheidung Long-Covid und Post-Covid-Syndrom (Screenschot aus dem Youtube-Video Long-COVID / Post-COVID | DGP).
(Bild: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie)

  • Long Covid: Die Symptome nach einer Infektion oder Erkrankung sind auch nach mehr als vier Wochen noch nicht abgeklungen.
  • Post-Covid-19-Syndrom: Mehr als zwölf Wochen nach der Infektion oder Erkrankung bestehen noch immer anderweitig nicht erklärbare Symptome oder es treten neue auf.

Quelle: www.zusammengegencorona.de

Diese Symptome sind typisch für Post-Covid

Die laut der Studie häufigsten Beschwerden in der Zeit sechs bis zwölf Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion sind die folgenden:

  • 37,2 %: chronische Müdigkeit/Erschöpfung
  • 31,3 %: Konzentrationsschwierigkeiten oder Gedächtnisstörungen
  • 30,2 %: Atembeschwerden und Kurzatmigkeit
  • 23,6 %: veränderter Geruchssinn
  • 21,1 %: Ängste und depressive Symptome

Weitere häufig genannte Symptome, die zwischen 10 und 20 % der Studienteilnehmer angaben, sind:

  • 19,9 %: Kopfschmerzen und Schwindel
  • 16,8 %: Muskel und Knochenschmerzen
  • 13,9 %: Symptome der oberen Atemwege
  • 10,1 %: Unwohlsein oder Parästhesie (Kribbeln, Taubheitsgefühl)

51% der Deutschen kurieren Corona nicht richtig aus
51% der Deutschen kurieren Corona nicht richtig aus
(Bild: Statista)

Verbreitung von Post-Covid in der Bevölkerung

Der Erstautor der Studie Dr. Raphael Peter vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm berichtet. „Neurokognitive Beeinträchtigungen neben chronischer Müdigkeit hingen am stärksten mit einer verminderten Gesundheit und reduzierten Arbeitsfähigkeit bei Long-Covid zusammen. Und auch wenn wir eine mögliche Verzerrung durch eine selektive Teilnahme an der Studie annehmen müssen, bleibt trotzdem eine erhebliche Krankheitslast zurück.“ Die Studie hatte erstmals auch die minimal möglichen Häufigkeiten berechnet unter der Annahme, dass alle Nichtteilnehmer keine Beschwerden hatten. „Eine extreme Annahme, aber die Wahrheit liegt wie oft irgendwo zwischen diesen Werten und den errechneten Häufigkeiten der Studienteilnehmer*innen“, sagt Peter.

Konkret ermittelten die Forscher in ihrer Studie, dass 28,5 % der Teilnehmer das Post-Covid-Syndrom aufwiesen. Das bedeutet, dass die Teilnehmer mindestens eine mäßige Beeinträchtigung des täglichen Lebens angaben und ihren Gesundheitszustand selbst auf höchstens 80 % wiederhergestellt einschätzten, verglichen mit der Zeit vor der Coronainfektion. Die Minimalschätzung von Post-Covid in der Gesamtbevölkerung beläuft sich laut der Studie auf 6,5 %.

Die Autoren sind überzeugt, dass die Ergebnisse zum besseren Verständnis der persönlichen Risiken und der gesellschaftlichen Folgekosten von Long Covid beitragen werden. Sie können auch helfen, Rehabilitationsmaßnahmen zielgenauer einzusetzen. Ein Teil der Studienteilnehmer wurde bereits in die jeweilige Universitätsklinik eingeladen, um das Krankheitsbild genauer zu untersuchen und die Mechanismen weiter aufzuklären (Epiloc-Phase 2). So sollen auch mögliche Ursachen und der längerfristige Verlauf der Beschwerden weiter geklärt werden.

Originalpublikation: Raphael S Peter et al.: Post-acute sequelae of covid-19 six to 12 months after infection: population based study, BMJ 2022; 379; DOI: 10.1136/bmj‑2022‑071050

(ID:48663593)

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