LEBENSMITTELANALYTIK Carotinoide in Früchten und Gemüse
Die Analytik von Carotinoiden erfordert neben geeigneten Extraktionsmethoden eine zuverlässige analytische Erfassung aller Analyten. Insbesondere zum Nachweis veresterter Xanthophylle ist die HPLC-MSKopplung ein unverzichtbares Instrument.
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Die Analytik von Carotinoiden erfordert neben geeigneten Extraktionsmethoden eine zuverlässige analytische Erfassung aller Analyten. Insbesondere zum Nachweis veresterter Xanthophylle ist die HPLC-MSKopplung ein unverzichtbares Instrument.
Trotz der extremen Vielfalt der Substanzgruppe - bis heute sind mehr als 700 Einzelvertreter bekannt - finden sich im Humanblut nur sechs Hauptverbindungen: b-Carotin, a-Carotin, Lutein, Zeaxanthin, b-Cryptoxanthin und Lycopin. Daher konzentriert sich die internationale Carotinoidforschung auf die analytische Erfassung und potentielle physiologische Wirkungen dieser Substanzen. Erhöht wird die in einem Extrakt vorliegende Analytanzahl durch die Tendenz vieler Carotinoide, einer trans-/cis-Isomerisierung zu unterliegen.
Aufgrund sterischer Interaktion von Methylgruppen und Wasserstoffatomen existiert jedoch nicht die theoretisch mögliche Gesamtzahl geometrischer cis-Isomere. Im Falle von b-Carotin beispielsweise werden in Pflanzenextrakten 9,- 13- und 15-cis-Isomere beobachtet, während andere Positionsisomere sowie di-cis-Verbindungen fehlen oder nur als Spurenkomponenten auftreten. Üblicherweise überwiegt in Pflanzen die thermodynamisch stabilere all-trans-Form. Dennoch muss bei der analytischen Erfassung beispielsweise von b-Carotin-Isomeren sichergestellt werden, dass keine Coelutionen auftreten, die das quantitative Resultat verfälschen können. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn photometrische Verfahren zur Bestimmung des Summenparameters „b-Carotin“ eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund niedrigerer Bioverfügbarkeit von cis-Isomeren [1] berechnen sich folglich zu hohe Konzentrationen an Vitamin-A-Äquivalenten.
Abbildung 1 zeigt das HPLC-Chromatogramm eines Extraktes eines kommerziellen Puddingpulvers, das b-Carotin als färbende Zutat enthält [2]. Auf das all-trans-Isomer entfällt hier ein Anteil von nur 46 Prozent des Gesamt-b-Carotins, eine photometrische Summenbestimmung würde also zu hohe Resultate liefern. Eine Differenzierung ist insbesondere dann unerlässlich, wenn es um die exakte Inhaltstoffanalyse von Diäten für Humanstudien geht.
Automatisierten Probenextraktion
Seit längerem existieren Bemühungen, den meist schlecht reproduzierbaren Extraktionsschritt zu automatisieren. Hierfür bietet sich insbesondere die aus der Umwelt- und Pestizidanalytik bekannte ASE („Accelerated Solvent Extraction“; beschleunigte Lösungsmittelextraktion) an. Im Gegensatz zu konventionellen Techniken erfolgt die Extraktion bei erhöhter Temperatur und unter Druck. Neben der Automatisierung liegen die Vorteile eines derartigen Systems in der gegenüber einer manuellen Aufarbeitung verkürzten Extraktionszeit, einem geringeren Lösungsmittelverbrauch und in der oft höheren Ausbeute.
Untersucht wurden Erfrischungsgetränke, die b-Carotin als färbende Zutat enthielten. Da es sich um flüssige Proben handelte, war eine Vermischung mit Hydromatrix („Bulk Isolute Sorbent“) zur Adsorption der Flüssigkeit notwendig. Die Optimierung der Parameter Druck und Temperatur erbrachte ein ideales Wertepaar von 70 bar und 40 °C, die komplette Extraktion einer Probe dauerte 23 min [2]. Als ideales Lösungsmittel zur Extraktion von Zusatzstoffen mit Carotinoidstruktur erwies sich ein Gemisch gleicher Teile Essigsäureethylester, Petrolether und Methanol. Abbildung 2 belegt die Anwendbarkeit der ASE zur Extraktion von Carotinoiden aus Erfrischungsgetränken durch Vergleich der erhaltenen Konzentrationen mit Resultaten manueller Extraktionen.
Die Wiederfindungen bewegten sich bei fünf untersuchten Handelsproben (b-Carotingehalte: 1-7 mg/L) im Bereich von 100 ± 3,2% . Eine weitere, alkoholhaltige Probe wies einen deutlich höheren b-Carotingehalt auf (28 mg/L); auch hier lag die Wiederfindung in mittels ASE erhaltenen Extrakten bei 100 Prozent [2]. Dass sich die ASE auch zur Analyse von Carotinen eignet, belegen Chromatogramme von Karottenextrakten, die mittels ASE erhalten wurden (Abb. 3). Untersucht wurden handelsübliche Karotten sowie Karotten der Sorte „Nutri-Red”, einer neuen konventionellen Züchtung aus Japan, die ebenfalls auf dem deutschen Markt erhältlich ist.
Aufgrund ihres hohen Lycopingehaltes wird diese Sorte auch als „Lycopinkarotte” bezeichnet. Der Vergleich mit dem Chromatogramm in Abbildung 1 belegt, dass trotz Anwendung erhöhter Temperatur und erhöhten Druckes weder im Falle des b-Carotins (Peak 1), noch bei a-Carotin (Peak 4) oder Lycopin (Peak 5), einem thermisch sehr labilen Carotin, eine trans/cis-Isomerisierung stattfand.
