Point-of-Care-Diagnostik Ein Biosensor für mehrere Krankheiten
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Im vom Fraunhofer IZM koordinierten Projekt „PoC-BoSens“ hat ein transnationales Team aus verschiedenen Fachbereichen einen Biosensor-Prototypen entwickelt, der Infektionskrankheiten innerhalb von 15 Minuten zuverlässig diagnostizieren kann. Möglich ist das durch eine Kombination photonischer Flaschenmikroresonatoren aus Glasfasern und einem Mikrofluidiksystem. Dadurch ist Point-of-Care-Diagnostik für mehrere Krankheiten gleichzeitig denkbar. Im Interview sprach Projektkoordinatorin Dr. Alethea Vanessa Zamora Gómez darüber, vor welchen Herausforderungen die Forschenden dabei standen und wie das PoC-System letztendlich funktioniert.

Frau Dr. Zamora Gómez, Sie und ihr Team haben einen Schnelltest entwickelt, der gleich auf mehrere Infektionskrankheiten testen kann. Wie genau funktioniert das?
Dr. Alethea Vanessa Zamora Gómez: Dieser Sensor basiert auf einem optischen Prinzip. Die Sensoroberfläche ist mit einer Biorezeptorschicht überzogen, welche – je nachdem, um welchen spezifischen Biomarker oder welches Zielmolekül es geht – diesen Biomarker bindet. Die Bindung bewirkt eine Veränderung der optischen Eigenschaften des Sensors.
Welche Erkrankungen könnten mit der Point-of-Care-Plattform nachgewiesen werden?
Dr. Zamora Gómez: In dem Forschungsprojekt konzentrierten wir uns auf die Erkennung von Zytokinen, kleinen Proteinen, die mit Infektionen – zum Beispiel Tuberkulose oder Gelbfieber – und Autoimmunkrankheiten in Zusammenhang stehen. Der Sensor kann jedoch so angepasst werden, dass jeder Biomarker, der an einen Antikörper oder ein Aptamer bindet, nachgewiesen werden kann. Zum Beispiel kardiovaskuläre Biomarker, Biomarker im Zusammenhang mit verschiedenen Krebsarten, COVID-19, und so weiter.
Sensoren mit unterschiedlichen Biorezeptorschichten werden in der Lage sein, verschiedene Biomarker für unterschiedliche Krankheiten zu erkennen. Dabei bezieht sich die Sensitivität auf den optischen Sensor, während sich die Spezifität auf die Biorezeptorschicht bezieht.
Für den Sensor wurden photonische Flaschenmikroresonatoren mit einem Mikrofluidik-Chip kombiniert. Was war die Schwierigkeit dabei und wie ist es dennoch gelungen?
Dr. Zamora Gómez: Die Schwierigkeit bestand darin, die kleinen Glasfasern (Flaschenmikroresonatoren) auf einem planaren photonischen Chip zu integrieren. Dies erforderte ein spezielles Chipdesign und einen sehr präzisen Montageprozess. Derzeit werden diese Sensoren in Forschungslabors mit teuren und sperrigen Instrumenten genutzt. Wir haben eine Lösung gefunden, um sie auf praktische Weise zu nutzen und die Möglichkeit zu schaffen, in Zukunft einen Produktprototyp herzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein vollständig automatisierter Montageprozess erforderlich. Zurzeit ist er noch halbautomatisch.
Inwiefern können photonische Sensorplattformen die Point-of-Care-Diagnostik revolutionieren?
Dr. Zamora Gómez: Dies ist vor allem auf die hohe Sensitivität der optischen Sensoren und ihre Größe im Mikrometerbereich zurückzuführen. Dadurch ist es möglich, eine Reihe von Sensoren in einem kleinen Würfel unterzubringen. Das kann die Zahl der falsch-positiven und falsch-negativen Ergebnisse bei den derzeitigen Schnelltests drastisch reduzieren. Wenn die Sensoren sehr sensitiv sind, hilft dies auch, Biomarker in einer frühen Phase der Krankheit zu erkennen.
Das Projektziel wurde erreicht. Wie geht es nun weiter und wie lange könnte es bis zu einer Kommerzialisierung noch dauern?
Dr. Zamora Gómez: Im Moment sind wir in einer Optimierungs- und Automatisierungsphase, die etwa ein oder zwei Jahre dauern könnte. Für die Kommerzialisierung müssten wir einen Vertriebspartner finden, da wir ein Forschungsinstitut sind. Diese Antwort ist also noch ein wenig offen.
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