Wassergehalt von Honig Honig im Glasübergang
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Cremig oder kristallin – was beeinflusst die Streichfähigkeit von Honig? Am Beispiel eines Schweizer Blütenhonigs zeigt dieser Bericht, wie die Glasumwandlungstemperatur, der Wassergehalt und die Konsistenz des süßen Goldes zusammenhängen.

Honig ist ein Naturprodukt, das sich im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten zusammensetzt (Fruktose 27 bis 44 %, Glukose 22 bis 41 %) sowie aus Wasser (15 bis 20 %). Dazu kommen in geringen Mengen, Pollen, Proteine, Aminosäuren, Vitamine sowie Farb- und Aromastoffe [1, 2]. Was genau im Honig enthalten ist, hängt von den Blütenpflanzen ab, aus denen die Bienen den Nektar aufnehmen. Hierüber wird auch der Wasseranteil des Honigs mitbeeinflusst. Denn Zucker kann große Mengen Wasser mit Wasserstoffbrücken an sich binden, wobei ein Netzwerk aus gebundenem Wasser und Zuckermolekülen entsteht.
Die Fließeigenschaften des Honigs sind aber nicht nur von seinem Wasseranteil abhängig. Auch die verschiedenen Zuckerarten spielen eine Rolle. So bestimmt das Verhältnis zwischen Fruktose- und Glukoseanteil das Kristallisationsvermögen und damit die Konsistenz des Honigs. Allgemein gilt, dass Honige mit hohem Glukoseanteil (beispielsweise Rapshonig) leichter kristallisieren. Kristallisierter Honig ist körnig und nur bedingt streichfähig.
Selbst ein eigentlich cremiger Honig verliert aber seine Streichfähigkeit, wenn seine Temperatur unterhalb der Glasumwandlungstemperatur liegt. Die Glasumwandlungstemperatur von Honig ist abhängig vom Wassergehalt. Dieser Zusammenhang soll in diesem Beitrag mit DSC-Messungen an einem cremigen Schweizer Blütenhonig untersucht werden.
Experimentelles
In einem Vorexperiment sollte zunächst der anfängliche Wassergehalt des Honigs bestimmt werden. Dazu wurde eine thermogravimetrische Analyse mit dynamischer Differenzkalorimetrie (TGA/DSC) verwendet. Die gemessene TGA-Kurve ist in Abbildung 1 dargestellt. Man erkennt, dass die Probenmasse auch nach sechs Tagen Trocknen bei 80 °C weiter abnimmt. Eine TGA-Messung ist demzufolge nicht geeignet, den Wassergehalt von Honig zu bestimmen. Wesentlich rascher und genauer gelingt dies mittels Karl- Fischer-Titration. Eine entsprechende Messung ergab für den hier untersuchten Honig einen anfänglichen Wassergehalt von 18,5 %.
Nun wurden zwei Messreihen durchgeführt. Bei der ersten der beiden Messreihen wurden in 40-µL-Aluminiumtiegeln Proben vorbereitet, bei denen der ursprüngliche Wassergehalt durch unterschiedlich langes Trocknen bei 80 °C systematisch reduziert wurde. Der jeweilige Wasserverlust wurde bestimmt und der Probentiegel danach hermetisch verschlossen. Die anfängliche Einwaage betrug typisch 10 mg. So vorbereitet, wurden die Proben mit 10 K/min von –80 auf 80 °C aufgeheizt, anschließend mit 10 K/min auf –80 °C abgekühlt und noch einmal mit 10 K/min auf 80 °C aufgeheizt. Nur der jeweils zweite Heizlauf wurde ausgewertet.
Bei der zweiten Messreihe wurde dem Honig Wasser zugegeben. Dazu wurde zuerst eine bestimmte Masse Honig (typisch 10 mg) in einen 40-µL-Aluminiumtiegel eingewogen. Anschließend wurde Wasser mit einer Spritze auf die Honigprobe dosiert und der Tiegel sofort hermetisch verschlossen. Um die Proben zu homogenisieren wurden sie mit 10 K/min von Raumtemperatur auf 80 °C aufgeheizt. Anschließend wurden sie mit 10 K/min auf –130 °C abgekühlt und danach mit 10 K/min auf 80 °C aufgeheizt. Ausgewertet wurden der Kühllauf und der zweite Heizlauf.
Wasser als Weichmacher
Als erstes wurde eine Probe mit dem ursprünglichen Feuchtegehalt in einem hermetisch verschlossenen Tiegel von –80 auf 80 °C mit 10 K/min aufgeheizt, danach mit 10 K/min abgekühlt und anschließend nochmals von –80 auf 80 °C mit 10 K/min aufgeheizt. Die beiden Heizkurven sind in Abbildung 2 dargestellt.
Beim ersten Aufheizen wird ein Glasübergang bei –45,0 °C und ein endothermer Peak zwischen 35 und 80 °C beobachtet. Dieser Peak wird gelegentlich als Schmelzen verstanden [2]. Andere Autoren interpretieren ihn als Folge einer Gelierung der Zucker-Wasser- Lösung [3, 4]. In beiden Fällen erhöht sich der amorphe Anteil im Honig, was die Zunahme der Stufenhöhe des Glasübergangs (Delta Cp) während des zweiten Aufheizens erklärt.
