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Geräteanbindung mit Open Source Vernetzung: Treffen sich ein LIMS und ein Thermocycler...

Von Matthias Mailänder*

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Im Labor spricht der Thermocycler mit dem Autosampler – und überhaupt sind viele Geräte untereinander vernetzt. Nicht immer ist das besonders elegant gelöst. Wie man mit einem Open- Source-Ansatz die Schnittstellen zwischen Laborgerät und LIMS optimieren kann, zeigt ein Fallbeispiel aus dem LADR-Zentrallabor.

Abb.1: Im Labor fallen Unmengen von Daten an, die zwischen verschiedenen Geräten sowie dem Anwender selbst hin und her kommuniziert werden müssen.
Abb.1: Im Labor fallen Unmengen von Daten an, die zwischen verschiedenen Geräten sowie dem Anwender selbst hin und her kommuniziert werden müssen.
(Bild: ©kras99 - stock.adobe.com)

In Laboren treffen Spezialgeräte und komplexe Softwarelösungen aufeinander – nicht immer gelingt das Zusammenspiel zwischen Hard- und Software allerdings reibungslos. Am Beispiel eines Real-Time-PCR-Gerätes zeigen Matthias Mailänder von Lablicate und seine Kollegen vom LADR Zentrallabor, wie man Auswertesoftware anwenderfreundlich optimiert und an die Schnittstellen zu einem bestehenden Laborinformations- und Management-System anpasst, in diesem Fall Lisa-LIMS von Triestram und Partner.

Gemeinsame Sprache finden

Gerätehersteller haben lange Zeit auf eigens programmierte, proprietäre Dateiformate gesetzt, um Anwender an ihre Produkte zu binden und die Hoheit über die Programmierung zu behalten. Das ist heutzutage hinderlich, weil oft Geräte verschiedener Hersteller untereinander und mit dem LIMS kommunizieren müssen. Es gibt deshalb das Bestreben, einen allgemeinen Standard für Dateiformate zu finden. Ein aussichtsreicher Kandidat ist AnIML oder das Allotrope Data Format (ADF), ein offenes XML-Dateiformat zum Speichern und Teilen von Daten. Mit Konvertern können bereits Daten von über 200 Gerätemodellen in dieses Open-Source-Format überführt werden.

Hürden bestehender Software

Als Testgerät wählten die Experten den Light-Cycler 480 von Roche. Während dessen Hardware durchaus für den Hochdurchsatz der Polymerase-Kettenreaktion ausgelegt ist, kommt es im Routinebetrieb software-seitig schnell zu Engstellen. So ist die Auswerte-Software zum Light-Cycler aus der Windows XP Ära zwar mächtig, jedoch erheblich in die Jahre gekommen und bietet praktisch keine Schnittstellen für den Datenexport. Ebenfalls problematisch ist, dass die zur Dokumentation generierten Ergebnisberichte ausschließlich im PDF-Format vorliegen und sich weder sortieren noch in irgendeiner Art weiter anpassen lassen. Selbst eine manuelle Werte-Erfassung im Vieraugenprinzip ist somit mühsam.

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Auch die geräteinterne Software von Roche hat ihre Hürden. Das Programm benötigt selbst im lokalen Betrieb zusätzlich eine Datenbank, die separat gestartet wird, und verlangt stets einen Benutzerlogin. Das erfüllt zwar Vorgaben an den Datenschutz, ist aber mit Mehraufwand für den Anwender verbunden.

Die Benutzeroberfläche der Gerätesoftware nutzt eine wenig eingängige Symbolik, z. B. einen ikonographischen Navigationskompass zur Dateiverwaltung. Leichter wäre es mit üblichen Designs mit bekannten und wiedererkennbaren Betriebssystemsymbolen oder einer Menüleiste mit beschrifteten Schaltflächen wie „Datei“ und „Laden“.

Weitere Nachteile sind die fehlende Unterstützung von Textskalierungen. Erhöht man im Betriebssystem die Auflösung (DPI-Wert), so passt sich zwar im LIMS die Oberfläche dynamisch an, in der Geräte-Software sind Schaltflächen hingegen nicht mehr zu erreichen – eine erhebliche Einschränkung in Bezug auf Barrierefreiheit.

Passgenaue Programm­oberflächen entwickeln

Einige Hersteller von Reagenzien haben kontraintuitive Software und klobige Benutzeroberflächen als Marktlücke für sich erkannt. So gibt es etwa den Microproof Diagnostic Interpreter von Biotecon, der mit dem Roche Light-Cycler 480 II kompatibel ist und ein erleichtertes Auslesen und Verarbeiten der Daten ermöglicht. Er ist jedoch nur für Testreagenzien dieses Unternehmens ausgelegt und bindet Anwender damit quasi an einen Hersteller.

Das muss aber nicht sein. Denn das interne Datenformat (.ixo) für den Roche Light-Cycler enthält alle Rohdaten inklusive der ausgewerteten Analysen. Man kann diese Daten also mit einer geeigneten Software prinzipiell auslesen und anschaulich aufbereiten. Da die Programmierung in der Auszeichnungs­sprache XML vorliegt und durch eine starke Verschachtelung geprägt ist, gestaltet sich das einfache „Abgreifen“ der Werte allerdings als schwierig. Eine Dokumentation hierzu liegt nicht vor und war auch auf Anfrage beim Hersteller nicht verfügbar.