Bestimmung mit HPLC-MS-Kopplung
In verschiedenen Früchten und Gemüse kommen neben Carotinen auch Xanthophylle vor, deren Hydroxygruppe mit Fettsäuren verestert sein kann (Xanthophyllester). Je nach Anzahl der Hydroxygruppen können Mono- und Diester nebeneinander vorliegen. Hohe Konzentrationen an Xanthophyllestern finden sich vor allem in Südfrüchten (Papaya, Mango, Kaki, Orangen) und in verschiedenfarbigen Paprikavarietäten [3]. Die Bestimmung des Acylrestes erfolgte bis vor wenigen Jahren nach präparativer Isolierung und alkalischer Hydrolyse in Form flüchtiger Methylester mittels Gaschromatographie [z.B. 4].
Dieses Verfahren ist aufgrund der Gefahr der Co-Extraktion störender Fettbestandteile leicht anfällig für Fehlinterpretationen. Insbesondere die HPLC-MS-Kopplung bietet eine Möglichkeit, diese Probleme zu umgehen. Die Exposition der labilen Analyten gegenüber Sauerstoff und Licht wird minimiert, auf zeitaufwendige und verlustreiche Isolierungsschritte kann verzichtet werden. Informationen über intakte native Moleküle sind unerlässlich, da sie den “Status quo” dieser sekundären Pflanzenstoffe im nativen Fruchtverband - und damit auch in der menschlichen Nahrung - widerspiegeln.
Nach heutiger Ansicht werden Xanthophyllester im Darm in Gallensäuremicellen inkorporiert und hydrolysiert. Die freigesetzten Xanthophylle werden dann in einem zweiten Schritt von den Enterocyten resorbiert. Zur Charakterisierung von Xanthophyllestern bietet sich der Einsatz eines APcI- („Atmospheric Pressure chemical Ionization“)-Interfaces, betrieben im positiven Messmodus, an. Enthält der Analyt keine präformierten Ladungen wie beispielsweise Carboxylat- oder Aminofunktionen, ist das APcI-Interface dem applikationsreicheren ESI-(„Electrospray-Ionization“)-Interface vorzuziehen.
Trotz der Ionenerzeugung in einem Plasma sind im APcI-Modus aufgezeichnete Xanthophyllspektren relativ linienarm und werden vom jeweiligen Quasimolekülion ([M+H]+) dominiert. Die Identifizierung einzelner Xanthophyllester im APcI-Modus basiert zum einen auf der Detektion des Quasimolekülions, zum anderen auf der charakteristischen Fragmentierung, die durch Verlust einer bzw. zweier Fettsäuren als Neutralteilchen aus [M+H]+ gekennzeichnet ist. Abbildung 4 zeigt das Chromatogramm eines Extraktes oranger Paprika und die mittels HPLC-(APcI)MS getroffene Zuordnung der enthaltenen Zeaxanthinmono- und diester [5]. Neben drei homologen Zeaxanthinmonoestern (Zeaxanthin-laurat, -myristat und -palmitat) wurden vier Diester, die sich ebenfalls aus den Fettsäuren C12:0, C14:0 und C16:0 aufbauten, zweifelsfrei identifiziert.
Beispielhaft für die Fragmentierung eines Xanthophyll-Diesters ist das Massenspektrum von Zeaxanthindipalmitat in Abbildung 5. Der Verlust von Palmitinsäure (C16:0) als Neutralteilchen aus dem Quasimolekülion (m/z 1045,9) liefert ein Tochterion bei m/z 789,7. Erneuter Fettsäureverlust erzeugt schließlich das Rumpfion von Zeaxanthin (m/z 533,4), das auch als charakteristisches Tochterion zum Screening Zeaxanthinester-haltiger Extrakte genutzt werden kann [5]. Da sich das charakteristische UV/VIS-Spektrum von Xanthophyllen durch Acylierung nicht ändert, dienen Absorptionsspektren von Referenzsubstanzen als zusätzliches Identifizierungskriterium.
Fazit: ASE und HPLC-MS-Kopplung
Die ASE stellt ein zukunftsträchtiges Verfahren dar, das nicht nur in der Umwelt- und Fettanalytik, sondern auch in der Carotinoidforschung Einsatz finden wird. In weiteren Studien können auch für andere Lebensmittelgruppen oder Plasmaproben die idealen Parameter entwickelt werden. Insbesondere in Kombination mit der HPLC-MS-Kopplung lassen sich valide Daten über die native Xanthophyllester-Zusammensetzung gewinnen, ein wichtiges Datenmaterial nicht zuletzt zur Beurteilung von neuen biofunktionellen Lebensmitteln.
Literatur
[1] Clevidence B, Paetau I, Smith JC Jr. Bioavailability of carotenoids from vegetables. Hort. Science (2000) 35, 585-588.[2] Breithaupt DE. Simultaneous HPLC determination of carotenoids used as food coloring additives: applicability of accelerated solvent extraction. Food Chem. (2004) 86, 449-456.[3] Breithaupt DE, Bamedi A. Carotenoid esters in vegetables and fruits: a screening withemphasis on ß-cryptoxanthin esters. J. Agric. Food Chem. (2001) 49, 2064 – 2070 (2001).[4] Gregory GK, Chen TS, Philip T. Quantitative Analysis of carotenoids and carotenoid esters in fruits by HPLC: red bell peppers. J. Food Sci. (1987) 52, 1071-1073.[5] Weller P, Breithaupt DE. Identification and quantification of zeaxanthin esters in plants using liquid chromatography-mass spectrometry. J. Agric. Food Chem. (2003) 51, 7044-7049.
*Dr. D. E. Breithaupt, Universität Hohenheim, Institut für Lebensmittelchemie (170), Garbenstraße 28, 70599 Stuttgart
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