Lebensmittelsicherheit Informationsnetz schützt vor Gesundheitsgefahren in Essen und Geschirr
Ob Listerien im Essen oder Weichmacher im Plastikgeschirr – wenn bei Lebensmitteln bedenkliche Stoffe gefunden werden, landet diese Meldung in Europa in dem Informationsnetzwerk RASFF. Darin haben sich die EU-Staaten und weitere Länder koordiniert und sorgen rund um die Uhr für die Sicherheit der Verbraucher. Welche Funde im Vorjahr besonders häufig gemeldet wurden, verrät nun der Bericht zum Jahr 2018.
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Berlin – Mithilfe des Schnellwarnsystems RASFF informieren sich die Staaten der Europäischen Union und assoziierte Länder seit nunmehr 40 Jahren gegenseitig über potenziell gesundheitsgefährdende Lebensmittel, Futtermittel und Lebensmittelkontaktmaterialien wie Geschirr, Besteck oder Verpackungen. Informationen zu mehr als 3600 Fällen wurden im vergangenen Jahr über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF, Rapid Alert System for Food and Feed) ausgetauscht. „Die Zahlen zeigen, wie wichtig in Zeiten des grenzüberschreitenden Handels ein europäisches Netzwerk zur Wahrung eines hohen Maßes an Lebensmittelsicherheit ist“, sagt der Präsident des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Dr. Helmut Tschiersky.
Die meisten Warnungen zu Nüssen und Nusserzeugnissen
2018 hatten 926 aller 3616 RASFF-Meldungen einen Bezug zu Deutschland. Besonders häufig wurde dabei vor Nüssen und Nusserzeugnissen gewarnt (16,2% aller Meldungen), gefolgt von Obst und Gemüse (13,7%) und Nahrungsergänzungsmitteln, diätetischen und angereicherten Lebensmitteln (8,9%).
In über 30% der Meldungen wurde auf eine potentielle Gesundheitsgefahr durch Mikroorganismen wie Salmonellen und Listerien hingewiesen. Schimmelpilzgifte (14,7%) und eine gesundheitsgefährdende Zusammensetzung (8,2%), wie beispielsweise nicht zugelassene Inhaltsstoffe, waren ebenfalls häufige Gründe für einen Informationsaustausch über das europäische Netzwerk.
Wo die bedenklichen Produkte herkommen
Die in den Meldungen mit Deutschlandbezug genannten Produkte stammten zu 14,8% aus der Bundesrepublik selbst. Danach folgten die Herkunftsländer China (8,3%) und Türkei (8,0%).
Bei einem großen Teil der chinesischen Produkte handelte es sich um Lebensmittelkontaktmaterialien, die aufgrund des Übergangs unerwünschter Stoffe aus dem Material in Lebensmittel beanstandet wurden. Die aus der Türkei stammenden Produkte wurden meistens bereits an den europäischen Außengrenzen beanstandet und zurückgewiesen und gelangten somit nicht auf den europäischen Markt. Dies betraf vor allem Obst, Gemüse und Nüsse, bei denen häufig Schimmelpilzgifte nachgewiesen wurden.
Informationsnetz stoppt Listerien in Tiefkühlgemüse
Wie gut das RASFF-Netzwerk funktioniert, zeigt sich am Beispiel eines lebensmittelbedingten Krankheitsausbruchs im vergangenen Jahr.
Im Januar 2018 informierte zunächst Finnland die übrigen Staaten des Netzwerks über einen Fund von Listeria monocytogenes in gefrorenem Mais. Der Mais, wie auch anderes kontaminiertes Tiefkühlgemüse, stammte aus Ungarn. Von dort aus wurde der Mais an Unternehmen in mehreren Staaten geliefert, in denen er in verschiedenen Produkten weiterverarbeitet wurde. Diese verarbeiteten Produkte wiederum wurden in mehr als 80 Ländern weltweit verkauft.
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Krankheitserreger und Pestizid-Rückstände
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Nach der finnischen Erstmeldung folgten über 300 weitere Meldungen aus ganz Europa sowie von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Sie alle trugen dazu bei, die Lieferwege des Maises zu rekonstruieren, die betroffenen Produkte vom Markt zu nehmen und damit weitere Infektionen zu verhindern.
Kunststoffhaltiges Bambusgeschirr eingedämmt
Neben Lebensmitteln und Futtermitteln hilft das RASFF auch beim Informationsaustausch über Lebensmittelkontaktmaterialien wie Verpackungen, Besteck und Geschirr. Geht von diesen ein Gesundheitsrisiko für die Verbraucher aus, z. B. durch den Übergang gesundheitsschädlicher Inhaltsstoffe vom Material auf das Lebensmittel, so stellen die Betreiber der Plattform eine Meldung in das Schnellwarnsystem.
Kurz erklärt im Video: Was ist das RASFF-Netzwerk?
2018 wurden z.B. aufgrund einer amtlichen Marktkontrolle in Deutschland Bambusteller beanstandet. Dort hatte man überschrittene Migrationsgrenzwerte für Melamin nachgewiesen: Der gesundheitsbedenkliche Kunststoffbestandteil Melamin war stärker aus dem Material herausgetreten als die Grenzwerte zuließen. Besonders kritisch war, dass die Aufmachung des Produktes suggerierte, dass es ausschließlich aus Bambusfasern und Maisstärke hergestellt wurde. Für den Verbraucher war nicht ersichtlich, dass die Teller in Wahrheit zu einem erheblichen Anteil aus dem Kunststoff Melamin-Formaldehydharz bestanden.
Da das beanstandete Produkt auch online vertrieben wurde, trat die beim BVL angesiedelte Zentralstelle der Bundesländer für die Kontrolle des Internethandels „G@ZIELT“ in Aktion. Mit ihrer Hilfe identifizierten die Behörden neben dem stationären Vertrieb auch Onlinehändler in Deutschland und Großbritannien. Diese Informationen wurden über das RASFF mit den übrigen europäischen Staaten geteilt, sodass auch dort die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet werden konnten.
Informationsfluss im RASFF-Netzwerk
Alle Meldungen des RASFF gehen direkt an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Ist ein gesundheitsgefährdendes Produkt nach Deutschland gelangt, so prüft das BVL die Meldung und leitet sie an die zuständigen Überwachungsbehörden in den Bundesländern weiter.
Vor Ort treten die Behörden an die betroffenen Unternehmen heran. Alle erforderlichen Maßnahmen – z. B. ein öffentlicher Rückruf – werden eingeleitet, damit das Produkt schnellstmöglich vom Markt genommen wird und die Verbraucher geschützt sind.
Stellt sich währenddessen heraus, dass noch weitere Staaten mit dem Produkt beliefert wurden, so wird dies ebenfalls über das RASFF kommuniziert. Zusätzlich zu der eigentlichen Meldung werden auch weiterführende Informationen zu Vertriebswegen und Analyseergebnissen über das Netzwerk geteilt.
Das RASFF-Portal:
Hier finden Sie die aktuellen Einträge im RASFF-Portal.
* N. Banspach, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 10117 Berlin
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