In Abbildung 3 sind die zweiten Heizkurven für die vorgetrockneten Honigproben dargestellt. Die angegebenen Wassergehalte beziehen sich auf die Gesamtmasse der Probe. Es ist zu erkennen, dass die Glasübergangstemperatur mit abnehmendem Wassergehalt zunimmt. Wasser wirkt im Honig also als „Weichmacher“. Ist der Wassergehalt im Honig geringer als etwa 4 %, liegt die Glasumwandlungstemperatur des „Honigs“ oberhalb Raumtemperatur – er ist hart und lässt sich nicht mehr streichen.
Glasumwandlung im Detail
In Abbildung 4 sind die DSC-Kurven für die zweiten Heizläufe der Honigproben dargestellt, denen Wasser zugegeben wurde. Ausgehend von den in Abbildung 3 gezeigten Ergebnissen erwartet man, dass sich die Glasumwandlungstemperatur des Honigs bei höheren Wassergehalten zu tieferen Temperaturen verschiebt. Dies wird so auch beobachtet. Allerdings zeigt sich ebenfalls, dass oberhalb eines bestimmten Wassergehalts die Glasumwandlungstemperatur wieder ansteigt. Zudem ist die Stufenhöhe des Glasübergangs abhängig vom Wassergehalt. Weiterhin treten abhängig vom Wassergehalt verschiedene endotherme und exotherme Peaks auf. Um die Heizkurven besser zu verstehen, lohnt es sich, die Kühlkurven der Honigproben genauer anzusehen. Sie sind in Abbildung 5 dargestellt.
Hier wird deutlich, dass bis zu Wassergehalten von etwa 42 % lediglich eine Glasumwandlung auftritt, die sich mit zunehmendem Wassergehalt wie erwartet zu tieferen Temperaturen verschiebt. Bei noch höheren Wassergehalten beobachtet man einen exothermen Peak, der durch das Kristallisieren von Wasser zustande kommt. Die Glasumwandlung wird durch den Kristallisationspeak überlagert. Sie ist deshalb nicht klar erkennbar. Während des zweiten Aufheizens schmilzt das gefrorene Wasser, was die breiten endothermen Peaks erklärt. Die Probe mit einem Wasseranteil von 44 % (blaue Kurve in Abbildung 4) zeigt vor dem breiten Schmelzpeak einen kleinen, breiten, exothermen Peak, den wir als Reorganisation interpretieren.
Bei den Proben mit 38 und 42 % Wassergehalt kristallisiert ein Teil des Wassers erst während des zweiten Aufheizens (Kaltkristallisation). Dieses Eis schmilzt anschließend bei höheren Temperaturen. Bei noch höheren Wassergehalten (48 % und 65 %) ist nur noch ein Teil des Wassers über Wasserstoffbrücken an die Zuckermoleküle gebunden. Das restliche „freie“ Wasser kristallisiert während des Abkühlens, wobei dem Zuckerwasser auch die nur schwach gebundenen Wassermoleküle entzogen werden. Dadurch schiebt die Glasumwandlung des Zucker-Wassernetzwerks zu höheren Temperaturen. Weitere Einzelheiten zu diesen Zusammenhängen finden sich in [5].
Deshalb wird Honig fest
Zusammengefasst ergibt sich der in Abbildung 6 dargestellte Zusammenhang zwischen der Glasumwandlungstemperatur und dem Wassergehalt in einem Honig. Man erkennt, dass bei Wassergehalten, welche in der Nähe des üblichen Wassergehalts in Honig (15 bis 20 %) liegen, die Glasumwandlungstemperatur sehr stark vom Wassergehalt abhängig ist. Wird also cremiger Honig lange offen gelagert, kann es durchaus sein, dass seine Streichfähigkeit abnimmt. Grund dafür ist nicht das Kristallisieren des Honigs, sondern die erhöhte Glasumwandlungstemperatur, die sich als Folge des geringeren Wassergehalts einstellt. Die starke Abhängigkeit der Glasumwandlungstemperatur vom Wassergehalt könnte im Prinzip dazu genutzt werden, den Wasseranteil in einem Honig abzuschätzen.
Literaturtitel
- [3] Applications of DSC as a tool for honey floral species characterization and adulteration detection, N. Sbirrazzuoli et al., Journal of Thermal Analysis and Calorimetry, Vol. 71 (2003) 275–286.
- [4] Molekularküche, Das Kochbuch, Prof. Dr. Thomas Vilgis, Tre Torri, ISBN-13: 9783937963587.
- [5] A quantitative DSC analysis of the metastable phase behavior of the sucrose-water system, J.E.K. Schawe, Thermochimica Acta 451 (2006) 115–125.
* B. Flachsmann, Mettler-Toledo Sales International GmbH, CH-8606 Greifensee/Schweiz
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