Alterung von Kunststoffen nachweisen Mit Infrarotspektroskopie den Plastikkillern auf der Spur
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Auch Kunststoffe altern: Umwelteinflüsse wie UV-Licht und Hitze setzen ihrer Struktur zu und können die Leistungsfähigkeit des Materials verringern. Mithilfe infrarotspektroskopischer Methoden lässt sich diese Degradation nicht nur nachweisen – mit einem Infrarotmikroskop lässt sich auch bestimmen, wie tief diese ins Material vorgedrungen ist.

Kunststoffe sind heute ein unverzichtbarer Bestandteil unseres täglichen Lebens. Wir begegnen ihnen überall: in Verpackungen, Elektrogeräten, Kleidung, Fahrzeugen und vielem mehr. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Kunststoffe sind leicht, langlebig, vielseitig und kosteneffizient. Wird Kunststoff jedoch Umwelteinflüssen wie Hitze oder UV-Bestrahlung ausgesetzt, kann es zur Alterung und somit zu einer verringerten Leistungsfähigkeit des Materials kommen.
Ein typisches Beispiel für ein witterungsunbeständiges Polymer ist Polypropylen (PP). Es wird durch die Polymerisation von Propylen hergestellt und zeichnet sich durch gute mechanische Eigenschaften aus, wie eine hohe Schlagzähigkeit sowie eine ausgezeichnete Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung. PP besitzt dabei eine höhere Steifigkeit und Festigkeit als Polyethylen (PE). Gleichzeitig besitzt es ein geringes spezifisches Gewicht und weist eine gute Verarbeitbarkeit auf. Weiterhin ist PP chemisch und gegenüber Hitze beständig.
Aufgrund dieser Vorzüge ist PP ein zentraler Baustoff über zahlreiche Industriezweige hinweg. Als Verpackungsmaterial erlaubt es aufgrund seiner hohen chemischen Resistenz etwa bei Lebensmitteln und Pharmazeutika eine lange Haltbarkeit. In Automobilteilen ist neben den hervorragenden mechanischen Eigenschaften auch das niedrige Gewicht ein großer Vorteil und hilft bei der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs. Dabei ist PP jedoch nur wenig beständig gegenüber UV-Licht und kann sich durch Einwirkung von Sonnenlicht verfärben und seine Hitzebeständigkeit verlieren. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Kunststoffen können durch die Exposition gegenüber UV-Licht und hohen Temperaturen also beeinträchtigt werden, was sich negativ auf die Leistungsfähigkeit und Haltbarkeit der Produkte auswirkt. In Branchen wie der Automobil- oder Verpackungsindustrie, wo Kunststoffprodukte unverzichtbar sind und hohen Anforderungen genügen müssen, können Risse, Verfärbungen und Verformungen die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Produkte beeinträchtigen.
Sichere Plastikanalytik mit ATR-Spektroskopie
Eine Möglichkeit, die Alterung von Kunststoff zu analysieren, ist die Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie (FTIR). Diese hat sich bereits als Standardmethode für die Analytik von Polymeren etabliert. Aufgrund ihrer hohen chemischen Spezifizität erlaubt sie die eindeutige Identifizierung sowohl von Plastik als auch von verschiedensten Ausgangsmaterialien der Kunststoffproduktion. Mithilfe eines Zubehörs für die „Attenuated total reflectance“(ATR-)Methode lassen sich Flüssigkeiten, Pulver und Feststoffe ohne Probenvorbereitung außerordentlich schnell und leicht analysieren. Während der Messung wird die Probe mit einem ATR-Kristall in Kontakt gebracht, sodass Infrarotlicht während der Messung einige Mikrometer tief in die Probe eindringen kann (s. Abb. 1). Anhand der detektierten Infrarotlichtabsorption lässt sich ein Infrarotspektrum erzeugen, welches Auskunft über die chemische Zusammensetzung der Probe gibt. Aufgrund der äußerst leichten Messdurchführung und der hohen chemischen Spezifizität wird die ATR-Analytik weithin für Routineaufgaben wie Identifikation, Qualitätssicherung und Wareneingangskontrollen über viele Industriezweige hinweg eingesetzt.
Die Plastikkiller: UV-Licht und Hitze
Wird Plastik durch UV-Licht oder Erhitzen belastet, kommt es zu chemischen Änderungen, die sich mithilfe der FTIR-Spektroskopie nachweisen lassen. In Abbildung 2 ist gezeigt, wie sich das PP-Spektrum im Laufe von UV-Einstrahlung verändert. Auffällig sind u. a. die Ausbildung von O-H- und C=O-Banden, die infolge so genannten oxidativen Abbaus entstehen. Diese Zersetzung beginnt mit der wärme- oder UV-lichtinduzierten Bildung von kohlenstoffzentrierten Radikalen aufgrund der Dissoziation von Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen. Wenn diese Radikale mit Sauerstoff reagieren, entstehen neben inerten Verbindungen aus Radikalpaaren auch weitere neue reaktive Radikale, was eine Kettenreaktion zur Folge hat. Dieses Aufbrechen und Vernetzen von chemischen Bindungen führt zum Altern des Plastiks und kann die Leistungsfähigkeit des Materials negativ beeinflussen.
