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Erforschung des Alterns Die mitochondriale Hypothese des Alterns

Autor / Redakteur: Anja Schué* / Olaf Spörkel

Die Lasermikrodissektion ist eine wertvolle Technik, um homogenes Probenmaterial einzelner Zelltypen für aussagekräftige Ergebnisse zu gewinnen. Dies gilt besonders, wenn nur wenig Ausgangsmaterial vorhanden ist. So ist die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen im Alter ein Bereich, der ohne diese Technik wohl nicht mehr auskommt.

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Warum werden wir alt? Eine Frage, auf die die Forschung seit langem nach Antworten sucht – und das besonders intensiv vor dem Hintergrund zunehmender neurodegenerativer Erkrankungen im Alter wie Morbus Parkinson. Molekularbiologische Studien legen nahe, dass Mitochondrien eine wichtige Rolle hierbei spielen könnten.

PD Dr. med. Andreas Bender von der neurologischen Klinik der Universität München in Großhadern geht in seinen Forschungen dieser Fragestellung nach und befasst sich mit der mitochondrialen Hypothese des Alterns, die einen molekularen Teufelskreis aus oxidativer Schädigung und Mutationen der mitochondrialen DNA (mtDNA) als eine Ursache für neuronale Funktionsstörungen ansieht. Die Arbeitsgruppe um Dr. Bender untersucht auf Einzelzellebene, warum manche Zelltypen bei neurodegenerativen Erkrankungen mehr betroffen sind als andere. Die Zellen werden mithilfe der Lasermikrodissektion aus menschlichem post-mortem Hirngewebe gewonnen, um sie molekularbiologisch zu untersuchen. Im Fokus stehen Schädigungen mtDNA.

Arbeiten mit humanem Gehirnprobenmaterial

Für die zelluläre Analyse benötigen die Wissenschaftler menschliches post-mortem-Hirngewebe, das jedoch sehr begrenzt und nur über spezielle Hirnbanken verfügbar ist. Darüber hinaus spielt bei Genexpressionsanalysen die Gewebequalität eine entscheidende Rolle. Nach dem Versterben der Patienten bauen Enzyme die RNA innerhalb des Gewebes in wenigen Stunden ab, sodass das Ergebnis der Genexpression nur aussagekräftig ist, wenn die Zeitdauer zwischen der Organentnahme und dem Einfrieren der Proben kurz und eine durchgängig ausreichende Kühlung gewährleistet ist.

Verstirbt ein Patient, der im Vorfeld einer Gewebeentnahme zu Forschungszwecken zugestimmt hat, wird die entsprechende nationale Hirnbank informiert. Der Leichnam wird so schnell wie möglich in ein pathologisches Institut transportiert und das Gehirn nach einem standardisierten Protokoll entnommen. Zumindest eine Hirnhälfte wird so rasch wie möglich schockgefroren und kann bei –80 °C über viele Jahre in guter Qualität aufbewahrt werden. Für die Lasermikrodissektion fertigen die Forscher 20 Mikrometer dünne Gefrierschnitte an und bringen sie auf spezielle Objektträger auf. Die Slides werden sofort eingefärbt, die gewünschten Zellen dissektiert und für die Genexpression weiterverarbeitet.

Bedeutung der Lasermikrodissektion

Für das Labor von Dr. Bender spielt die Mikrodissektion eine herausragende Rolle: Das präzise Ausschneiden einzelner Zellen gewährleistet eine gezielte Analyse. Vor der Ära der Lasermikrodissektion wurden im Wesentlichen Homogenate untersucht. Darin befanden sich unterschiedliche Zellarten, sodass die zu untersuchenden molekularen Zusammenhänge unter Umständen in einem großen Hintergrundrauschen untergingen. Bei Erkrankungen, bei denen im Wesentlichen nur ein Zelltyp betroffen ist wie bei Morbus Parkinson, lassen sich allerdings nur dann aussagekräftige Ergebnisse erzielen, wenn homogenes Zellmaterial analysiert werden kann.

Untersuchung des Morbus Parkinson

In einer der Studien hat die Arbeitsgruppe um Dr. Bender post-mortem Hirnschnitte von Parkinson-Patienten mit Proben gesunder, gleichaltriger Kontrollpersonen verglichen. Über eine Färbung konnten die Wissenschaftler sehen, dass in der Substantia nigra viele Zellen eine mitochondriale Funktionsstörung aufweisen. Die Zellen wurden mithilfe der Lasermikrodissektion ausgeschnitten, um deren Atmungskette und mtDNA zu untersuchen. Dabei fand sich ein hoher Anteil an Mutationen (Deletionen) der mtDNA. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ergab sich bei der Parkinson-Gruppe eine deutlich höhere Anzahl an Deletionen. So ließ sich mit der Einzelzelltechnologie nachweisen, dass bei Parkinson-Patienten bis zu 50 oder 60 Prozent der mtDNA geschädigt sind, was zu einem drastischen Energiemangel in den betroffenen Zellen führt.

Auch bei 60 bis 70 Jahre alten Kontrollpatienten traten gehäuft Mutationen auf, jedoch immer noch deutlich weniger als bei der Parkinson-Gruppe. In einem zweiten Schritt wurden Kontrollproben von Personen ganz unterschiedlichen Alters untersucht, von wenigen Monaten bis zu 100 Jahren alt. Es zeigte sich, dass die mtDNA-Deletionen mit steigendem Lebensalter zunehmen. So nehmen die Deletionen im Laufe des Lebens kontinuierlich zu bis die kritische Schwelle von 50 bis 60 Prozent Mutationen erreicht ist.

Mittel gegen das Altern?

Mitochondriale Funktionsstörungen sind sicherlich nicht die einzige Ursache für das Altern. In einer Übersichtsarbeit wurden kürzlich über 100 Hypothesen über Ursachen des Alterns verglichen. Selbst wenn sich die Mitochondrien schützen ließen, wäre es falsch zu folgern, dass die Zelle ein langes, gesundes Leben führen wird. Nach Ansicht von Dr. Bender wäre es zu einfach, die Rettung von Mitochondrien als Rezept für den Jungbrunnen zu betrachten. Auch wenn es eine verlockende Perspektive für seine Arbeit wäre.

Literatur

Bender A et al.: Dopaminergic midbrain neurons are the prime target for mitochondrial DNA deletions. J Neurol. 2008;255:1231-5 .

Reeve AK et al.: Nature of mitochondrial DNA deletions in substantia nigra neurons. Am J Hum Genet. 2008;82:228-35.

Bender A et al.: High levels of mitochondrial DNA deletions in substantia nigra neurons in aging and Parkinson disease. Nat Genet. 2006;38:515-517.

*A. Schué, Leica Microsystems, 35578 Wetzlar

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