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Kunststoffpartikel im Flussufer Müllschlucker Boden – wie tief steckt das Plastik im Erdreich?

Von Johannes Scholten*

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Abfälle aus Kunststoff belasten die Umwelt. Besonders kleinere Teilchen verbreiten sich nahezu überall, nicht nur im Wasser, sondern auch im Boden. So haben Forscher der Universität Marburg nun gezeigt, dass Plastikpartikel in viel tiefere Schichten des Bodens gelangen als bislang angenommen.

Auch in Tiefen von mehr als 50 Zentimetern fanden sich noch Kunststoffteilchen im Boden.
Auch in Tiefen von mehr als 50 Zentimetern fanden sich noch Kunststoffteilchen im Boden.
(Bild: Collin Weber)

Marburg – Plastikreste vermüllen die Meere, das ist weithin bekannt – schätzungsweise erreichen jedes Jahr mehr als fünf Millionen Tonnen Kunststoffabfall die Ozeane, das entspricht fast dem hundertfachen Gewicht des Luxusdampfers Titanic. Doch die Verschmutzung macht nicht am Meeresufer Halt. Wenn der Müll in Flüssen bis zu deren Mündung ins Meer treibt, passiert er Auenlandschaften und Überschwemmungsgebiete. „Es liegt nahe, dort eine systematische Anhäufung von Plastikpartikeln zu vermuten“, sagt der Marburger Geograph Collin Weber, der in einer aktuellen Studie Kunststoffablagerungen im Boden untersucht hat.

Bodenproben vom Flussufer

Wie viel Kunststoff findet sich in den Böden von Flussauen? Wie ist er räumlich verteilt, was sind die Ursachen dafür? Diese Fragen untersuchte Weber gemeinsam mit Prof. Dr. Christian Opp, indem er an verschiedenen Stellen entlang des Flusses Lahn in Mittelhessen Bodenproben entnahm. Insgesamt 120 Proben aus einer Tiefe von bis zu zwei Metern analysierten die Forscher in ihrer Studie auf enthaltene Kunststoffreste.

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„Nach unserer Kenntnis ist dies die erste Untersuchung, die Plastik in Bodenprofilen bis zwei Meter unter der Oberfläche aufspürt“, sagt Studienleiter Opp. Die Wissenschaftler unterschieden die gefundenen Partikel nach ihrer Größe: Grobes Mikroplastik misst zwei bis fünf Millimeter, während die Größe von Mesoplastik zwischen einem halben und zweieinhalb Zentimetern liegt.

So viel Kunststoff fanden die Forscher

Im Schnitt fanden die Forscher zwei Kunststoffteilchen pro Kilogramm Erde, wobei das Maximum bis zu viermal höher liegt. Alles in allem kommt in den Lahnauen weniger Plastik vor als in Flüssen, Flussbetten und Ackerböden. Von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein nimmt der Plastikgehalt zu. Die häufigste Kunststoffsorte ist Polyethylen, wie es vor allem für Verpackungen verwendet wird, gefolgt von Polypropylen und Polyamid. „Diese drei gehören zu den gebräuchlichsten Kunststoffarten, die den größten Teil der Kunststoffproduktion ausmachen“, schreiben die Autoren.

Die Untersuchung der Partikel gibt nicht nur Aufschluss auf ihre Kunststoffart, sondern auch auf die Zeit, wie lange sie im Boden liegen. Lange vergrabener Kunststoff ist stärker ausgeblichen und teilweise abgebaut; frisches Plastik findet sich eher in Äckern als auf Wiesen oder im Uferbereich. „Das legt nahe, dass es durch die Landwirtschaft zu einem ständigen Neueintrag von Kunststoff kommt“, erklärt Weber.

Plastik liegt tiefer als erwartet

Zwar enthält die oberste Bodenschicht die meisten Plastikpartikel, jedoch kommt auch bis zu einer Tiefe von mehr als 80 Zentimetern noch vereinzelt Kunststoff vor – insbesondere in Ufernähe; aber auch unter Weideland erreicht Kunststoff Tiefen von gut über einem halben Meter. „Das ist tiefer, als bisher angenommen wurde“, hebt Weber hervor. Das natürliche Ablagerungsgeschehen allein reiche nicht aus, um das Vorkommen in derart tiefen Schichten zu erklären, betonen die Autoren. „Plastikpartikel können auch vertikal verlagert werden“, sagt Opp. Bei Ackerland schafft es das Plastik allerdings weniger tief. Hier verhindere der verdichtete Boden ein tieferes Eindringen, sodass sich die Partikel wenige Handbreit unter der Oberfläche sammeln.

Originalpublikation: Collin Joel Weber und Christian Opp: Spatial patterns of mesoplastics and coarse microplastics in floodplain soils as resulting from land use and fluvial processes, Environmental Pollution Volume 267, December 2020; DOI: 10.1016/j.envpol.2020.115390

* J. Scholten, Philipps-Universität Marburg, 35032 Marburg

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