Dieses Beispiel zeigt zum einen, dass sich die Intaktheit und Qualität von Plastik mithilfe der FTIR-Spektroskopie qualitativ bestimmen lässt. Darüber hinaus wird jedoch deutlich, dass eine korrekte Identifikation von degradiertem Plastik aufgrund der starken Änderung in den Spektren durchaus ein Problem darstellen kann. Spektrenbibliotheken für degradiertes Plastik können dabei helfen, gealtertes Plastik korrekt zu identifizieren. Shimadzu bietet deshalb die UV-Damaged Plastics Library mit über 200 Spektren von 14 Plastiksorten, die auf das Äquivalent von rund zehn Jahren Sonnenlichteinstrahlung gealtert wurden. Die Shimadzu Thermal Damaged Plastics Library enthält über 100 Spektren von 13 Plastiksorten, die auf bis zu 200 bis 400 °C erhitzt wurden.
Tiefe Einblicke: Die Infrarotmikroskopie von Kunststoffen
Mithilfe eines FTIR-Mikroskops lassen sich Proben mit einer hohen örtlichen Auflösung analysieren. Selbst Proben und Probenareale von weniger als zehn Mikrometern sind so messbar, wodurch sich z. B. Kontaminationen oder Fehlstellen aus dem Produktionsprozess diagnostizieren lassen. Darüber hinaus lässt sich durch FTIR-mikroskopisches Abrastern die chemische Verteilung und Konsistenz einer Probe mit außerordentlich hoher Auflösung aufklären. Um die Widerstandsfähigkeit einer Polypropylen-Probe gegenüber UV-Einstrahlung zu untersuchen, wurde deshalb die FTIR-Mikroskopie verwendet.
Wie in Abbildung 3 gezeigt, wurde zur Probenvorbereitung mit einem Mikrotom ein Querschnitt der Probe genommen, wodurch sich das Innere der Probe infrarotmikroskopisch analysieren lässt. Ausgehend von der UV-bestrahlten Seite wurden FTIR-Spektren bis ca. 300 µm ins Innere der Probe aufgenommen. Dabei wurde ein Areal von 280 x 280 µm mit 49 Einzelschritten und einer Apertur von 40 x 40 µm abgerastert. Die Messungen wurden in Reflexion durchgeführt, was die bereits spröde Probe im Gegensatz zur ATR-Spektroskopie nicht mechanisch belastet.
Zwei Beispielspektren sind in Abbildung 4 gezeigt. Das schwarze Spektrum entspricht weitestgehend unbeschädigtem Polypropylen im Inneren der Probe. Das rote Spektrum wurde näher an der UV-bestrahlten Oberfläche aufgenommen und zeigt die typischen Auswirkungen von oxidativem Zerfall. Bei 3.400 cm-1 zeigt sich die Ausbildung einer OH-Bande, während die Bande bei 1.750 cm-1 C=O zugeordnet werden kann. Somit konnte die Änderung der chemischen Zusammensetzung der Probe aufgrund von UV-Degradation eindeutig nachgewiesen werden.
Um den Fortschritt der Degradation aufzuzeigen, wurden die Spektren mithilfe der chemischen Bildgebung (sog. Mapping) direkt auf dem gemessenen Probenabschnitt visualisiert (s. Abb. 4, links). Die linke Seite des Querschnitts entspricht dabei der UV-bestrahlten Seite. Um eine chemische Bildgebung zu erhalten, wurde die Intensität des C=O-Peaks bei 1.750 cm-1 über den abgerasterten Bereich hinweg farblich dargestellt. Die roten Areale weisen die höchsten Intensitäten auf und sind somit mit einem hohen Grad oxidativer Degradation assoziiert. Blaue Areale hingegen deuten auf unbeschadetes Polypropylen hin. Die Mapping-Analyse zeigt, dass die Ausbildung der C=O-Bande auf der UV-bestrahlten Seite (links im Bild) stark ausgeprägt ist. Weiter im Inneren der Probe (weiter rechts im Bild) weisen die weitläufigen blauen Areale auf eine intakte Polypropylen-Zusammensetzung hin. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Degradation bis in eine Tiefe von ca. 200 µm vorgedrungen ist.
Wertvolles Tool für alle Stufen der Produktentwicklung
Durch Verwendung eines Infrarotmikroskops lassen sich kleinste Kontaminationen und Fehlstellen z. B. in Plastikerzeugnissen nachweisen. Dies ist für die Schadens- und Ursachenanalytik in der Produktion von hohem Wert und kann dabei helfen, kostspielige Reklamationen zu verhindern. Darüber hinaus ist die Infrarotmikroskopie von unschätzbarem Wert in Forschung und Entwicklung von widerstandsfähigeren Werkstoffen. Die hier durchgeführten Beispielmessungen können bei der Formulierung von witterungsbeständigen und somit langlebigeren Produkten entscheidend helfen.
UV- und thermische Einflüsse können die Eigenschaften von Plastik negativ beeinflussen und dessen Lebenszeit verkürzen. Wie am Beispiel von Polypropylen gezeigt, wirken sich die chemischen Veränderungen im Material darüber hinaus stark auf die erhaltenen FTIR-Spektren aus. Durch Verwendung der Shimadzu UV- und Thermal Damaged Plastic Libraries lässt sich beschädigtes Plastik trotzdem sicher identifizieren.
Das neue IRXross ist sowohl mit einem ATR-Zubehör als auch mit einem Infrarotmikroskop erweiterbar. Durch diese 2-in-1-Lösung bietet es hochsensitive Analytik für alle Stufen der Produktentwicklung auf kleinstem Raum.
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