Daher wurde zusammen mit dem Unternehmen Lablicate aus Hamburg ein „Reverse Engineering“-Ansatz verfolgt. Die Originalsoftware blieb dabei unangetastet. Innerhalb eines Tages programmierte das Software-Team um Lebensmittelchemiker Mailänder einen Prototyp zum Einlesen der Daten, der für eine Reinraum-Anwendung des PCR-Gerätes getestet wurde. Eine Anbindung mit dem im LADR-Labor bestehenden Lisa-LIMS Connect ist problemlos möglich.

Enge Zusammenarbeit mit den Anwendern

Nachdem die anfängliche Hürde in Bezug auf das proprietäre Roche-Dateiformat von Chefentwickler und Geschäftsführer Dr. Philip Wenig gemeistert wurde, begannen die Software-Experten mit der eigentlichen Projektphase. Sie modellierten dabei die Programmoberfläche individuell nach den Wünschen der Anwender des LADR-Zentrallabors. Die neue Hauptansicht zeigt eine Übersicht der Mikrotiterplatte, wo auf einen Blick die PCR-Ergebnisse zu sehen sind. Im verschiebbaren Zusatzfenster lassen sich in einer Detailansicht Kurven und Metadaten anzeigen.

Schon früh in der Entwicklungsphase des Open-Cycler-Projekts wurden Screenshots und Vorabversionen zwischen Programmierern und Labormitarbeitern ausgetauscht, um den Wünschen und Vorschlägen der Anwender bestmöglich gerecht zu werden. Das bereits im Labor genutzte LIMS läuft mit dem gleichen Unterbau wie die neu geschriebene Software. Dies hat den Vorteil, dass sich das neue Programm optisch kaum vom LIMS unterscheidet. Das soll es den Labormitarbeitern leichter machen, sich in die neue Benutzeroberfläche einzuarbeiten. Die Entwicklung erfolgte unter Linux. Neben den Betriebssystemen Windows 7 und 10 läuft die Software dank plattformunabhängiger Implementierung auch unter Mac OS X.

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Neue Software: quelloffen und zukunftssicher

Die neu geschriebene Software ist als Open Source angelegt, also quelloffen. Dies hat Vorteile in Hinblick auf Wechselkosten, aber auch hinsichtlich Zukunftsfähigkeit und Ausfallsicherheit bei Änderungen im Firmenumfeld. Zudem erlaubt der Hersteller Lablicate, eigene Module (Plugins) zu verfassen, die selbst nicht unbedingt quelloffen publiziert werden müssen. So existiert z. B. ein LADR-spezifisches PCR-Modul mit sortier- und druckfähigen Listen im Excel-Format. Zudem gibt es Exports für LIMS-fähige Textdateien im „Character Separated Values“-Format (.csv), die gut maschinenlesbar sind. Besonderheiten bei der Auswertung, die je nach Analyse und Reagenzienhersteller variieren können, lassen sich hier schon bei der Datenvorbereitung unabhängig vom Anbieter implementieren.

Der Hersteller t&p bietet für seinen hochkonfigurierbaren Subsystemdienst eine ausführliche Dokumentation und eine eigene Entwicklungsumgebung, in der sich schnell neue Features und Programmmodule ergänzen lassen. Zusätzlich bietet t&p Workshops an, in denen die Konfiguration gezielt geschult wird. Bringt man eigene Daten mit, so verlässt man das Seminar mit fertigen Konfigurationsbeispielen. Auch im Nachgang erhält man Betreuung durch seinen Projektleiter.

Das Einlesen der Daten erfolgt dateibasiert durch überwachte Ordner im Netzwerk. Für den Anwender sind die Daten mit wenigen Klicks übernommen. Tippfehler gehören der Vergangenheit an. Die Freigabe der Werte kann mehrstufig entweder listenweise oder pro Messwert erfolgen. Das Lisa-LIMS-Subsystem ist zudem selbst durch den Hersteller t&p programmierfähig. So können letzte Bearbeitungsschritte automatisiert werden.

Modultests für akkreditierte Labore

Für den Betrieb im akkreditierten Dienstleistungslabor sind neben ausführlichen manuellen Tests vor der Programmeinführung auch so genannte automatisierte Modultests möglich. In Integrationstests werden Daten mit bekanntem Inhalt durch die Softwarebibliothek geführt. Stimmt der Inhalt mit dem Erwartungswert überein, gilt der Test als bestanden. Schlägt er fehl, muss der Entwickler den Fehler beheben.

Erleichternd kommt hinzu, dass die neu entwickelte Open-Cycler-Software zwar auch selbst Crossing Points der Real-Time-PCR berechnen kann. Es können jedoch auch die original von der Roche-Sofware ausgewerteten Daten übernommen werden. Dies ist insbesondere bei Analysen mit Color Compensation (automatischer Farbkompensation bei Multiplex Reaktionen) hilfreich, die auf die Algorithmen von Roche angewiesen sind. So bleibt der validierte Kern des Analysengangs erhalten.

* M. Mailänder, Lablicate GmbH, 20146 Hamburg, E-Mail: Matthias.Mailaender@Lablicate.com

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