Kosmische Strahlung Wissenschaftler lösen 50 Jahre altes Rätsel um Weltraumstrahlung
Seit über 50 Jahren beschäftigt Astrophysiker die Frage, woher hochenergetische kosmische Strahlung stammt, ein Beleg blieb bisher aus. Mithilfe des aktuell größtem Observatorium gelang es jetzt Wuppertaler Wissenschaftlern, die Herkunftsfrage zu lösen.
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An der Bergischen Universität in Wuppertal lösten Astroteilchenphysiker jüngst ein 50 Jahre altes Rätsel – die Frage, woher kosmische Strahlung mit Energien, die millionenfach größer sind als die der im Large Hadron Collider des CERN beschleunigten Protonen, stammen. Die Wissenschaftler konnten durch Beobachtung belegen, dass die Strahlung aus entfernten Regionen des Universums jenseits unserer eigenen Galaxie stammen.
Kleinste Teilchen aus fernen Galaxien
Seit den 1960er Jahren ist die Existenz kosmischer Teilchen mit Energien mehrerer Joule (1 Joule ≈ 6 x 1018 eV) bekannt. Immer wieder spekulierten Wissenschaftler, ob diese Teilchen aus unserer eigenen Galaxis, der Milchstraße, stammen oder von entfernten extragalaktischen Objekten zu uns gelangen. Dieses 50 Jahre alte Rätsel wurde nun durch die Beobachtung kosmischer Teilchen einer mittleren Energie von 2 Joule gelöst, die mit dem größten jemals gebauten Observatorium für kosmische Strahlung, dem Pierre-Auger-Observatorium in Argentinien, registriert wurden. Bei diesen Energien ist die Rate ankommender Teilchen von einer Seite des Himmels etwa sechs Prozent erhöht und aus entgegengesetzter Richtung entsprechend erniedrigt, wobei der Überschuss 120° vom galaktischen Zentrum entfernt liegt.
„Eines der aufregendsten Ergebnisse der Astrophysik“
Prof. Dr. Karl-Heinz Kampert, Experimentalphysiker an der Bergischen Universität Wuppertal, kommentiert das Ergebnis begeistert: „Wir sind dem Rätsel, wo und wie diese außergewöhnlichen kleinsten Materie-Teilchen entstehen, nun wesentlich näher gekommen – eine Frage, die für Astrophysiker von großem Interesse ist. Unsere Beobachtung zeigt eindrucksvoll, dass die Orte der Beschleunigung außerhalb der Milchstraße liegen.“
Professor Alan Watson, Ph.D., von der Universität Leeds beschreibt dieses Ergebnis als „eines der aufregendsten Ergebnisse, die wir bisher erreicht haben und es löst eine der Fragestellungen, die wir anvisiert hatten, als das Observatorium von Jim Cronin und mir vor über 25 Jahren konzipiert wurde“.
Was ist kosmische Strahlung?
Die kosmische Strahlung besteht aus Atomkernen der bekannten chemischen Elemente von Wasserstoff (dem Proton) bis hin zu Eisen. Oberhalb von 2 Joule beträgt die Ankunftsrate dieser Teilchen am oberen Rand der Erdatmosphäre nur etwa 1 Teilchen pro km² pro Jahr, oder anders beschrieben, einem Teilchen pro Jahrhundert auf die Fläche eines Fußballfeldes. Derart seltene Teilchen sind nur nachweisbar, weil sie durch sukzessive Wechselwirkungen mit den Atomkernen in der Erdatmosphäre Teilchenkaskaden von Elektronen, Photonen und Myonen erzeugen. Diese Teilchen-Schauer bestehen aus mehr als zehn Milliarden Teilchen und bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit in einer scheibenförmigen Struktur, ähnlich einem Teller mit mehreren Kilometern Durchmesser, durch die Atmosphäre.
Ihr Nachweis geschieht am Pierre-Auger-Observatorium durch das Cherenkov-Licht, das sie in einigen der 1600 Detektoren, die mit jeweils zwölf Tonnen Wasser gefüllt sind, produzieren. Die Detektoren sind auf einer Fläche von 3000 km² im Westen Argentiniens ausgebracht, einem Gebiet größer als die Fläche des Saarlandes. Die mit GPS-Empfängern gemessenen Ankunftszeiten der Teilchen in den Detektoren erlauben es, die Ankunftsrichtungen der Ereignisse mit einer Genauigkeit von besser als einem Grad zu bestimmen.
Die Entdeckung des extragalaktischen Ursprungs
Durch die Untersuchung der Verteilung der Ankunftsrichtungen von mehr als 30.000 kosmischen Teilchen fanden die Wissenschaftler eine signifikante Überhöhung aus einer Richtung, in der die Anzahl an Galaxien höher ist als in anderen Richtungen. Obwohl diese Entdeckung eindeutig den extragalaktischen Ursprung der Teilchen belegt, sind die eigentlichen Quellen noch immer nicht gefunden, da selbst solch energetische Teilchen auf ihrem Weg im Magnetfeld unserer Galaxie um einige 10 Grad abgelenkt werden. Keine realistische Konfiguration des galaktischen Magnetfeldes ist jedoch in der Lage, die beobachtete Richtung mit möglichen Quellen in der galaktischen Ebene oder im Zentrum unserer Galaxis zu assoziieren.
Um die Quellen selbst zu finden, sollen zukünftig noch höherenergetische Teilchen als in dieser Studie verwendet werden. Kosmische Magnetfelder lenken diese Teilchen weniger stark ab, sodass ihre Ankunftsrichtungen noch näher an ihren Entstehungsorten liegen sollten, jedoch ist auch die Ankunftsrate dieser Teilchen noch geringer, sodass weitere Ereignisse gesammelt werden sollen. Mit einer derzeit durchgeführten Erweiterung des Pierre-Auger-Observatoriums soll es zusätzlich ab Ende 2018 auch möglich sein, die Art der Teilchen (von Protonen bis hin zu Eisen) zu bestimmen. Dies wird eine entscheidende Hilfe bei der Suche nach den Quellen der höchstenergetischen Teilchen des Universums sein.
Der Beitrag erschien zuerst auf dem Portal unserer Schwestermarke elektrotechnik.
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