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Munitionserkennung unter Wasser Altlasten: Munition im Meer zuverlässig finden

Autor / Redakteur: Dr. Andreas Villwock* / Dr. Ilka Ottleben

Altlasten am Meeresgrund können zur Gefahr werden. Am Meeresboden von Nord- und Ostsee und andernorts liegen Millionen von Tonnen an Altmunition und Sprengstoffen und korrodieren dort langsam vor sich hin. Jedes Jahr kommt es zu Hunderten Vorfällen im Zusammenhang mit Kampfmitteln aus dem Meer. Damit die Munition sicher und umweltgerecht entsorgt werden kann, muss sie jedoch unter Wasser zunächst einmal zuverlässig gefunden werden.

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Munitionskisten auf dem Grund der Ostsee, optisch kartiert von AUV ANTON.
Munitionskisten auf dem Grund der Ostsee, optisch kartiert von AUV ANTON.
(Bild: GEOMAR)

Berlin/Kiel – Überwiegend nach dem Ende des 2. Weltkrieges versenkt, liegen am Meeresboden, nicht nur in Nord- und Ostsee, Millionen von Tonnen an Altmunition und Sprengstoffen. Allein im Nordostatlantik und der Nordsee sind fast 150 Munitionsversenkungsgebiete bekannt. Jährlich kommt es in diesen Regionen teilweise zu mehr als 900 Vorfällen im Zusammenhang mit Kampfmitteln aus dem Meer.

Die derzeit existierenden Methoden für die technische Erkundung dieser gefährlichen Altlasten sind kostenintensiv, zeitaufwendig und erfordern den Einsatz komplexer Sensorik.

Das europäische Forschungsprojekt BASTA (Boost Applied munition detection through Smart data inTegration and AI workflows) unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel unter Beteiligung des Marine Institut Flandern (VLIZ), des Softwareentwicklers EGEOS GmbH und des belgischen Vermessungsdienstleister G-Tec SA soll zur einer Optimierung der Erkennung von Munition durch smarte Datenintegration und Einsatz künstlicher Intelligenz führen. Das Projekt wird für drei Jahre vom Europäischen Meeres- und Fischereifond (EMFF) der EU im Programm Blue Labs mit einem Gesamtvolumen von einer Million Euro gefördert.

Munitionserkennung auf See – eine Herausforderung

„Auf See haben wir bei der Munitionserkennung eine Vielzahl an Herausforderungen zu überwinden“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Jens Greinert vom Geomar. So erschwert der Wellengang beispielsweise die präzise Positionierung der Messgeräte oder die Einhaltung von Messhöhe und Spurabstand beim Einsatz geschleppter Systeme. Gleichzeitig kommen häufig hohe Mengen an geogenen und anthropogenen Störkörpern vor, die mit magnetischen Messverfahren erkannt werden. Dies ist gepaart mit, im Vergleich zur landseitigen Kampfmittelräumung, erheblich größeren Vermessungsgebieten und einem deutlich erschwerten Zugang zu an Verdachtspunkten vergrabenen Objekten.

Durch diese komplexe Problematik haben sich Multi-Sensor-Ansätze als übliches Vorgehen etabliert. Um die Aussagekraft und Qualität der Daten vielfältiger Detektionssysteme zu erhöhen, ist eine stetige Fortentwicklung von Technologien zur Datenerhebung als auch der Verarbeitung notwendig.

Smarte Datenintegration und Einsatz künstlicher Intelligenz

„Im Projekt werden wir die gesamte Prozesskette der technischen Erkundung von Kampfmitteln von der Datenerhebung über die Datenverarbeitung bis hin zur Dateninterpretation adressieren“, erläutert Torsten Frey, Projektwissenschaftler von Basta am Geomar. „Die Datenerhebung werden wir durch den Einsatz eines hochauflösenden 3D-Sedimentecholots und intelligenter AUV-basierter Technologien weiterentwickeln“, so Frey weiter. Diese Verfahren werden dann im Rahmen von mehreren Forschungsfahrten erprobt.

Die gewonnenen neuen Daten werden zusammen mit historischen Informationen in eine Datenbank integriert, in die auch weitere Messdaten assoziierter Partner einfließen. Die Analyse der dabei entstehenden großen Datenmengen soll durch den Einsatz künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen zu neuen Möglichkeiten beim Auffinden und Identifizieren von Kampfmitteln führen. Damit kann dann die Erstellung von Verdachtspunktlisten stark automatisiert und beschleunigt sowie ferner die üblicherweise hohe Anzahl von „falschpositiven“ Ergebnissen reduziert werden.

(Kosten)effiziente flächendeckende Kampfmittelbeseitigung als Ziel

„Uns geht es im Basta Projekt letztendlich um eine Effizienzsteigerung und Kostensenkung auf dem Weg zu einer flächendeckenden Kampfmittelbeseitigung“, fasst Prof. Greinert zusammen. Auch für die langfristige Überwachung von Munitionsversenkungsgebieten werden die Ergebnisse aus seiner Sicht von Relevanz sein. Damit werde die Umsetzung der europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie ebenso unterstützt, wie die Energiewende in Deutschland. Ein wichtiger nächster Schritt sei zudem die Etablierung eines europäischen Kompetenzzentrums für Kampfmittel im Meer, so Greinert abschließend.

Das Land Schleswig-Holstein stellt auf seiner Website mehr Informationen zur Munitionsbelastung Deutscher Gewässer zur Verfügung.

* Dr. A. Villwock: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 24148 Kiel

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