English China

Atmosphäre von Exoplanet mit James-Webb-Teleskop gescannt Gasriese zeigt sein Molekül-Gesicht

Quelle: Pressemitteilung Dr. Markus Nielbock* Lesedauer: 3 min

Anbieter zum Thema

Rund 40 Lichtjahre von der Erde entfernt kreist der Gasplanet VHS 1256 b durchs All. Nun haben Astronomen einen genauen Blick auf dessen Atmosphäre geworfen und damit die Leistungsfähigkeit des James-Webb-Weltraumteleskops demonstriert: Kein anderes Teleskop habe so viele Merkmale auf einmal für ein einziges Ziel nachgewiesen, berichten die Forscher.

<a class="inf-text-link" href="https://webbtelescope.org/contents/media/images/2023/105/01GVGGJYM8E4JNK4VBQ2C77VJX?news=true" style="FONT-SIZE: 14px;  TEXT-DECORATION: underline; LINE-HEIGHT: 19px" target="_blank">Illustration des Exoplaneten VHS 1256 b</a></span> in einer Umlaufbahn um ein Doppelsternsystem. Die Darstellung der rötlichen und verwirbelten Wolken aus Silikaten in der Atmosphäre des Planeten basiert auf Beobachtungen des James Webb Weltraumteleskops.
Illustration des Exoplaneten VHS 1256 b in einer Umlaufbahn um ein Doppelsternsystem. Die Darstellung der rötlichen und verwirbelten Wolken aus Silikaten in der Atmosphäre des Planeten basiert auf Beobachtungen des James Webb Weltraumteleskops.
(Bild: NASA, ESA, CSA, Joseph Olmsted (STScI))

Die Planeten unseres Sonnensystems sind nah genug, um ihre Atmosphären von der Erde aus bis ins Detail zu studieren. Anders verhält es sich mit Exoplaneten, ferne und bisher nur in groben Zügen verstandene Welten, die Sterne jenseits unseres Heimatsterns umkreisen. Doch mit dem 2021 gestarteten James-Webb-Weltraumteleskop sind nun Untersuchungen solcher fernen Exoplaneten in bislang unerreichter Form möglich, wie sich am Beispiel des heißen Gasriesen VHS 1256 b zeigt.

Der Planet umkreist ein Doppelsternsystem in 40 Lichtjahren Entfernung. Seine hohe Temperatur zeugt von seiner Entstehung, die noch nicht lange zurück liegt. Ein internationales Team, zu dem auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) gehören, hat aus den Daten des James-Webb-Weltraumteleskops abgeleitet, wie die Atmosphäre des Planeten beschaffen ist. Die Astronomen fanden klare Hinweise auf gasförmiges Wasser, Methan und Kohlenmonoxid. Die Atmosphäre erwies sich als veränderlich: Während des 22-Stunden-Tages vermischt sich diese, heißes Material steigt auf und kaltes sinkt ab.

Brodelnde Sandwolken

In der Fülle der Daten des Weltraumteleskops finden sich auch Spuren von Silikaten. Während Silikate auf der Erde in Gesteinen vorkommen, bilden sie in der dicken Atmosphäre des Gasriesen VHS 1256 b bei Temperaturen von 830 Grad Celsius brodelnde Wolken. Anders als die auf der Erde geläufigen Wolken, bestehen die Wolken des Gasriesen nicht aus flüssigen Tröpfchen, sondern aus einer Art Staub. „Die kleineren Silikatkörner könnten winzige Partikel sein, wie sie in Rauch vorkommen“, sagt die Wissenschaftlerin Beth Biller von der Universität Edinburgh in Schottland. „Die größeren Körner dürften eher wie heiße Sandpartikel aussehen.“

Insgesamt handelt es sich um die größte Anzahl von Molekülen und atmosphärischen Merkmalen, die jemals auf einem Planeten außerhalb des Sonnensystems gleichzeitig identifiziert wurden. Ein günstiger Umstand erleichterte diese Messung bei VHS 1256 b. Der Planet ist etwa viermal so weit von seinen Sternen entfernt wie Pluto von unserer Sonne. Die Forscher können das Licht des Planeten allein studieren, ohne dass störendes Sternenlicht in die Messinstrumente eindringt. Als Gasriese ist er zudem heller als kleine Gesteinsplaneten, weil er das Licht der Zentralsterne aufnimmt und wieder abstrahlt.

