Richtig Pipettieren Zehn Fehler beim Pipettieren und wie man sie verhindert
Autor / Redakteur: Peter Pfeiffer und Roman Klinkner* / Dr. Ilka Ottleben
Pipettieren kann jeder, der im Labor arbeitet. Ist das wirklich so? Oder meint nicht vielmehr jeder, richtig pipettieren zu können? Worauf es beim Pipettieren wirklich ankommt und wie sich richtige und reproduzierbare Ergebnisse erhalten lassen, erfahren Sie in unserer Artikelserie. Teil 1: Was Sie schon immer über das Pipettieren wissen wollten.
Kaum eine Tätigkeit ist in Laboren so allgegenwärtig wie das Pipettieren. Vielleicht ein Grund, warum dieser vermeintlich einfachen Aufgabe mitunter recht wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird. Dabei ist sie entscheidend für richtige und reproduzierbare Analysenergebnisse und – es lauern viele Fallstricke. Worauf also ist zu achten? Reicht es, die Pipetten regelmäßig zu kalibrieren? Pipettiere ich wirklich richtig oder was sollte ich an meiner Technik verbessern?
Der erste Teil unserer Artikelserie beschreibt wichtige Grundlagen zu Pipettenarten, ihren Einsatzmöglichkeiten und verschiedenen Pipettiertechniken.
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Kaum eine Tätigkeit ist in Laboren so allgegenwärtig wie das Pipettieren. Vielleicht ein Grund, warum dieser vermeintlich einfachen Aufgabe mitunter recht wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird. Dabei ist sie entscheidend für richtige und reproduzierbare Analysenergebnisse und – es lauern viele Fallstricke. Worauf also ist zu achten? Reicht es, die Pipetten regelmäßig zu kalibrieren? Pipettiere ich wirklich richtig oder was sollte ich an meiner Technik verbessern?
Der erste Teil unserer Artikelserie beschreibt wichtige Grundlagen zu Pipettenarten, ihren Einsatzmöglichkeiten und verschiedenen Pipettiertechniken.
Grundlegende Pipettenarten
Einwegpipetten aus Kunststoff oder aus Glas (Pasteurpipetten) sind für das Transferieren von Flüssigkeiten geeignet. Sie sind günstig in der Anschaffung, erlauben jedoch keine genaue Abmessung des pipettierten Volumens. Eine sehr genaue Volumendosierung ermöglichen die klassischen Glasgeräte wie Mess- und Vollpipetten. Sie sind aber wiederum für kleine Volumina ungeeignet und etwas sperrig im Handling. Volumina über 1 ml lassen sich mit Vollpipetten aus Glas am genauesten pipettieren. Im Mikroliterbereich sollte man hingegen Kolbenhubpipetten verwenden, um präzise Ergebnisse zu erzielen. Diese auch als Marburg-, Mikro- oder Mikroliterpipetten bekannten Pipetten haben sich als Standardwerkzeug in den Laboren etabliert. Kolbenhubpipetten ermöglichen eine bequeme, schnelle und genaue Dosierung insbesondere im Mikroliterbereich.
Wesentliches Konstruktionsmerkmal von Kolbenhubpipetten ist ein beweglicher Kolben mit Feder. Der durch die Bewegung des Kolbens entstehende Hub kann bei Kolbenhubpipetten mit variablem Volumen vom Anwender eingestellt werden und ermöglicht so das schnelle und genaue Pipettieren eines definierten Volumens – meist im Bereich von 10 bis 100% des so genannten Nennvolumens. Kolbenhubpipetten existieren in zwei wesentlichen Bauformen: als Direktverdränger und als Luftpolsterpipette.
Der Direktverdränger hat die einfachste Bauform. Über die Bewegung des Kolbens wird, ähnlich wie bei einer Spritze, das zu pipettierende Medium angezogen; das Medium kommt dabei direkt mit dem Kolben in Kontakt.
Bei der Luftpolsterpipette befindet sich zwischen dem beweglichen Kolben und dem pipettierten Medium ein Luftpolster; das Medium selbst kommt nur mit der Pipettenspitze in Kontakt. Bei wässrigen Medien und Wechsel zwischen verschiedenen Flüssigkeiten sind sie die Pipetten der Wahl.
