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Bitterrezeptoren im Mund verzögerten Ausschüttung von Magensäure
Nahmen die Studienteilnehmer 150 mg Koffein verkapselt in Form einer Pille ein, die sich erst im Magen auflöste, führte dies nach etwa 30 Minuten zu einer verstärkten Ausschüttung von Magensäure. Erhielten die Teilnehmer dagegen eine entsprechende Koffeinlösung, die neben den Rezeptoren im Magen auch die Bitterrezeptoren in der Mundhöhle stimulierte, verzögerte sich die Magensäureausschüttung. Dabei korrelierte die empfundene Bitterkeit des Koffeins mit der Menge der ausgeschütteten Magensäure.
Darüber hinaus wiesen die Forscher sowohl in menschlichen Gewebeproben des Magens, als auch in den HGT-1-Zellen Bitterrezeptoren nach, die auf Koffein reagieren. Am Modellsystem der HGT-1-Zellen zeigten sie zudem, dass der Bitterrezeptor TAS2R43 zumindest einer der Rezeptoren ist, über den Koffein die Magensäureausschüttung reguliert. Ein Ausschalten des TAS2R43-Rezeptors auf Genebene (knock out-Modell) bestätigte dieses Ergebnis zusätzlich. Ebenso verminderte sich der stimulierende Effekt des Koffeins durch Zugabe von Homoeriodictyol**, einem Bitterblocker, der auch TAS2R43 hemmt. Anschließend mit Studienteilnehmern durchgeführte Tests, bei denen die Teilnehmer den Bitterblocker gemeinsam mit Koffein einnahmen, führten ebenfalls zu einer Reduktion der Koffeineffekte.
Neue Therapeutika gegen übersäuerten Magen oder Magengeschwüre?
„Obwohl in vielen Kulturen nach dem Essen ein Gläschen Magenbitter oder ein Kaffee üblich ist, um Verdauungsproblemen zu begegnen, wissen wir heute noch erstaunlich wenig über das molekulare Zusammenspiel von Bitterstoffen und dem Verdauungssystem“, sagt Somoza vom Institut für Ernährungsphysiologie und Physiologische Chemie an der Universität Wien. „Diese Zusammenhänge aufzuklären, könnte künftig dazu beitragen, neue Therapeutika gegen die Refluxkrankheit oder Magengeschwüre zu entwickeln“, so die Professorin weiter. „Jedenfalls sind unsere Ergebnisse vielversprechend und belegen, dass Bitterrezeptoren über ihre Funktion als Geschmackssensoren hinaus an der Regulation von Verdauungsprozessen beteiligt sind“, ergänzt Koautor Wolfgang Meyerhof vom DIfE.
„Die Erforschung der Bitterrezeptoren, die von uns auch schon im Darm, in Herzmuskel- und Schilddrüsenzellen nachgewiesen wurden, zeigt nicht nur in diesem Zusammenhang ganz neue Perspektiven und Ansatzpunkte auf, denen wir auch in Zukunft mit unseren Kooperationspartnern nachgehen wollen“, so DIfE-Geschmacksforscher Maik Behrens abschließend.
Hintergrundinformationen
** Homoeriodictyol ist ein sekundärer Pflanzeninhaltsstoff, der in Yerba Santa (Eriodictyon californicum) enthalten ist. Die Pflanze gehört zu den Heilpflanzen Amerikas und Mexicos. In der Volksheilkunde wird sie innerlich bei Erkrankungen der Atemwege, wie Asthma oder Bronchitis angewendet. Die Indianer Nordamerikas verwendeten die Droge auch bei Magen- und Darmstörungen sowie bei Erkrankungen des Urogenitaltraktes (1).
Homoeriodictyol ist zudem eines der 4 Flavanone, die von der Symrise AG in dieser Pflanze identifiziert wurden, die geschmacksmodifizierende Eigenschaften besitzen. Das Homoeriodictyol-Natriumsalz reduziert die Bitterkeit von Salicin, Amarogentin, Paracetamol und Chinin um 10 bis 40 Prozent (2).
Originalpublikation: Kathrin Liszt et al., Caffeine induces gastric acid secretion via bitter taste signaling in gastric parietal cells. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 2017
* Dr. G. Olias: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), 14558 Nuthetal
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