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Saurer Pflanzenschutz Mittel gegen Harnstein stoppt Pilzbefall bei Pflanzen

Von Tom Leonhardt*

Bei Beschwerden mit Harnstein kann eine Therapie mit Acetohydroxamsäure helfen. Die Säure scheint aber nicht nur beim Menschen Leiden lindern zu können. Wie Forscher der Universität Halle-Wittenberg herausfanden, verhindert die in der Medizin genutzte Chemikalie auch den Pilzbefall bei Pflanzen. Sie könnte somit als Pflanzenschutzmittel Mais sowie andere Kulturpflanzen vor schädlichen Pilzen bewahren.

Die Unterschiede sind deutlich: Auf beide Ackerbohnen-Pflanzen wurden Sporen des Pilzes Uromyces viciae-fabae gegeben. Die linke Pflanze ist unbehandelt und man sieht den Pilzbefall deutlich. Die rechte Pflanze wurde mit der Säure behandelt. Hier konnte der Pilz keinen Schaden anrichten.
Die Unterschiede sind deutlich: Auf beide Ackerbohnen-Pflanzen wurden Sporen des Pilzes Uromyces viciae-fabae gegeben. Die linke Pflanze ist unbehandelt und man sieht den Pilzbefall deutlich. Die rechte Pflanze wurde mit der Säure behandelt. Hier konnte der Pilz keinen Schaden anrichten.
(Bild: Perino et al. in Phytopathology)

Halle (Saale) – Die gefährlichsten Feinde sind die, die man nicht sehen kann. So setzt etwa der mikroskopisch kleine Pilz Colletotrichum graminicola weltweit Pflanzen zu. Er befällt beispielsweise Mais und lässt dessen Blätter zunächst vergilben und schließlich durch Gifte komplett abtöten. Dabei spricht man von der so genannten Blatt-Anthraknose.

Bevor der Pilz mit seinem zerstörerischen Werk beginnen kann, steht ihm jedoch eine Hürde im Weg. Denn die Sporen, über die er sich vermehrt, finden auf der Pflanzenoberfläche eher unwirtliche Bedingungen vor: Es fehlen die meisten Nährstoffe, die die Pilze für ihre Entwicklung brauchen, vor allem Stickstoff. „So bleibt ihnen nur, einen Teil ihrer eigenen stickstoffhaltigen Moleküle abzubauen, zum Beispiel Bausteine der DNA oder RNA, die so genannten Purine“, sagt der Pflanzenpathologe Prof. Dr. Holger Deising von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Hier setzen er und sein Team mit einer Abwehrstrategie gegen C. graminicola an.

Pilze am Einwachsen hindern

Die Forscher um Deising haben einen Weg gefunden, diese für den Pilz wichtige Überbrückungsphase zu behindern: Sie gaben Acetohydroxamsäure auf die Pflanzen – eine Chemikalie, die unter anderem zur Behandlung von schädlichen Keimen im menschlichen Magen genutzt wird. Weil sie den Abbau von Harnstoff behindert, nutzt man sie zudem schon länger in der Behandlung von Harnstein. Doch offenbar eignet sie sich auch als Pflanzenschutzmittel. „Die Säure verhindert, dass die eigentlich schädlichen Pilze in die Pflanzen einwachsen und infektiös werden können“, erklärt Deising.

Das Team testete zudem, ob sich die Erkenntnisse von C. graminicola und Mais auf andere Pflanzen und Pilze übertragen lassen. Und in der Tat: Die Säure wirkte auch gegen zahlreiche andere Krankheitserreger, zum Beispiel den Echten Mehltau auf Getreide, den Erreger der Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln und gegen Mais- und Ackerbohnenrost. „Mit unserer Arbeit haben wir einen völlig neuen Ansatz für die Pathogenbekämpfung entwickelt, der auf einen bereits vorhandenen Wirkstoff zurückgreift und schnell zur Marktreife geführt werden kann“, sagt der Studienleiter.

Tests mit Mutanten decken Wirkmechanismus auf

Um zu diesen Erkenntnissen zu gelangen, führten die Wissenschaftler umfangreiche Experimente durch. Sie wollten die molekularen Grundlagen dafür verstehen, wie der Pilz zu Beginn einer Infektion an Stickstoff gelangt. Dafür erzeugten sie zunächst eine Reihe von zufälligen Mutationen im Erbgut der Pilze. „Wir haben die verschiedenen Pilz-Mutanten dann jeweils auf die Pflanzen gesetzt und beobachtet, welche davon nicht mehr infektiös waren“, erklärt Deising.

Eine dieser nicht-infektiösen Mutanten hatte einen Defekt im Purin-Abbauweg. Um zu überprüfen, ob für den Infektionsdefekt tatsächlich fehlender Stickstoff verantwortlich war, gaben die Forscher diesen anschließend zusätzlich auf die Pflanzen. „Mit dem zusätzlichen Stickstoff waren auch die harmlosen Mutanten wieder infektiös“, sagt Deising. Das Team konnte den gleichen Infektionsdefekt bei normalen Pilzen mithilfe von Acetohydroxamsäure erzeugen, weil diese ebenfalls den Purin-Abbauweg blockiert. Dies erklärt, wieso die Säure als Abwehrmittel gegen C. graminicola wirkt.

Originalpublikation: Benatto Perino E., Glienke C., Silva A. & Deising H.: Molecular Characterization of the Purine Degradation Pathway Genes ALA1 and URE1 of the Maize Anthracnose Fungus Colletotrichum graminicola Identified Urease as a Novel Target for Plant Disease Control, Phytopthology Vol. 110, No. 9 (2020). doi: 10.1094/PHYTO-04-20-0114-R

* T. Leonhardt, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 06108 Halle (Saale)

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