Luftpolsterpipetten sind die am weitesten verbreitete Bauform. Sie existieren auch als Mehrkanal-Varianten und erleichtern als solche das Pipettieren von Mikrotiterplatten. Weit verbreitet sind 8-Kanal- aber auch 12-Kanal-Pipetten.
Alle hier genannten Pipetten werden ebenso wie Dispenser, Pipettierroboter, Titretten, Pipettierhilfen etc. oft auch unter dem Begriff „Liquid Handling“ zusammengefasst.
Elektronische Pipetten
Die aktuellste Entwicklung am Markt sind elektronische Pipetten. Ihre einfache Handhabung sowie die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten machen sie zu einem praktischen und effizienten Begleiter im Laboralltag. Ihr großer Vorteil ist darin zu sehen, dass sie den Druckpunkt einer Pipette als Fehlerquelle eliminieren, da dieser nicht mehr durch das Fingerspitzengefühl des Labormitarbeiters gefunden werden muss. Vor allem bei Vielpipettierern sind sie beliebt, weil sie der Ermüdung der Hand vorbeugen. Viele elektronische Pipetten bieten auch die Möglichkeit, bei kleinen Volumina als Dispenser eingesetzt zu werden, also mehrfach hintereinander ein definiertes Volumen abzugeben, ohne zwischendurch Flüssigkeit aufnehmen zu müssen.
Diese Vorteile gegenüber manuellen Kolbenhubpipetten sollten vor dem Kauf aber gegen das höhere Gewicht sowie die höheren Anschaffungs- und Reparaturkosten abgewogen werden.
Wahl der „richtigen“ Pipette
Neben den bisher genannten Aspekten muss sich die Auswahl einer Pipette auch an dem zu pipettierenden Medium orientieren. Luftpolsterpipetten sind für den Einsatz bei wässrigen Lösungen konzipiert. Das Luftpolster bedingt eine Abhängigkeit des Pipettierens von physikalischen Messgrößen und chemisch-physikalischen Eigenschaften des Mediums. Flüssigkeiten mit sehr hoher Dichte (z.B. Quecksilber), sehr hoher Viskosität (z.B. Honig) oder sehr hohem Dampfdruck (z.B. Ethanol) sollten daher mit Direktverdrängern pipettiert werden.
Grundsätzlich lässt sich auf zwei verschiedene Arten pipettieren: vorwärts und rückwärts (s. Abb. 3). Im Wesentlichen unterscheiden sich die beiden Techniken durch den Zeitpunkt, an dem der erste und der zweite Druckpunkt genutzt werden. Beim Vorwärts-Pipettieren wird die Pipettenspitze komplett entleert, während beim Rückwärts-Pipettieren ein Teil der Flüssigkeit in der Spitze verbleibt.
Abb. 3B: ... und Rückwärts-Pipettieren
(Bild: Klinkner & Partner)
Die am häufigsten angewandte Pipettiertechnik ist das Vorwärts-Pipettieren, besonders bei wässrigen Flüssigkeiten. Das Rückwärts-Pipettieren bietet Vorteile bei problematischen Flüssigkeiten mit hohem Dampfdruck oder hoher Viskosität. Auch bei stark schäumenden Substanzen erzielt man so die besseren Ergebnisse.
Immer wieder treten dieselben typischen Fehlerquellen beim Pipettieren auf. In der folgenden Auflistung (s. auch Tabelle 1 in der Bildergalerie) wird erläutert, wie die wichtigsten zehn Fehler beim Pipettieren zustande kommen und vor allem, wie Sie sie verhindern.
1. Pipettenwahl Die höchste Genauigkeit besitzen Pipetten nahe ihrem Nennvolumen. Je weiter das pipettierte Volumen von diesem abweicht, desto größer die Ungenauigkeit. Darauf sollten Sie achten: Möglichst nahe am Nennvolumen arbeiten. Beispielsweise sollten 100 µL stets mit einer 100-µL-Pipette und nicht mit einer 1000-µL-Pipette pipettiert werden.
