Körber-Preis 2022 Britischer Biologe wird für Arbeiten zu Zelltröpfchen ausgezeichnet
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Der britische Zellbiologe Prof. Dr- Anthony Hyman hat den Körber-Preis 2022 erhalten. Er wurde für seine Entdeckung eines völlig neuen Zustand biologischer Materie ausgezeichnet.

Für seine Arbeit zur Erforschung von Zelltröpfchen ist Prof. Dr. Anthony Hyman am 2. September der mit einer Million Euro dotierte Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft verliehen worden. Im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses überreichten Prof. Dr. Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, sowie Dr. Lothar Dittmer und Tatjana König vom Vorstand der Körber-Stiftung die Urkunde bei einer feierlichen Preisvergabe.
Prof. Dr. Anthony Hyman: „Die Neurodegeneration ist nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die menschliche Gesundheit. Ein Großteil der Arbeit meines Teams konzentriert sich auf die Anwendung von Methoden der physikalischen Chemie, um zu verstehen, wie zelluläre Prozesse bei Krankheiten versagen. Es ist mir eine große Ehre und Freude, mit dem Körber-Preis 2022 ausgezeichnet worden zu sein, um unsere Forschung weiter voranzutreiben.“
Neue Hoffnung für die Behandlung neurodegenerativer Krankheiten
Anthony Hyman fand heraus, dass sich in der Zellflüssigkeit örtlich Proteine in hoher Konzentration ansammeln können. Diese „Kondensate“ ähneln winzigen Tropfen, die unter anderem den Gesetzen der Biophysik unterliegen. Im Gegensatz zu anderen Zell-Organellen sind Kondensate nicht von einer begrenzenden Membran umgeben. Die stark erhöhte Proteinkonzentration in ihrem Innern regt biochemische Reaktionen an, die außerhalb nicht möglich wären. Kondensate bilden sich dynamisch, teils in Sekundenschnelle, und werden meist auch schnell wieder abgebaut. Bei – oft altersbedingten – Störungen des Abbaus können sich in betroffenen Zellen toxische Stoffe ablagern, die degenerative Krankheiten wie ALS oder Alzheimer auslösen. Hyman sucht nun nach neuen Medikamenten, die diese Krankheiten heilen könnten.
Hymans Forschungsansatz ist komplizierter als der traditionelle: Während die Moleküle in den Kondensaten wie üblich biochemisch wechselwirken, unterliegen die Tröpfchen zusätzlich den Gesetzen der Biophysik. Sie bilden sich durch einen so genannten Phasenübergang – ähnlich wie Wasser bei Kälte zu Eis wird. Die höhere Konzentration an Proteinen in den Kondensaten führt dazu, dass deren Dichte zunimmt. Sie verhalten sich dann ähnlich wie Öltropfen in einer Vinaigrette. Öl und Essig lassen sich nicht perfekt vermischen. Lässt man das Dressing stehen, fügen sich die durch die Energie des Rührens getrennten Öltröpfchen nach und nach zu größeren Tropfen zusammen, bis nach ein paar Stunden das gesamte Öl wieder oben schwimmt.
Eine ähnliche Beobachtung führte 2009 zur Entdeckung der Kondensate, die einen grundlegend neuen Zustand biologischer Materie repräsentieren. Hyman und sein interdisziplinäres Team entwickelten ein ganzes Arsenal an Methoden, um Kondensate zu beobachten und ihre Funktion besser zu verstehen. „Wir kombinieren Konzepte der Molekularbiologie, der physikalischen Chemie und der Physik der weichen Materie“, erklärt der Preisträger.
Was soll mit dem Preisgeld passieren?
Mit den Mitteln des Körber-Preises will Hyman die Methoden künftig noch weiter verfeinern. Darüber hinaus will er die Aminosäure-Codes finden, die das biophysikalische Verhalten von Proteinen beeinflussen und erklären, was bei neurodegenerativen Erkrankungen schiefläuft. Er ist überzeugt, „dass das zellbiologische Verständnis der Kondensatbildung einen wichtigen Einfluss auf die künftige Medikamentenentwicklung haben wird”. Deshalb ist Hyman auch Mitgründer der Bostoner/Dresdener Firma Dewpoint Therapeutics, die unter anderem die Wirkung von Medikamenten auf Kondensate erforscht. Vordringlich arbeitet sie daran, die Bildung krankheitsauslösender Ablagerungen mit geeigneten Arzneien zu verhindern.
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