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Evolution des Gehirns

Der Neandertaler in unserem Kopf

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Die stärksten Hinweise für die Auswirkungen der Neandertaler-DNA auf die Genaktivität fanden die Forscher im Putamen, einer Hirnregion der Basalganglien, die grundlegende motorische und kognitive Prozesse regeln. Auch im Kleinhirn machten die Forscher Spuren auf das Wirken der Neandertaler-DNA aus.

„Die Verbindungen zwischen evolutionären Veränderungen der Gehirngestalt und Mechanismen, die sich auf Basalganglien und Kleinhirn auswirken, ist faszinierend“, sagt der Paläoanthropologe Gunz. Beide Gehirnstrukturen erhalten direkte Signale aus dem Motorkortex und sind an der Vorbereitung, dem Lernen und der Koordination von Bewegungen beteiligt. Die Basalganglien tragen auch zu kognitiven Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Planung, Erlernen von Fertigkeiten und möglicherweise zur Sprachentwicklung bei.

Weitere Gene könnten das Gehirn mitformen

Obwohl die Auswirkungen der Neandertaler-DNA-Fragmente sehr subtil sind, konnten die Forscher sie dank der großen Stichprobengröße sicher nachweisen, wie Gunz’ Kollege Fisher sagt. „Und dies ist nur der erste Blick auf die molekularen Grundlagen der Gehirngestalt. Wie andere Aspekte der Gehirnstruktur, ist auch die rundliche Gehirngestalt ein Merkmal, das wahrscheinlich durch die kombinierten Wirkungen vieler verschiedener genetischer Varianten beeinflusst wird.“

In Zukunft wollen die Wissenschaftler mit weiteren Experimenten mehr Details über die Gehirnevolution herausfinden, zum Beispiel indem sie menschliches Nervengewebe im Labor züchten und untersuchen. Gunz und Fisher vergrößern derzeit die Stichprobe mit Daten der britischen Biobank. Sie gehen davon aus, dass zukünftige genomweite Studien weitere Gene entdecken, die die Gehirngestalt beeinflussen.

Keine Schlüsse auf geistige Fähigkeiten

Das Bild des Neandertalers ist noch immer im Wandel. So deuten jüngste archäologische Funde auf symbolische Verhaltensweisen hin, wie sie zuvor ausschließlich dem modernen Menschen zugeschrieben wurden. Zu diesen Funden zählen die geheimnisvollen Steinkreise, die tief in der französischen Bruniquel-Höhle aus Stalagmiten errichtet wurden, und die Neandertaler-Höhlenkunst auf der Iberischen Halbinsel.

„Der Fokus unserer Studie liegt allerdings auf einem besseren Verständnis der ungewöhnlichen Gehirnform des modernen Menschen. Unsere Ergebnisse lassen keine Rückschlüsse auf die kognitiven Fähigkeiten der Neandertaler zu“, stellt Gunz klar.

Originalpublikation: Philipp Gunz, Amanda K. Tilot, Katharina Wittfeld, Alexander Teumer, Chin Yang Shapland, Theo G.M. van Erp, Michael Dannemann, Benjamin Vernot, Simon Neubauer, Tulio Guadalupe, Guillen Fernández, Han G. Brunner, Wolfgang Enard, James Fallon, Norbert Hosten, Uwe Völker, Antonio Profico, Fabio Di Vincenzo, Giorgio Manzi, Janet Kelso, Beate St. Pourcain, Jean-Jacques Hublin, Barbara Franke, Svante Pääbo, Fabio Macciardi, Hans J. Grabe, and Simon E. Fisher: Neandertal introgression sheds light on modern human endocranial globularity. Current Biology, 29, 1–8, 13. Dezember 2018; DOI: 10.1016/j.cub.2018.10.065

* S. Jacob, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, 04103 Leipzig

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