2. Zustand der Pipette Verschmutzungen, Verschleiß und Beschädigungen können zu Undichtigkeiten und verfälschten Ergebnissen führen. Darauf sollten Sie achten: Pipetten pfleglich behandeln, reinigen und regelmäßig warten. Gelegentlich auch innen reinigen und Kolben nachfetten (Handbuch beachten!). Vor Nutzung auf Beschädigungen prüfen.
3. Wahl der Pipettenspitzen Pipettenspitzen von schlechter Qualität können zu Undichtigkeiten führen und damit extrem große Fehler verursachen. Darauf sollten Sie achten: Originalspitzen bzw. vom Hersteller empfohlene Spitzen verwenden. Andere Spitzen auf Eignung prüfen. Die billigsten Spitzen sind selten die besten!
4. Aufsetzen der Pipettenspitzen Falsch sitzende Pipettenspitzen können zu Undichtigkeiten führen. Darauf sollten Sie achten: Spitzen gerade aufsetzen und mit dem richtigen Druck. Das Gefühl dafür kommt mit der Übung. Im Zweifel Dichtheit prüfen.
5. Temperatur Kalte oder warme Flüssigkeiten haben eine andere Dichte. Temperaturunterschiede zwischen Luftpolster und der aufzunehmenden Flüssigkeit führen außerdem zu Volumenänderungen des Luftpolsters. Darauf sollten Sie achten: Pipette und zu pipettierende Flüssigkeit sollten möglichst die gleiche Temperatur haben (Raumtemperatur). Regelmäßiges Zurückhängen der Pipette in ihren Ständer verhindert ein Aufheizen durch Handwärme.
6. Vorkonditionierung Wird die Pipette nicht vorkonditioniert, verdunstet während der ersten Pipettierschritte Flüssigkeit in das Luftpolster. Je niedriger die Luftfeuchte, desto größer ist dieser Effekt. Darauf sollten Sie achten: Pipette zu Arbeitsbeginn mit der zu dosierenden Flüssigkeit vorkonditionieren, d.h. fünfmalige Aufnahme und Abgabe der Flüssigkeit vor dem Pipettieren. Nach jedem Spritzenwechsel Flüssigkeit einmal aufnehmen und abgeben.
7. Druckpunkt Bei mangelnder Erfahrung und Ermüdung der Hand wird der Druckpunkt nicht immer genau getroffen. Darauf sollten Sie achten: Feinfühlig den Druckpunkt ansteuern (nicht zu grob) – Übung macht den Meister! Und dem Daumen auch mal eine Pause gönnen.
8. Eintauchtiefe Bei zu tiefem Eintauchen der Spitze in die Flüssigkeit kann es zu erhöhtem Dosiervolumen kommen. Auch das Risiko von außen anhaftenden Tropfen steigt. Darauf sollten Sie achten: Pipettenspitze bei Aufnahme von Flüssigkeit nur wenige mm eintauchen.
9. Schräghaltung Die Pipette wird bei der Flüssigkeitsaufnahmen schräg gehalten. Darauf sollten Sie achten: Pipette bei Flüssigkeitsaufnahme stets senkrecht halten; bei Abgabe in einem gleichbleibenden Winkel (20 bis 45°).
10. Hektik Zu schnelles Loslassen des Pipettenknopfs beim Ansaugen kann Gasblasenbildung in der Flüssigkeit bewirken. Im Extremfall kann Flüssigkeit in das Innere der Pipette gezogen werden. Bei zu frühem Loslassen können geringe Mengen Flüssigkeit wieder aufgesaugt werden. Darauf sollten Sie achten: Pipettenkopf bewusst eine Sekunde „zu spät“ loslassen und ihn langsam und gleichmäßig zurückgleiten lassen.
Mit den Informationen dieses ersten Artikels sollte es Ihnen gelingen, die häufigsten Fehlerquellen zu vermeiden und so den Pipettierstandard in Ihrem Labor zu festigen und zu verbessern. Die folgenden Beiträge befassen sich mit der Kalibrierung sowie der Wartung und Reparatur von Pipetten. Abschließend erhalten Sie einen Überblick über den Pipettenmarkt.