Elementanalyse in prähistorischem Einschlagskrater Asteroidenstaub überführt „Dinosaurier-Killer“ aus dem All
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Die geläufigste Theorie zum Aussterben der Dinosaurier ist ein Asteroideneinschlag. Doch erst jetzt ist quasi der finale Beweis dazu erbracht: Forscher unter Beteiligung der Universität Wien haben Bohrkerne von dem fraglichen Krater analysiert und Meteoriten-Staub nachgewiesen, der mit Spuren in Gesteinen der Kreide-Paläogen-Grenze zusammenpasst – also dem Ende der Dinosaurier-Ära.

Wien/Österreich – Vor 66 Millionen Jahren hat ein Massenaussterben das Leben auf der Erde verändert. Mehr als zwei Drittel aller damals lebenden Arten starben aus, u.a. die Dinosaurier. Den ersten konkreten Hinweis auf eine Erklärung dieses Massensterbens fand man Ende der 1970er Jahre in Sedimentschichten in Italien und Spanien, wo eine sehr dünne Schicht aus Tonmineralien die Grenze zwischen der Kreidezeit und dem Paläogen markiert.
In diesen „Grenzschichten“ wies man später hohe Konzentrationen von Iridium und anderen so genannten Platinmetallen nach – seltene Metalle, die in relativ hohen Konzentrationen in Meteoriten vorkommen, aber nur in sehr geringen Konzentrationen in Gesteinen der Erdoberfläche. Experten erklären diese Tonschicht damit, dass sie sich aus Staub gebildet hat, der durch den Einschlag und die Verdampfung eines etwa 12 km großen Asteroiden entstanden ist. Dieser Befund wurde in den frühen 1990er Jahren bestätigt, als man den etwa 200 km großen Einschlagskraters Chicxulub entdeckte, der unter der Halbinsel Yucatán in Mexiko begraben liegt.
800 Meter Vergangenheit
Erst in diesem Jahr haben Wissenschaftler das letzte Beweisstück identifiziert, das das globale Massenaussterben mit dem Asteroideneinschlag in Verbindung bringt: Sie haben die globale Asteroidenstaubschicht nämlich bis ins Innere des Chicxulub-Einschlagskraters zurückverfolgt.
Im Mai 2016 nahm ein Forscherteam unter Beteiligung der Technischen Universität Wien Bohrproben aus einem Ring von Hügeln – einem so genannter Peak-Ring –, der das Zentrum des Kraters in Mexiko umgibt. Bei dieser Bohrung wurden ca. 835 Meter Gestein an die Oberfläche gebracht, die neue Informationen über die Vorgänge in der Kraterregion während und unmittelbar nach dem Asteroideneinschlag lieferten. Basierend auf einer umfangreichen geochemischen Analyse dieses Teils des Bohrkerns fanden die Forscher die höchsten Konzentrationen von Iridium in einem tonreichen Intervall in Sedimenten, die den inneren Kraterring bedecken – direkt unter Kalkstein aus dem frühesten Paläogen vor rund 66 Millionen Jahren.
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Prähistorische Klimakatastrophe
Was geschah beim größten Massensterben der Erdgeschichte?
Außerirdisches Iridium im Krater
Da Iridium ein Element ist, das in diesem Zusammenhang aufgrund seiner geringen Konzentrationen schwierig zu messen ist, wurden in der aktullen Arbeit Ergebnisse von vier unabhängigen Laboren aus der ganzen Welt kombiniert. An der TU Wien wurde nicht nur die Konzentration des seltenen Elements Iridium gemessen, sondernman analysierte auch die Gehalte der anderen Platinmetalle und die Isotopenverhältnisse des selteneren Platinmetalls Osmium, welche für meteoritische Kontaminationen charakteristisch sind.
„Unsere Messungen konnten eindeutig zeigen, dass innerhalb des Kraters eine Schicht erhalten ist, die Iridium und andere Platinmetalle enthält“, sagt Dr. Christian Köberl, Leiter des Bohrprojektes und Professor für Impaktforschung und Planetare Geologie an der Universität Wien. „Dieser meteoritische Staub hat sich nach dem Einschlag viele Jahre in der Atmosphäre gehalten und ist erst einige Jahrzehnten nach dem Einschlagsereignis wieder in den Krater zurückgefallen.“ Damit stellt die atmosphärische Ablagerung des Asteroidenstaubs eine wichtige zeitliche Einschränkung für die Ablagerung des Kratergesteins direkt unter dieser Iridiumschicht dar.
Asteroideneinschlag und Aussterben im selben Zeitfenster
Der Erhalt dieser meteoritischen Staubschicht innerhalb des Kraters bringt den Forschern zufolge den unbestreitbaren Beweis, dass der Einschlag und das Aussterben eng miteinander verbunden sind.
Die Entdeckung einer solch gut definierten Iridium-Anomalie im Chicxulub-Krater werde auch die Forschung zum Kreide-Paleogen-Massenaussterben neu beleben, meint Ludovic Ferrière, Kurator der Meteoriten- und Impaktitsammlung am Naturhistorischen Museum Wien. „Der Fund der Iridium-Anomalie am ‚Tatort‘ – dem Chicxulub-Einschlagskrater in Mexiko – mag anekdotisch und zeitlich weit weg erscheinen, doch die dünne Tonschicht, die dieses globale Massenaussterben markiert, kommt auch in Österreich vor, in der Region Gams in der Steiermark. Damals wurde das aus dem Krater geschleuderte, geschmolzene und kondensierte Material im heutigen Österreich abgelagert“, erklärt Ferrière.
* P. Gärtner, Universität Wien, 1010 Wien/Österreich
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