Was Bucheckern über die Zeckenpopulation verraten Zeckenvorhersage 2018: Besonders viele Blutsauger
In China feiert man das Jahr des Hundes, in Deutschland muss man das „Zecken-Jahr“ fürchten. Denn Forscher vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung prognostizieren uns für diesen Sommer besonders viele Zecken. Wie man sich am besten vor den krankheitsübertragenden Beißern schützen kann und was Bucheckern mit der Vorhersage der Zeckenpopulation zu tun haben, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Anbieter zum Thema

Braunschweig – Ein Sommerspaziergang durch den Wald oder auch durch den Garten kann unangenehme Folgen haben. Denn auf Büschen, Sträuchern und Gräsern sitzen Zecken. Meist ist es der Gemeine Holzbock, Ixodes ricinus, der geduldig darauf wartet, dass ein Wirbeltier, zum Beispiel ein Mensch, vorbeikommt und ihn mitnimmt. Hat er seinen Platz auf der Haut gefunden, dann sticht er zu und saugt Blut, bis er fast platzt. Zusammen mit seinem Speichel gibt er einen Teil des Blutes allerdings zurück – und dies in einigen Fällen zusammen mit unangenehmer Fracht.
So ist der Gemeine Holzbock der Hauptüberträger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), einer viralen Hirnhautentzündung, die tödlich enden kann. Auch die Borreliose wird von dieser Zeckenart übertragen. Während es für die FSME keine Heilung gibt, aber eine vorbeugende Impfung, gibt es für die Borreliose keinen Impfstoff, aber eine Behandlungsmöglichkeit mit Antibiotika. In jedem Fall ist ratsam, auf Zecken achtzugeben, insbesondere in FSME-Risikogebieten. Dort sind mehr Zecken mit Viren infiziert als anderswo. In welchen Regionen Süddeutschlands das der Fall ist, erfährt man auf der FSME-Karte des Robert-Koch-Instituts.
Neun Jahre Nymphensammeln für ein Vorhersagemodell
Dass es in Deutschland FSME-Fälle durch Zeckenbisse gibt, ist nichts Neues. Doch Privatdozent Dr. Gerhard Dobler warnt: „In diesem Jahr ist das Risiko insgesamt besonders hoch. Wir werden die höchste Zahl an Zecken in den letzten zehn Jahren haben.“ Seit 2009 erforscht der DZIF-Wissenschaftler mit seinem Team am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr die Ausbreitung und Aktivität des FSME-Virus in Deutschland.
Über einen Zeitraum von neun Jahren dokumentierten die Forscher die Zeckenzahlen an einem Infektionsherd in Süddeutschland. Hierfür sammelten sie monatlich die Nymphen des Gemeinen Holzbocks – ein Entwicklungsstadium der Zecken vor dem Erwachsenwerden. Kleiner als ein Millimeter sind diese Jungtiere nur als schwarze Punkte erkennbar und werden oft übersehen. Das macht sie besonders gefährlich, denn bereits in diesem Entwicklungsstadium können sie Krankheiten übertragen.
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass der ausgewählte Infektionsherd in Süddeutschland Modellcharakter hat. „Wenn wir hier viele Zecken haben, dann haben wir diese hohen Zahlen auch anderswo im süddeutschen Raum“, erklärt Dobler.
Wie Bucheckern und Zeckenpopulation verknüpft sind
„Mithilfe der Zeckendaten aus unserem Modell-Herd und anhand von bestimmten Umgebungsparametern konnten die Kollegen der Veterinärmedizinischen Universität in Wien ein Modell entwickeln, das uns schon im Winter auf die Zecken im Sommer vorbereitet“, erklärt Dobler. In das Modell der Münchner und Wiener fließen zum einen die Zahl der Bucheckern zwei Jahre vor dem aktuellen Sommer, sowie die jährliche Durchschnittstemperatur und die Wintertemperatur im Jahr davor ein. Je mehr Bucheckern es zwei Jahre vor dem fraglichen Sommer gibt, umso mehr Wild und Nagetiere haben Futter und dienen wiederum als Überträger der Zecken, die dann ebenfalls vermehrt auftauchen.
Die Zusammenhänge konnten Dobler und Kollegen in ihrem komplexen Modell erfolgreich einsetzen und bereits bestätigen. Für den Sommer 2017 hatten sie 187 Zecken pro standardisierter Fläche vorhergesagt und 180 gefunden. Fast eine Punktlandung. Für 2018 wurde mit 443 Zecken die höchste je gefundene Zeckenzahl vorausgesagt und Dobler weiß mittlerweile, dass sich auch diese Voraussage genau erfüllen wird. „Wir haben die höchste Zahl von Zecken, die wir seit Beginn der Untersuchungen gesammelt haben – gut für die Zecken, schlecht für uns.“
Wachsamkeit und Impfen beugen Infektionsrisiko vor
Mehr Zecken bedeutet immer auch ein erhöhtes Risiko zu erkranken. Borreliose kann deutschlandweit von Zecken übertragen werden und ist in etwa jeder vierten Zecke zu finden – unabhängig von der Region. Hier hilft zur Vorbeugung nur Wachsamkeit nach Waldspaziergängen und Aufenthalten im Freien. Je schneller die Zecke entfernt wird, umso geringer ist die Gefahr an Borreliose zu erkranken. Um der Gefahr einer Hirnhautentzündung vorzubeugen, kann und sollte man sich impfen lassen, so der Appell der Wissenschaftler. Insbesondere im süddeutschen Raum, wo die Dichte an Viren-infizierten Zecken höher ist.
Originalpublikation: Katharina Brugger, Melanie Walter, Lidia Chitimia Dobler, Gerhard Dobler, Franz Rubel: Forecasting next seasons´s Ixodes Ricinus nymphal density: the example of southern Germany 2018. Exp Appl Acarol 30. Mai 2018, DOI: 10.1007/s10493-018-0267-6
* K. Neubert und J. Schmidt, Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, 38124 Braunschweig
(ID:45375904)