Komplettes Infrarotspektrum analysiert

<a class="inf-text-link" href="https://webbtelescope.org/contents/media/images/2023/105/01GVK7FNJ570WFZF0C0K4DW45Y?news=true" style="FONT-SIZE: 14px;  TEXT-DECORATION: underline; LINE-HEIGHT: 19px" target="_blank">Infrarotspektrum des Exoplaneten VHS 1256 b</a></span>, aufgenommen mit den Instrumenten NIRSpec und MIRI des James Webb Weltraumteleskops. Das gemessene Spektrum deckt einen durchgehenden Wellenlängenbereich zwischen einem und 18 Mikrometern ab. Eingezeichnet ist, welche der spektralen Merkmale welchen in der Atmosphäre nachgewiesenen Moleküle zuzuordnen sind. Darunter: Wasser, Kohlenmonoxid, Methan und Silikate.
Infrarotspektrum des Exoplaneten VHS 1256 b, aufgenommen mit den Instrumenten NIRSpec und MIRI des James Webb Weltraumteleskops. Das gemessene Spektrum deckt einen durchgehenden Wellenlängenbereich zwischen einem und 18 Mikrometern ab. Eingezeichnet ist, welche der spektralen Merkmale welchen in der Atmosphäre nachgewiesenen Moleküle zuzuordnen sind. Darunter: Wasser, Kohlenmonoxid, Methan und Silikate.
(Bild: NASA, ESA, CSA, Joseph Olmsted (STScI))

Der Planet strahlt fast den gesamten Teil seines Lichts im Infrarotbereich ab. Darin enthalten: Informationen über die Vorgänge in seiner Atmosphäre. Das Team entschlüsselte diese Informationen, indem es das Emissionsspektrum des Gasriesen analysierte. Mit dem Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) und dem Mid-Infrared Instrument (MIRI) an Bord des James Webb Weltraumteleskops ist es erstmals gelungen, das gesamte Infrarotspektrum eines Exoplaneten auf einmal zu vermessen. Die Forscher erfassten damit eine Fülle an Molekülen, welche die dynamischen Wolken- und Wettersysteme des Planeten ausmachen. „Kein anderes Teleskop hat so viele Merkmale auf einmal für ein einziges Ziel nachgewiesen“, sagt Paul Mollière, ein an der Studie beteiligter Wissenschaftler des MPIA.

Das Team sieht in dem gemessenen Spektrum von VHS 1256 b einen Schatz an Informationen, der noch lange nicht gehoben ist. „Wir stehen erst am Anfang einer groß angelegten Modellierungsarbeit, um die komplexen Daten zu verstehen“, sagt Elisabeth Matthews, ebenfalls vom MPIA. Das gemessene Spektrum ist detaillierter als viele der Modelle, die üblicherweise zur Beschreibung von Exoplanetenatmosphären verwendet werden. Der nächste Schritt wird sein, die Modelle so weit zu verfeinern, um auch die Größe der Silikatkörner und die genaue Zusammensetzung der Silikatwolken aus den Daten abzuleiten.

Diese Messungen und Analysen sind kein glücklicher Einzelfall. Sie dienen als Vorlage für die Analyse anderer Planetenatmosphären. Planetenspektren versetzen Forscher in die Lage, auch ferne Planeten jenseits unseres Sonnensystems bis ins Detail zu studieren. Denn diese Planeten sind selbst für die größten Teleskope zu weit entfernt, um hochaufgelöste Aufnahmen ihrer Oberfläche zu machen. „Ergebnisse wie diese zeigen die fantastische Qualität der Instrumente, und sie werden unser Wissen über den Kosmos revolutionieren“ sagt Thomas Henning, Direktor am Max-Planck-Institut für Astronomie.

Originalpublikation: Brittany E. Miles et al.: The JWST Early Release Science Program for Direct Observations of Exoplanetary Systems II: A 1 to 20 Micron Spectrum of the Planetary-Mass Companion VHS 1256-1257 b, The Astrophysical Journal Letters (2023); DOI: 10.48550/arXiv.2209.00620

* Dr. M. Nielbock, Max-Planck-Institut für Astronomie, 69117 Heidelberg

(ID:49316705)

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung