E+H-Technologieforum Automation 2.0 E+H-Technologieforum wirft den Blick in die Zukunft
„Technologien für die Automatisierung von morgen“, unter diesem Motto führte Endress+Hauser zum sechsten Mal sein Technologie-Forum durch und wagte einen Blick in die Zukunft der Messtechnik und Prozessautomatisierung. Zeitgleich mit diesem Forum verabschiedete das Unternehmen Dieter Schaudel nach mehr als 26 Jahren E+H in den „Un“-Ruhestand.
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Reinach/Schweiz – Alles was in den kommenden sieben Jahren als Innovation auf den Markt kommt, ist bereits heute erfunden. Dieser Satz wird wohl auch in Zukunft untrennbar mit einem der führenden Persönlichkeiten der Branche, Dieter Schaudel, verbunden bleiben. Just an seinem 65. Geburtstag verabschiedete sich der Branchenintimus und Querdenker mit einem Technologieforum als CTO und CIO sowie Member of Executive Board bei E+H in den „Un“-Ruhestand. Doch zuvor wagte Schaudel noch einmal gemeinsam mit einem hochkarätig besetzten Referentenkreis und Auditorium einen Blick in die Zukunft der Messtechnik und Prozessautomatisierung. Frei nach dem Motto „Wer die Zukunft meistern will, muss sie mitgestalten“, blicken Unternehmen wie Endress+Hauser in bestimmten Abständen weit über den Horizont, um mit innovativen Ideen für die Anforderungen der Zukunft gerüstet zu sein. Vor diesem Hintergrund laden die ‚People for Process Automation‘, wie sich das Unternehmen selbst nennt, seit 2005 zwei mal im Jahr führende Wissenschaftler und Experten der Branche zum Gedankenaustausch nach Reinach.
Quo vadis Füllstand- und Druckmesstechnik
Quo vadis Mess- und Automatisierungstechnik, fragte denn auch Prof. Dr. Georg Bretthauer vom Forschungszentrum Karlsruhe. Bretthauser berichtete unter anderem über die Strategie Automatisierung 2020 der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik GMA. Sein Credo: „In der Prozessautomatisierung brauchen wir bessere und weniger Sensoren an den richtigen Stellen.“
E+H-Fachmann Dr. Michael Heim wagte danach einen Blick auf die Markttreiber der Füllstand- und Druckmesstechnik in der Prozessindustrie. E+H positioniert sich dort im Premium-Segment nach eigener Aussage als Leistungsführer. Marktanalysten zu Folge werden Premium- und Billigmarktanbieter schon bald hart aufeinandertreffen. Mittelmaß-Technologie befände sich zunehmend in einer Art „Todeszone“, weil es für in Zukunft immer schwerer würde, sich mit derartigen Produkten im Markt durchzusetzen, so Heim.
Quo vadis Multiparametermessung?
Aber kann die innovative Multiparameter-Messung als Antwort auf zahlreiche Probleme und Anforderungen in der Prozessindustrie gesehen werden? Die Antwort lautet „nur bedingt“, denn während der Einsatz derartiger Geräte beispielsweise in den Chargenprozessen der Feinchemie großes Wachstum verspricht, scheint die Anwendung für Konti-Prozesse in der Chemie wenig sinnvoll. Heim erlaubte darüber hinaus Einblicke in die Entwickler-Küche am E+H-Standort Maulburg, wo ein Entwicklerteam fieberhaft an einer neuen Radartechnologie arbeitet. Erste Feldversuche und Vorstudien im Schüttgutradar laufen derzeit gemeinsam mit der EADS.
Quo vadis Durchflussmesstechnik?
Dr. Wolfgang Drahm, ebenfalls E+H, fragte nach den Entwicklungsschritten in der Durchflussmesstechnik etwa im Vergleich zur IT-Branche. „Während im Bereich der Informationstechnologie (IT) eine regelrechte Entmaterialisierung stattfindet, haben sich in der Prozessmesstechnik die Grundstrukturen in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert, wenngleich auch hier die Geräte insgesamt etwas kleiner geworden sind.“
Im E+H-Technologieforum wurden aber auch weitaus visionärere Fragen gestellt, wie beispielsweise: „Brauchen wir wirklich so viel Eisen, um den Durchfluss zu messen, oder kann man diesen nicht zukünftig auch mit einem Handmessgerät messen“. Oder noch visionärer: „Kann man Prozessanlagen nicht wie in der Medizin animpfen, um aus dem fließenden Medium ständig mit den wichtigsten Mess-Informationen versorgt zu werden?“
Derart weitreichende Visionen findet man jedoch in der aktuellen Roadmap Prozess-Sensoren (noch) nicht. Und das aus gutem Grund, meinte Drahm. Die physikalischen Messbedingungen ließen auch in Zukunft keine revolutionären Messgeräte erwarten. Nach wie vor seien Differenzdruck mit Blenden mit rund einer Million Stück die am meisten verkauften Geräte in der Prozessindustrie, wenngleich sie aber relativ an Bedeutung verlören. Der Veränderungsdruck kommt von den Anwendern. Immer stärker fordern diese neben der Diagnosefähigkeit von Geräten heute energieautarke und prozessunabhängige Sensoren.
Geräteintegration einfach gemacht
Dr. Raimund Sommer, Chef der Process Solutions bei E+H, referierte über die zunehmende Bedeutung der Lebenszyklus-Betrachtung von Produkten. Hintergrund: Anwender in der Prozessindustrie kämpfen mit einer zunehmenden Komplexität der Geräte und deren Integration in die IT-Systemlandschaft. Den Kundennutzen zu erhöhen und die Geräteintegration so einfach wie möglich zu gestalten ist eine der zukünftigen Hauptaufgaben. Aus diesem Grund arbeitet E+H bereits an einer Datenbank, die eine Lokalisierung des richtigen Software-Treibers für das jeweilige Messgerät erlaubt. Eine weitere Zukunftsidee ist der Kompatibilitäts-Check von Geräten, der den Gerätetausch für den Anwender bald vereinfacht.
Wissenschaftliche Exzellenz
Und woher kommen die Anstöße für Innovationen? Neben einer intensiven Vernetzung mit Anwendern und Kunden spielt der Kontakt zur Wissenschaft und anderen Technologieführern eine besondere Rolle. Auch dazu bot das E+H-Technologieforum mit rund 160 geladenen Gästen unter letztmaliger Leitung von Dieter Schaudel eine Plattform: Für die Innvoationen von morgen und übermorgen. So gab beispielsweise Herbert Kircher, Geschäftsführer des IBM Forschungszentrums Böblingen, Einblicke in die Gedankenwelt der IT-Branche und die Auswirkungen der Web 2.0-Generation auf die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine von morgen. Prof. Dr. Hans-Joachim Güntherodt von der Universität Basel versuchte den Einfluss der Nanotechnik auf die Automatisierung der Prozessindustrie herzustellen und Prof. Dr. Oliver Paul stellte die Herausforderungen der Mikrosystemtechnik an der Universität als Spagat zwischen Grundlagenforschung und Kommerzialisierung in den Vordergrund. Den Abschluss der auch inhaltlich hochkarätigen Veranstaltung machte Prof. em. Dr. Martin Polke mit einem Epilog über die Einfachheit. „Nur wenn man etwas wirklich verstanden hat, kann man es vereinfachen.“
Neue Führungsstruktur
Im Anschluß an das Technologieforum verabschiedete das Unternehmen bei einem Apèro und mit Ansprachen des CEOs sowie des Firmengründers und weiterer Kollegen Schaudel gebührend aus dem Unternehmen. Wie PROCESS.de bereits berichtete, hat das Unternehmen nach dem Ausscheiden Schaudels seine oberste Führungsebene neu strukturiert.
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