Deutscher Biotechnologie-Report 2022 Biotech ist nicht allein Biontech – Branchenerfolg bleibt auch nach Impfstoff-Boom
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Die Biotech-Branche in Deutschland boomt, vor allem wegen des gewaltigen Erfolgs von Biontech durch die Impfstoffentwicklung. Doch auch abseits des Corona-Sondereffekts entwickelt sich die Branche positiv, wie aus dem aktuellen Biotechnologie-Report der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervorgeht.

Frankfurt a. M. (dpa) – Die deutsche Biotech-Branche hat im vergangenen Jahr erneut Milliarden von Investoren eingesammelt. Nach einem Finanzierungsrekord in der Corona-Pandemie 2020 bekamen die Unternehmen 2,4 Milliarden Euro und verzeichneten so das zweitbeste Jahresergebnis aller Zeiten, zeigt eine neue Studie der Beratungsgesellschaft EY. „Der Höhenflug geht also weiter, wenn auch leicht gebremst“, hieß es darin. Im Krisenjahr 2020 hatte die junge Branche um Leuchttürme wie den Mainzer Impfstoffhersteller Biontech einen Spitzenwert von 3,1 Milliarden Euro eingeworben. Seit 2019 ergibt sich dank des Sondereffektes durch Biontech ein Plus von 263 Prozent bei der Marktkapitalisierung deutscher Biotech-Unternehmen.
Rekordumsatz dank Biontech
Biotech-Firmen tüfteln an komplexen Wirkstoffen und Therapien und bringen u. a. auch Technologien in Chemie und Landwirtschaft ein. Das ist teuer und langwierig, weshalb Biotechunternehmen auf Geld von Investoren wie Wagniskapitalfonds angewiesen sind.
Im vergangenen Jahr beschäftigten börsennotierte Biotech-Firmen aus Deutschland wie Evotec, Biontech und Qiagen nach Angaben von EY rund 17.300 Menschen, ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Der Umsatz versiebenfachte sich fast auf gut 22,2 Milliarden Euro – jedoch maßgeblich getrieben vom Erfolg von Biontech mit allein 19 Milliarden Euro.
2021 verzeichnete die deutsche Biotech-Branche Rückgänge bei Risikokapital- und Folgefinanzierungen sowie Wandelanleihen. Dafür brachten aber vier Börsengänge, darunter eine Zweitnotierung von Evotec an der US-Technologiebörse Nasdaq, 667 Millionen Euro ein.
Einzelerfolge tragen nicht die Branche
Zwar hätten einzelne Firmen wie Biontech oder Curevac aus Tübingen weiter einen überproportionalen Einfluss auf die Branche – anders als früher bestimmten aber nicht mehr allein einzelne Ereignisse die Finanzierungskennzahlen, erklärte Alexander Nuyken, Partner bei EY, am Donnerstag in einem Pressegespräch. „Das ist ein deutliches Zeichen für die Stabilität der Branche und das Vertrauen des Marktes in die Unternehmen.“ Die Investitionen verteilten sich nun gleichmäßiger auf die Branche. Auch träten deutsche Biotech-Firmen vermehrt als Käufer auf.
Die Biotech-Branche hierzulande wächst zwar, liegt aber beim Wagniskapital weit hinter den USA zurück. Viele Unternehmen zieht es auch für Börsengänge nach Amerika, um näher an Investoren zu rücken. Zum Teil seien dafür die hohen bürokratischen Hürden bei Förderanträgen hierzulande schuld, wie Oliver Schacht, Vorstandsvorsitzender von Bio Deutschland, sagt: „Ein Antrag auf Forschungsförderung dauert in Österreich mitunter zwei Tage, in Deutschland eher Monate.“
Auch der Fachkräftemangel stellt ein Problem dar und wirkt sich als Wachstumsbremse aus. Zwar nahm die Anzahl der Beschäftigten bei den börsennotierten Biotechs um zwanzig Prozent zu. Doch in einem leergefegten Arbeitsmarkt konkurrieren die Firmen nicht nur untereinander um die besten Talente, sondern auch mit anderen Branchen, wie EY-Partner Nuyken anmerkt.
Literaturhinweis: Dr. Alexander Nuyken, Dr. Manuel K.A. Bauer: Deutscher Biotechnologie-Report 2022, Veröffentlichung: Juni 22, EY
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