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LABORPRAXIS: Seit Langem schon wird das Problem der Kontamination der Ozeane mit Plastik diskutiert und wissenschaftlich untersucht. Gibt es eine Vergleichbarkeit mit dem Problem in Binnengewässern?
Laforsch: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Probleme und Auswirkungen von Kunststoff im Allgemeinen und von Mikroplastik im Besonderen in Salz- und Süßwasser vergleichbar sind. Allerdings ist es fragwürdig, inwieweit sich die verschiedenen Studienergebnisse vergleichen lassen.
LABORPRAXIS: Wie meinen Sie das?
Laforsch: Die verschiedenen Arbeitsgruppen wenden unterschiedliche Methoden an, etwa bei Entnahme von Mikroplastikproben. Unterschiedliche Siebsätze mit unterschiedlichen Porengrößen führen dazu, dass man auch unterschiedlich große Mikropartikel aus dem Wasser fischt. Das wiederum führt unweigerlich zu schwer miteinander vergleichbaren Ergebnissen, etwa über die Belastung eines Gewässers. Ein weiteres Problem zeichnet sich ab bei dem Versuch, ein Mikroplastikpartikel eindeutig als solchen zu identifizieren. Hierzu taugt das Auge nur bedingt, und auch das Mikroskop stößt rasch an seine Grenze. Bis zu einer bestimmten Partikelgröße lässt mittels Augenschein, Erfahrung und Gefühl ein Fundstück als Plastik erkennen. Allerdings sollte sich die Wissenschaft nicht von Gefühlen leiten lassen, sondern verifizierte Methoden anwenden. Das bedeutet, dass wir in Studien, die Mikroplastikpartikel bislang visuell charakterisiert haben, vermutlich entweder eine Über- oder Unterschätzung der Kontamination haben.
LABORPRAXIS: Müssen wir also alle bisherigen Untersuchungen in Frage stellen?
Laforsch: Bei Studien, deren Datenbestand unter Einsatz rein visueller Methoden generiert wurde, möglicherweise ja. Es gibt aber sehr viele Arbeitsgruppen, die mit verlässlichen Methoden arbeiten. Damit wir uns aber nicht missverstehen: Die Grundaussagen sind stimmig. Die Studien, die mit verlässlichen Methoden durchgeführt wurden, sind zuverlässig. Mag sein, dass es von Region zu Region Variationen gibt. Unzweifelhaft aber ist, dass die Weltmeere eine deutliche Kontamination mit Plastik vorweisen.
LABORPRAXIS: Was schlagen Sie vor, um die wissenschaftliche Basis zu verbessern?
Laforsch: Es braucht verlässliche, reproduzierbare Nachweismethoden wie die Raman-Spektroskopie oder die FT-IR-Spektroskopie. Zudem erweist sich die Pyrolyse gekoppelt an die Gaschromatographie mit Massenspektrometrie als überaus hilfreiches Instrument, um die Mikroplastik zu charakterisieren. Bislang gibt es dafür jedoch, weder hierzulande noch anderenorts, verbindliche Standards. Daran sollte künftig gearbeitet und harmonisierte Lösungsansätze entwickelt und etabliert werden.
Herr Prof. Laforsch, vielen Dank für das Gespräch.
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