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Messtechnik Intelligente Sensoren: Das Hirn des Bioreaktors

Ein Gastbeitrag von Gina Greco*

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Intelligente Sensoren gewähren einen Live-Einblick in verschlossene Reaktoren, etwa in der Pharmaindustrie. Mit ihren Daten lässt sich der Zustand im Bioreaktor überwachen und bei Abweichungen direkt und gezielt eingreifen. Doch was muss ein intelligenter Sensor eigentlich leisten?

Abb.1: Sensoren sind sozusagen das Hirn des Bioreaktors. Sie liefern die notwendigen Daten, die zur gezielten Steuerung des Sytems nötig sind.
Abb.1: Sensoren sind sozusagen das Hirn des Bioreaktors. Sie liefern die notwendigen Daten, die zur gezielten Steuerung des Sytems nötig sind.
(Bild: Sensirion; © Lee - stock.adobe.com)

Ob in Form kleiner Kunststoffbeutel oder großer Stahltanks – Bioreaktoren sind aus Forschung und Produktion nicht mehr wegzudenken. Sie sind oft ein essenzieller Faktor bei der Herstellung neuer Medikamente, aber längst nicht auf die Produktion von Pharmazeutika beschränkt. In Zukunft werden dort wohl auch Zellkulturen für die Organzucht oder sogar das Rindersteak aus dem Bioreaktor entstehen. Zur Kultivierung pflanzlicher und tierischer Zellen oder Mikroorganismen muss der Bioreaktor ein perfektes Umfeld bieten. Die dort gezüchteten empfindlichen Mikroben sollen schließlich optimale Lebensbedingungen vorfinden, um zu wachsen. Für ein ideales Zellwachstum in Bezug auf Qualität und Ertrag muss die Umgebung der biotischen Populationen genau kontrolliert werden. Das bedeutet einerseits, den pH-Wert und die Temperatur zu stabilisieren, und andererseits, die Zufuhr von Luft, Stickstoff und anderen Gasen sowie Nährstoffen zu gewährleisten. Eine erfolgreiche Kultivierung von Zellen oder Mikroorganismen gelingt nur, wenn die physikochemischen Abhängigkeiten der einzelnen Parameter sorgfältig aufeinander abgestimmt sind. Dies ist bei den hohen Anforderungen von heute eine äußerst komplexe Aufgabe. Hinzu kommen zweierlei Bestreben, welche die Angelegenheit zusätzlich erschweren: 1. das Kontaminationsrisiko für die Anwender zu verringern und 2. die laufenden Prozesse nicht durch die herkömmliche „Messung durch Probenahme“ zu stören.

Vielseitig, verlässlich und effizient

Bioreaktoren müssen sich an unterschiedliche Zelltypen anpassen. Bei Grippeimpfstoffen z. B. vari­ieren die Produktionsprozesse von Jahr zu Jahr, da in jeder kalten Jahreszeit andere Viren mit leicht unterschiedlichen Eigenschaften auftauchen. Außerdem werden, wie die Corona-Pandemie gezeigt hat, von einem Tag auf den anderen große Zellmengen benötigt, was zu einem hohen Bedarf an maximalen Erträgen führt. Die Herstellung großer Mengen von mRNA-Impfstoffen erfordert nicht nur Reaktoren mit hoher Effizienz, sondern auch mit einer hohen Prozesssicherheit und Wiederholbarkeit. Diese Anforderungen gelten auch für alle anderen Anwendungen von Bioreaktoren, die für alle Arten der Massenproduktion von Arzneimitteln eingesetzt werden.

Single-use und umweltfreundlich?

Obwohl beim Begriff „Einweg“ bei umweltbewussten Laboranten die Alarmglocken angehen, sind Single-Use-Bioreaktoren oftmals nachhaltiger als klassische Stahlreaktoren. Denn weil die Einwegprodukte nicht gereinigt werden müssen, entfallen die Energieaufwände für die wiederholte Sterilisation sowie der Einsatz aggressiver Reinigungschemikalien. So ist der Energiebedarf beim Einsatz von Einweg-Reaktoren laut einer Studie um die Hälfte geringer als bei Stahlbehältern. Letztere sind aber gerade bei großen Reaktionsansätzen weiterhin unverzichtbar.

