Wussten Sie, dass... – Thema: Blau machen
Blau machen richtige Arbeit war? Vor der industriellen Synthese des bekannten Farbstoffs Indigo wurde Blau noch größtenteils aus Extrakten des Strauches Indigofera tinctoria hergestellt. Nach tagelanger Gärung in großen Bottichen (Küpen) mit einer Mischung aus Wasser und Urin als Reduktionsmittel entstand zunächst die gelbe Indigo-Vorstufe Indoxyl. Darin wurden die einzufärbenden Textilien getränkt und dann zum Trocknen aufgehangen. Mit dem Luftsauerstoff oxidierte das Indoxyl zu Indigo. Da die Färber in dieser Zeit oft mit ihrer Arbeit pausierten, sprechen wir heute von „blau machen“, wenn jemand gerade faulenzt.
Erst mit der chemischen Synthese des Indigos durch Adolf von Baeyer 1878 und die Weiterentwicklungen von Karl Heumann 1900 gelang eine industrielle Alternative der Blaufärbung mit Indigo. Übrigens: in seltenen Fällen synthetisiert der Mensch selbst Indigo – und zwar im Urin. Beim erblich bedingten Tryptophan-Malabsorptions-Syndrom wird die Aminosäure Tryptophan durch Bakterien und die Leber verstoffwechselt und schließlich an Luftsauerstoff zu Indigo-Blau umgewandelt. Diese Stoffwechselkrankheit ist auch als „Blaue-Windeln-Syndrom“ bekannt.
Dr. Christian-Herbert Fischer: Historische organische Farbstoffe, Spektrum der Wissenschaft 10 / 1997, Seite 104
H. Holzgreve: Mit Indirubin und Indigo kommt Farbe in den Urin, MMW - Fortschritte der Medizin volume 161, page 35 (2019); DOI: 10.1007/s15006-019-0954-1 (Bild: © usssajaeree - stock.adobe.com)