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Detaillierte 360-Grad-Ansicht des Röntgenhimmels Das Universum beim Röntgen – neue Himmelskarte erstellt
Eine neue Himmelskarte mit über einer Million strahlender Objekte: Die ersten Ergebnisse des Röntgenteleskops E-Rosita liefern neue Einblicke in heiße und energiereiche Prozesse im gesamten Universum. Ob Supernova-Überreste, Neutronensterne oder Schwarze Löcher – die Zahl der bekannten Röntgenquellen hat sich mit der neuen Himmelskarte ungefähr verdoppelt. Und weitere Aufnahmen sollen noch tiefer ins Universum reichen.

Garching – Eine Million Röntgenquellen, die die Natur des heißen Universums offenbaren: Das ist der Ertrag der ersten vollständigen Himmelsdurchmusterung mit dem E-Rosita-Teleskop an Bord der SRG-Raumsonde. „Dieses Bild des kompletten Himmels ändert die Art und Weise, wie wir das energiereiche Universum betrachten“, sagt Peter Predehl, der leitende Wissenschaftler von E-Rosita am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE). Das Röntgenteleskop E-Rosita (extended roentgen survey with an imaging telescope array) ist das Hauptinstrument des russisch-deutschen „Spektrum-Röntgen-Gamma“ (SRG) Satelliten, welcher am 13. Juli 2019 von Baikonur aus gestartet wurde.
Sechs Monate nach Missionsstart liegt nun die erste vollständige Himmelskarte der E-Rosita-Mission vor. Sie ist etwa viermal tiefer als die vorherige Karte des gesamten Röntgenhimmels durch das Rosat-Teleskop vor 30 Jahren und liefert etwa zehnmal mehr Quellen: etwa so viele, wie von allen bisherigen Röntgenteleskopen zusammen entdeckt wurden. Und während die meisten Klassen astronomischer Objekte Röntgenstrahlen aussenden, sieht das heiße und energiereiche Universum ganz anders aus als durch optische oder Radioteleskope.
Heiß und turbulent: verschiedene Röntgenquellen im All
In den Röntgenbildern ist z.B. das heißere Gas in der Nähe des galaktischen Zentrums zu erkennen, das Informationen über die Geschichte der energiereichsten Prozesse im Leben der Milchstraße in sich trägt. Dazu gehören Supernova-Explosionen, die Gasfontänen hinausschleudern, sowie möglicherweise vergangene Ausbrüche aus dem jetzt ruhenden supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie.
Durch dieses turbulente, heiße, diffuse Medium dringen Hunderttausende von Röntgenquellen, die gleichmäßig über den Himmel verteilt sind. Darunter sind entfernte aktive Galaxienkerne als Punktquellen sichtbar (einige wenige davon emittierten die Strahlung zu einer Zeit, als das Universum weniger als ein Zehntel seines heutigen Alters hatte), während sich Galaxienhaufen als ausgedehnte Röntgennebel zeigen. Die E-Rosita-Daten sind auch eine Fundgrube für seltene und exotische Phänomene, darunter zahlreiche Arten von Veränderlichen, wie z.B. Flares von kompakten Objekten, verschmelzende Neutronensterne und Sterne, die von Schwarzen Löchern verschluckt werden.
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Himmelskarte aus Radiowellen
Datenempfang über weite Strecken
Das Zusammensetzen des ersten kompletten Himmelbildes war eine gewaltige Aufgabe. Bislang hat das Team etwa 165 GB an Daten, die von E-Rositas sieben Kameras gesammelt wurden, empfangen und verarbeitet. Während die Datenverarbeitung dieses komplexen Instruments im Weltraum im Vergleich zu den Datenmengen am Boden relativ klein ist, stellt die Distanz eine besondere Herausforderung dar.
„In Zusammenarbeit mit unseren Kollegen in Moskau, die die SRG-Raumsonde betreiben, überprüfen und überwachen wir täglich den Zustand des Instruments“, sagt Miriam Ramos-Ceja, Mitglied des E-Rosita-Operationsteams am MPE. „So können wir schnell auf alle Anomalien reagieren und gleichzeitig Daten mit einer Effizienz von ~97% sammeln. Es ist fantastisch, in Echtzeit mit einem Instrument kommunizieren zu können, das sich 1,5 Millionen Kilometer von uns entfernt befindet.“ Die Daten müssen also beim täglichen Downlink die vierfache Distanz zwischen Mond und Erde zurücklegen.
Sieben Karten sind geplant
Das Team ist nun damit beschäftigt ist, diese erste Karte des gesamten Himmels zu analysieren und die Bilder und Kataloge zu nutzen, um die energiereichen astrophysikalischen Prozesse besser zu verstehen und das Wissen der Kosmologie zu vertiefen. Währenddessen scannt das Teleskop den Röntgenhimmels weiter. „Das SRG-Observatorium beginnt nun seine zweite Himmelsdurchmusterung, die bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein wird“, sagt Rashid Sunyaev, leitender Wissenschaftler des russischen SRG-Teams. „Insgesamt planen wir, in den nächsten 3,5 Jahren sieben Karten zu erhalten. Ihre kombinierte Empfindlichkeit wird um den Faktor fünf besser sein und von Astrophysikern und Kosmologen jahrzehntelang genutzt werden.“
Einen kurzen Überblick über die E-Rosita-Mission gibt das folgende Video der Max-Planck-Gesellschaft:
„In den nächsten Jahren werden wir in der Lage sein, noch tiefer zu gehen und zu erforschen, wo sich die ersten riesigen kosmischen Strukturen und supermassereichen Schwarzen Löcher gebildet haben“, ergänzt Kirpal Nandra, Leiter der Abteilung Hochenergie-Astrophysik am MPE. „Wir untersuchen bereits jetzt ein kosmologisches Volumen des heißen Universums, das viel größer ist, als es bisher möglich war.“
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