Quelle: Rawlings, B, and Pora, H. (2009). Environmental Impact of Single-Use and Reusable Bioprocess Systems. BioProcess International 7, 18-26

Parameter für ein optimales Zellwachstum

Um ideale physikochemische Bedingungen zu schaffen und schnelle Anpassungen für spezifische Zellkulturen vorzunehmen, ist die Messung folgender Parameter in einem Bioreaktor erforderlich:

  • pH-Wert
  • Temperatur
  • Luftfeuchtigkeit
  • Konzentration von Gas und Flüssigkeit
  • Durchfluss von Gas und Flüssigkeit
  • Druck im Headspace

In den meisten Fällen wird die Temperatur während der Zellkultivierung bei 37 °C und die CO2-Konzentration bei fünf Prozent gehalten. In einigen Fällen müssen diese Parameter fein justiert werden, um den erforderlichen pH-Bereich zu erreichen, dem Priorität eingeräumt wird. Häufig bedarf es eines pH-Werts zwischen 7,0 und 7,4. Die Stabilisierung in diesem engen Bereich kann eine Herausforderung sein, da mehrere andere Parameter wie Temperatur, Zellwachstum, Milchsäure und CO2-Gehalt gleichzeitig ausgeglichen werden müssen. Dies kann durch so genannte Puffer geschehen, die jede zusätzliche Säure oder Base neutralisieren, um den pH-Wert stabil zu halten. Außerdem muss die Sauerstoffkonzentration präzise gesteuert werden. Für die meisten Zellkulturen wird sie bei 20 Prozent gehalten, doch gelegentlich wachsen einige Kulturen unter anderen Bedingungen besser. Dabei ist es zentral, dass der Sauerstoff im Zellkulturmedium effizient vom gasförmigen in den flüssigen Zustand übergeht, damit der Zellstoffwechsel so schnell wie möglich funktioniert. Die Effizienz des Sauerstofftransfers wird von der Temperatur, dem pH-Wert und der Begasungsrate beeinflusst. Schließlich sollte die Luftfeuchtigkeit auf einem stabilen Niveau sein und in Echtzeit überwacht werden, um Ausfälle des Belüftungssystems zu erkennen. Das Gleiche gilt – insbesondere in Einwegbioreaktoren – für den Druck im Headspace, da die flexiblen Kunststoffbeutel einem Überdruck von einigen hundert Millibar nicht über einen längeren Zeitraum standhalten.

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Überwachen und dokumentieren

Für korrekt eingestellte Bioreaktoren spielen vernetzte Sensoren eine Schlüsselrolle. Mehrere intelligente Sensorsysteme für die hochpräzise Steuerung und die akkurate Überwachung der physikochemischen Prozesse heben die Kultiviergeräte auf die nächste Leistungsstufe. Aufgrund der bereits angesprochenen gegenseitigen Abhängigkeiten der verschiedenen Parameter kann sich ein erfolgreiches Zellwachstum als ein komplexes Unterfangen erweisen. Der einfachste und kostengünstigste Weg, das Wachstum von Zellen zu optimieren, ist die konsequente Steuerung und Überwachung der Kultivierungsbedingungen in einem geschlossenen Kreislauf. Stabile Umgebungen sind besonders wichtig in der F&E-Phase der Arzneimittelentwicklung und bei der Massenproduktion empfindlicher Arzneimittel. In solchen Fällen können bereits kleine, kurzzeitig auftretende Abweichungen den gewünschten Ertrag beeinträchtigen.

Abb.2: Schema eines Bioreaktors. In grün markiert sind Messpunke für verschiedene Sensoren.
Abb.2: Schema eines Bioreaktors. In grün markiert sind Messpunke für verschiedene Sensoren.
(Bild: LABORPRAXIS)

Mithilfe moderner Sensoren mit Echtzeit-Feedback können Bioreaktoren nicht nur die Bedingungen umgehend und exakt ändern, sondern auch unerwünschte Zustände erkennen. Bei abweichenden Sollwerten löst das System automatisch einen Alarm aus und blockiert den Behälter, um Schäden vorzubeugen, bei denen teure Substanzen verschwendet werden (wie im Fall eines Überdrucks in Einweggeräten). Dementsprechend werden verschiedene Sensortypen verwendet, um unterschiedliche Fehlerzustände zu erkennen. So werden beispielsweise Sensoren zur Überwachung der Flüssigkeitskonzentration auch eingesetzt, um zu überprüfen, ob die richtige Flüssigkeit eingespritzt wird. Das Gleiche gilt für Flüssigkeitsdurchflusssensoren, die zur Messung des gesamten abgegebenen Volumens (insbesondere bei teuren Flüssigkeiten) und zur präzisen Dosierung mehrerer Flüssigkeiten eingesetzt werden, um die richtigen Konzentrationen sicherzustellen. Dies betrifft auch Gasdurchflusssensoren. Kurz: Feedbackschleifen machen einen Prozess sicherer und zuverlässiger.

Darüber hinaus kann es bei einigen Bioreaktoren hilfreich sein, mehrere Sensoren desselben Typs einzusetzen – z. B. einen am Einlass und einen am Auslass des Gefäßes. Solche „räumlichen“ Informationen ermöglichen ein besseres Verständnis der physikochemischen Prozesse in der Zellkultur. Ein weiterer Vorteil eines intelligenten Kontrollsystems ist die Aufzeichnung von Sensordaten einschließlich der Speicherung in einer Datenbank. Sollte das Wachstum mangelhafte Ergebnisse hervorrufen, sorgt ein leicht zugängliches Logbuch mit allen gemessenen Parametern für Klarheit. Besonders aus Sicherheitsgründen und zu Forschungszwecken kann es von großem Nutzen sein, auf die Datenhistorie des Kultivierungsprozesses zuzugreifen. Dank eines Trackingsystems können Bediener die Ursachen von Fehlern schnell ermitteln und die Prozesse anpassen.

Mit Sensoren auf der sicheren Seite

Jüngste Fortschritte bei Mems-basierten Sensoren (Mems = Mikro-Elektronisch-Mechanische-Systeme) haben zu kompakten, stromsparenden und leistungsstarken Lösungen geführt, die sich auch für Einwegbioreaktoren eignen. Solche Einwegreaktoren brauchen im Vergleich zu herkömmlichen Bioreaktoren geringere Mengen an Wasser und Reinigungsmitteln sowie keine Reinigungs- und Wartungsprozeduren. Neben Umweltgründen sind sie auch preiswerter und erzielen bessere Umsatzraten.

Das Schweizer Unternehmen Sensirion bietet ein breites Portfolio an kompakten, leistungsstarken Sensoren – einschließlich Einwegsensoren – für die präzise Prozesssteuerung und akkurate Prozessüberwachung in verschiedenen Arten von Bioreaktoren, die vom Pilotversuch bis hin zur kommerziellen Produktion eingesetzt werden. Die biokompatiblen Sensoren der neuen Generation lassen sich einfach in bestehende Bioreaktoren integrieren, sodass Anwender ihre Apparate aufrüsten können, anstatt neue anzuschaffen. Die digitalen Sensoren des Herstellers decken weite Messbereiche ab und bleiben dabei selbst bei kleinen Messwerten akkurat. Mit dieser Leistung sind sie zu einer gefragten Komponente für Next-Level-Bioreaktoren in verschiedenen medizinischen Bereichen geworden.

* G. Greco Market Managerin Life Sciences, Sensirion AG

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